Berlin/Erfurt/Potsdam. Der Auslöser für die massenhaften Magen-Darm-Erkrankungen unter Kindern und Jugendlichen in östlichen Bundesländern ist noch nicht gefunden. Der Höhepunkt der Krankheitswelle ist offenbar überschritten, Neuansteckungen können allerdings weiterhin nicht ausgeschlossen werden.

Mit Spannung werden neue Untersuchungsergebnisse zu den massenhaften Magen-Darm-Erkrankungen im Osten Deutschlands erwartet. Das Robert-Koch-Institut (RKI) will am Montag einen weiteren Lagebericht vorlegen. In Berlin und Brandenburg könnten erst Laborergebnisse Aufschluss über den Auslöser der Krankheitswelle liefern. Auch wenn der Höhepunkt der Infektionen offenbar überschritten ist, ist deren Ursache noch unklar.

Unter Verdacht steht möglicherweise verdorbenes Essen in Schul- und Kindertagesstätten, das von dem Caterer Sodexo beliefert wurden. Das Unternehmen wies die Vorwürfe zurück und warf den Behörden Informationschaos vor. Es sei wenig hilfreich, dass „die Ämter in unterschiedlichen Richtungen unterwegs sind“, sagte Sodexo-Sprecher Stephan Dürholt der „Berliner Morgenpost“. So habe ein Behördenmitarbeiter bereits Tomatenmark als Krankheitsquelle verkündet, eine andere Stelle habe dies jedoch ausgeschlossen.

Weniger Neuinfektionen gemeldet

Das Krankheitsgeschehen sei nicht mehr so akut, sagte ein Sprecher des thüringischen Gesundheitsministeriums am Sonntag. Auch die von Bund und Ländern eingesetzte Ermittlungs- und Koordinierungsgruppe sieht den Gipfel vorerst überschritten. Nach den Daten, die dem RKI bis Sonnabend übermittelt worden seien, sei die Mehrzahl der Erkrankungen bereits am Mittwoch und Donnerstag vergangener Woche aufgetreten. Die meisten Meldungen, die bis zum Samstag eingingen, seien lediglich Nachmeldungen gewesen. Die sogenannte „Task Force“ betonte aber, dies müsse sich in den kommenden Tagen bestätigen. Dann würden dem RKI weitere Daten übermittelt.

In Thürigen sind am Wochenende nach Angaben des Gesundheitsministeriums 123 neue Fälle von Magen-Darm-Erkrankungen bekannt geworden. Aus Berlin und Brandenburg wurden am Sonntag gar keine neuen Fälle gemeldet. Seit Dienstag waren in weiten Teilen Ostdeutschlands laut RKI etwa 8.400 Menschen an Magen-Darm-Beschwerden erkrankt, meist Kinder und Jugendliche.

Laut RKI handelt es sich um den bisher mit Abstand größten möglicherweise durch Lebensmittel bedingten Ausbruch einer Magen-Darm-Erkrankung in Deutschland. Den Behörden zufolge verliefen die Krankheiten in den meisten Fällen aber kurz und unkompliziert. Es wird angenommen, dass der Großteil der Erkrankten inzwischen wieder genesen ist.

Noroviren-Fälle in zwei Bundesländern

Möglicherweise besteht jedoch Ansteckungsgefahr: In Berlin wurden Einzelfälle von Zweitinfektionen bekannt, wie die Gesundheitsverwaltung warnte. In Sachsen konnte bei 16 Kindern eine Infektion mit dem Norovirus nachgewiesen werden. In Thüringen wurden sieben Fälle bekannt. „Ob sie allerdings im Zusammenhang mit der aktuellen Häufung der Magen-Darm-Erkrankungen stehen oder allein der risikohafteren Jahreszeit geschuldet sind, ist unklar“, sagte ein Sprecher des thüringischen Gesundheitsministeriums der dapd.

Der „Task Force“ von Bund und Ländern lagen am Wochenende keine Hinweis auf eine nennenswerte Anzahl von Sekundärinfektionen vor. Daher sei den Lebensmittelüberwachern empfohlen worden, bei den Analysen neben Noroviren auch bestimmte von Bakterien gebildete Toxine in Betracht

Der Caterer Sodexo, der die betroffenen Schulen und Kindertagesstätten mit Essen beliefert hatte, teilte am Sonntagabend mit, dass die meisten seiner kurzzeitig geschlossenen Küchen zwischenzeitlich wieder freigegeben wurden. Das Unternehmen habe keine Bedenken, ab Montag in Berlin wieder Essen auszugeben, sagte Dürholt. Die dortige Senatsverwaltung für Bildung verbietet die Lieferungen nicht, warnt aber vor Sodexo-Essen. (dapd)