Straßburg. Das in Deutschland geltende Verbot des Erwerbs tödlicher Medikamente kann weiter bestehen bleiben. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg wies am Donnerstag eine dagegen gerichtete Beschwerde als “unzulässig“ zurück.

Im Rechtsstreit um die von Deutschland verweigerte Sterbehilfe für eine schwerstbehinderte Frau hat deren Witwer vor dem Gerichtshof für Menschenrechte einen Teilerfolg erzielt. Die Straßburger Richter rügten die Weigerung der deutschen Justiz, die Beschwerden des Mannes nach dem Tod seiner Frau weiterzuverfolgen. Damit sei gegen sein Grundrecht auf Schutz des Privatlebens verstoßen worden, heißt es in dem am Donnerstag ergangenen Urteil. Die zentrale Frage, ob es ein Grundrecht auf Sterbehilfe gibt, ließ der Gerichtshof unbeantwortet.

Die Frau des Klägers war nach einem Sturz vor ihrem Haus im Jahre 2002 querschnittsgelähmt und musste rund um die Uhr künstlich beatmet werden. Im November 2004 stellte sie beim Bundesinstitut für Arzneimittel den Antrag auf Erwerb einer tödlichen Dosis von Schlafmitteln, der abgelehnt wurde. Dagegen legte sie Widerspruch ein. Im Februar 2005 fuhr das Paar in die Schweiz, wo sich die Behinderte mit Hilfe des Vereins Dignitas das Leben nahm.

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Fall ruft "grundlegende Fragen" auf

Der Witwer wollte anschließend das Verfahren vor deutschen Gerichten im Namen seiner Frau weiterverfolgen, was ihm verwehrt wurde. Dazu stellte der Gerichtshof nun fest, der Mann habe ein "starkes und fortbestehendes Interesse" daran gehabt, die Beschwerde gerichtlich klären zu lassen. Zudem habe der Fall "grundlegende Fragen" aufgerufen. Es sei um den Wunsch von Patienten gegangen, ihrem Leben selbstbestimmt ein Ende zu setzen. Damit sei der Fall von allgemeinem Interesse gewesen. Deutschland wurde angewiesen, dem Kläger 2500 Euro Schmerzensgeld zu zahlen und rund 26.700 Euro für die entstandenen Kosten.

Die Frage, ob die Verweigerung der Sterbehilfe die Grundrechte der schwerkranken Frau verletzte, ließ der Straßburger Gerichtshof unbeantwortet. Darüber gebe es in den 47 Mitgliedssaaten des Europarats keinen Konsens. In nur vier Ländern sei es erlaubt, Patienten ein tödliches Medikament zum Suizid zu verschreiben.

Gegen das Urteil, das von einer kleinen Kammer gefällt wurde, können beide Seiten Widerspruch einlegen. Der Gerichtshof kann den Fall dann an die Große Kammer verweisen, er muss dies aber nicht tun. (afp)