Moskau. . Russisch-orthodoxe Aktivisten haben die US-Schlagergöttin Madonna sowie die Veranstalter ihres August-Konzerts in Petersburg auf moralischen Schadenersatz von umgerechnet knapp 10,5 Millionen Dollar verklagt.
Russisch-orthodoxe Aktivisten haben die US-Schlagergöttin Madonna sowie die Veranstalter ihres August-Konzerts in Petersburg auf moralischen Schadenersatz von umgerechnet knapp 10,5 Millionen Dollar verklagt. Die neun Kläger, darunter Vertreter der Bewegung „Volkskonzilium“ und der Partei „Neues Großrussland“, warfen Madonna vor, sie habe bei ihrem Konzert am 9. August ihre religiösen Gefühle beleidigt. Außerdem habe sie gegen ein neues Gesetz verstoßen, das homosexuelle Propaganda vor Jugendlichen verbietet. Die Summe von 333 Millionen Rubel sei symbolisch, der erlittene Schmerz in Wirklichkeit nicht messbar, zitiert Radio Echo Moskwy die Kläger. Das Geld wollen sie der Stadt Petersburg sowie Kinderheimen und Schulen stiften.
Konzert wurde mitgefilmt
Alexander Potschujew, der Anwalt der Kläger, sagte der BBC, als Beweise werde man dem Gericht Videos vorlegen, die zeigen, wie Madonna während des Konzertes auf einem Kreuz herumtanzt, außerdem das Publikum auffordert, rosa Bändchen hochzuhalten, um die Schwulen und Lesben Russlands zu unterstützen. Schon wenige Tage nach dem Konzert hatte der Petersburger Stadtrat Witali Milonow, der Autor des Gesetzes zum Verbot schwuler Propaganda, verkündet, Vertreter gesellschaftlicher Organisationen hätten das Konzert mitgefilmt und dabei auch 12-jährige Kinder aufgenommen.
Madonna hatte das Petersburger Publikum tatsächlich zur Solidarität mit Schwulen und Lesben aufgerufen. Obwohl die Klage laut Potschujew ins Englische übersetzt und an Madonnas New Yorker Adresse geschickt worden war, erschien weder sie noch einer ihrer Bevollmächtigten im Gerichtssaal, dafür ein Anwalt der Konzertveranstalter „Musikalnaja Industrija“ und „PMI“.
Beide Firmen hatten schon vor Verhandlungsbeginn angekündigt, sie würden im Gegenzug Klage wegen illegaler Videoaufnahmen während des Konzertes erheben. Liberale Beobachter wie der Menschenrechtler Dmitri Dubrowski befürchten, Russland verwandle sich immer mehr in einen christlich-orthodoxen Iran. „Die Klage gegen Madonna ist die logische Fortführung der Tendenz, den öffentlichen Raum mit sogenannten Gefühlen von Gläubigen zu okkupieren.“
Erst am Tag zuvor hatte ein Moskauer Berufungsgericht die zweijährigen Haftstrafen für drei Mitglieder der feministischen Punkband „Pussy Riot“ nach einem antiklerikalen Auftritt in der Moskauer Erlöserkirche bestätigt, wenn auch eines der Mädchen auf Bewährung freigelassen.
Allerdings zweifeln Rechtsexperten an einem Erfolg der Klage gegen Madonna. „Die Staatsmacht hat kein Interesse an dem internationalen Skandal, der mit einer Verurteilung Madonnas verbunden wäre“, sagt auch der Moskauer Schwulenaktivist Nikolai Aleksejew, gelernter Jurist, dieser Zeitung.
Madonna startet Welttournee
Eine geschlossene Veranstaltung
Aleksejew weiter: „Das Konzert war eine geschlossene Veranstaltung, kostete Eintritt, jeder wusste, welche Show Madonna abziehen würde. Wer dort moralisch gelitten hat, muss sich die Frage stellen lassen, warum er überhaupt hingegangen ist.“