Berlin. Experten rätseln weiter über den Auslöser der Welle von Magen-Darm-Erkrankungen im Osten Deutschlands. In Sachsen wurde in 16 Fällen der Norovirus nachgewiesen - ob er die Ursache des Massenausbruchs ist, ist aber noch unklar. Die Zahl der erkrankten Kinder ist derweil auf fast 8500 gestiegen.
Die Suche nach dem Auslöser der massenhaften Magen-Darm-Erkrankungen in ostdeutschen Schulen und Kitas geht auch am Wochenende weiter. Eine Ermittlungsgruppe des Bundes und der betroffenen Länder Thüringen, Berlin, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt soll die Aufklärung mit Hochdruck vorantreiben. Die Betroffenen hatten bisherigen Erkenntnissen zufolge Kantinenessen von demselben Lebensmittelunternehmen bekommen.
In einigen Fällen wurde das hochansteckende Norovirus diagnostiziert . In Sachsen gebe es 16 bestätigte Norovirus-Fälle, sagte am Samstag ein Sprecher des Sozialministeriums in Dresden. Für eine Festlegung auf das Virus als Ursache für den Massenausbruch sei es aber noch zu früh: "Wir wissen weiterhin nicht, was die Ursache ist." Weiterhin würden Stuhl- und Lebensmittelproben untersucht.
Epidemie weitet sich aus
Die Epidemie breitet sich derweil weiter aus. Insgesamt wurden aus mehreren Bundesländern bislang 8.365 Krankheitsfälle gemeldet, wie die Berliner Gesundheitsverwaltung am Samstag mitteilte. Am Freitag waren rund 6.500 Fälle in fünf Bundesländern registriert worden.
Im Landeslabor Berlin-Brandenburg etwa würden am Samstag und Sonntag Proben ausgewertet, sagte auch Berlins Gesundheitsstaatssekretärin Emine Demirbüken-Wegner (CDU) am Samstag im RBB-Inforadio. Untersucht werden müssten 37 Lebensmittel- und 30 Tupferproben, fügte die Staatssekretärin hinzu. Mit Ergebnissen sei erst Anfang der Woche zu rechnen.
6500 Krankheitsfälle bundesweit registriert
Da alle in Berlin betroffenen Kitas und Schulen von dem unter Verdacht stehenden Caterer beliefert worden seien, liege es nahe, dass der Ausbruch der Krankheit "lebensmittelbedingt" sei, fügte Demirbüken-Wegner hinzu. Es gelte aber, die Laborergebnisse abzuwarten.
Die "Task Force" arbeitet unter Federführung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und soll in enger Abstimmung mit den Gesundheitsbehörden die Ermittlungen koordinieren, wie das Bundesverbraucherministerium mitteilte. Die Aufklärung der Waren- und Lieferströme im Zusammenhang mit dem Kantinenessen in Schulen und Kitas werde auch über das Wochenende vorangetrieben.
Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) gab das Ziel aus, "die Ursache der Erkrankungen schnellstmöglich zu finden und den Eintrag in die Lebensmittelkette zu stoppen". SPD und Linke hatten das Krisenmanagement des Ministeriums zuvor kritisiert.
RKI vermutet "lebensmittelbedingte Erkrankung"
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts in Berlin waren bislang "überwiegend unkomplizierte Verläufe" zu beobachten. In einzelnen Fällen hätten Betroffene stationär behandelt werden müssen, hieß es. Die Beschwerden wie Durchfall und Erbrechen hätten in der Mehrzahl der Fälle ab Dienstagabend begonnen. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag seien weitere Erkrankungen aufgetreten.
Es liege nahe, dass es sich um eine lebensmittelbedingte Erkrankung handele, sagte eine RKI-Sprecherin. Für diese Vermutung gebe es aber "noch keine konkreten Beweise", betonte der Sprecher des Bundesinstituts für Risikobewertung, Jürgen Thier-Kundke.
Essenslieferant wehrt sich
Der Essenslieferant Sodexo wehrte sich unterdessen gegen die Vorwürfe, dass verunreinigtes oder verdorbenes Essen die Krankheitsfälle hervorgerufen haben könnte. "Weniger als fünf Prozent der insgesamt von uns belieferten Schulen sind von den Erkrankungen betroffen", sagte ein Unternehmenssprecher auf dapd-Anfrage. Es gebe keinen Beleg für einen Zusammenhang zwischen den Erkrankungen und den Essenslieferungen. Das Unternehmen hatte nach Bekanntwerden der Fälle die Hygienemaßnahmen verstärkt.
Der Landeselternausschuss in Berlin forderte eine Abkehr von Großküchen in Bildungseinrichtungen. Zudem sollte das Schulessen durch Schule und Eltern mehr kontrolliert werden. "Wir müssen weg von der Großküche. Die Zukunft des Schulessens liegt bei kleinen und mittelständischen Unternehmen", sagte der Vorsitzende Günter Peiritsch. Nur so sei eine schulnahe und bessere regionale Versorgung gewährleistet. Die AG Schulessen des Landeselternausschusses forderte eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls. Preisdruck und eine mangelnde Kontrolle seien der Nährboden für solche Vorfälle. (dapd)