Amiens. Die Lage im nordfranzösischen Problemviertel Amiens ist angespannt: 250 Polizisten sollen nun für Sicherheit sorgen, nachdem es zuletzt schwere Ausschreitungen zwischen Jugendlichen mit der Polizei gab. Jugendliche zünden Schulen, Autos und Mülleimer an - und bewerfen die Polizei mit Bleikugeln.
Nach einer Nacht schwerer Zusammenstöße zwischen Jugendlichen und der Polizei im nordfranzösischen Amiens sind am Dienstagabend hundert zusätzliche Beamte in der Stadt stationiert worden. Um eine weitere Nacht mit Ausschreitungen zu verhindern, seien nun insgesamt 250 Polizisten vor Ort, teilte das Innenministerium mit. Bei den Ausschreitungen waren 16 Polizisten verletzt und drei öffentliche Gebäude teilweise zerstört worden.
Angriffe mit Bleikugeln und Feuerwerk
Die Polizisten waren nach Angaben der Präfektur durch Bleikugeln, Feuerwerkskörper und Wurfgeschosse verletzt worden. Mit Tränengas und Gummigeschossen gingen die rund 150 Beamten gegen die Jugendlichen vor; Festnahmen gab es keine. Etwa hundert Jugendliche hatten am Montagabend begonnen, die Sicherheitskräfte zu bedrängen, die in ein Problemviertel im Norden von Amiens eingerückt waren.
In dem Viertel im Norden von Amiens kommt es regelmäßig zu Zwischenfällen, doch die Zusammenstöße seien "noch nie so schwerwiegend gewesen", hieß es von der Präfektur. Neben den Zerstörungen von Gebäuden wurden zudem rund ein dutzend Fahrzeuge und etwa 60 Mülleimer angezündet. Der Bürgermeister von Amiens, Gilles Demailly, sprach von "trostlosen Szenen". Die Schäden bezifferte er auf "Millionen Euro".
Französischer Innenminister wird ausgepfiffen
Der Norden von Amiens zählt zu den landesweit 15 Sicherheitszonen, für die Innenminister Manuel Valls ab September zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen angekündigt hat. Er machte sich am Nachmittag ein Bild von der Lage vor Ort und wurde dabei ausgepfiffen. Nichts könne die Schüsse auf Polizisten rechtfertigen, sagte Valls. Zugleich versicherte er, er sei "nicht gekommen, um das Viertel mit dem Kärcher zu reinigen" und spielte damit auf Ex-Präsident Nicolas Sarkozy an, der 2005 erklärt hatte, er wolle die Vorstädte "mit dem Kärcher" von Kriminellen befreien.
Hollande: "Alle Mittel" werden genutzt
Präsident François Hollande versicherte, der Staat werde "alle Mittel" nutzen, um gegen die Gewalt vorzugehen. Premierminister Jean-Marc Ayrault kündigte an, die Regierung werde "größtmögliche Härte" zeigen. Die Regierung will künftig mehr Geld und Stellen für die Sicherheitskräfte bereitstellen. Drei Polizeigewerkschaften riefen die Regierung nach dem "kriminellen Verhalten entschlossener Rowdys" und dem "versuchten Mord an Polizisten" zu entschiedenem Handeln auf.
2005 eskalierte die Lage in Frankreich
In Frankreich kommt es regelmäßig zu Angriffen auf oder Zusammenstößen mit der Polizei. Nach schweren Ausschreitungen wie in Amiens entsteht stets auch die Sorge, dass die Lage wie 2005 außer Kontrolle geraten könnte, als es wochenlang Krawalle in ganz Frankreich gegeben hatte.
Zu den Zusammenstößen in Amiens kam es, nachdem die Polizei am Sonntag einen Autofahrer wegen gefährlichen Fahrens kontrolliert hatte. Daraufhin gab es Auseinandersetzungen mit Bewohnern, die das Vorgehen der Polizei als überzogen empfunden hatten. (afp)