An Rhein und Ruhr. . Eine neue Studie belegt: Drei Prozent der Kinder werden im Internet oder auf dem Handy beleidigt . Sie erleben das „oft“ oder „sehr oft“. Sechs Prozent der 10 000 befragten Kinder gaben beim LBS-Barometer an, selbst schon einmal Täter gewesen zu sein.

Ein unvorteilhaftes Foto, fünf hämische Worte, zwei Mausklicks: Es ist so leicht, jemanden fertig zu machen. Alles was es braucht, sind eine Tastatur und ein Internetzugang. „Guckt mal, die dicke Sau!“, steht dann da auf der Facebook-Pinnwand, lesbar für alle Freunde. Darunter ein Handyfoto, das jemand von hinten geschossen hat, während sich die Schülerin nach vorne beugt, um sich den Schuh zuzubinden. „Ist doch witzig“, mögen die Täter gedacht haben, doch ihr Opfer leidet noch lange unter den fiesen Kommentaren, während sie ihren kleinen Spaß vermutlich längst wieder vergessen haben.

Cybermobbing ist kein Massenphänomen, lautet das Ergebnis einer neuen Studie, die gestern in Berlin vorgestellt wurde. Aber, so heißt es im sogenannten LBS-Kinderbarometer, „die drei Prozent der Kinder, die angeben, im Internet oder auf dem Handy beleidigt zu werden, erleben das „oft“ oder „sehr oft“. Sechs Prozent der 10 000 befragten Kinder gaben an, selbst schon einmal Täter gewesen zu sein.

Facebook wird zum Tatort

Tatort sei immer öfter Facebook, sagt Marco Fileccia, Lehrer des Elsa-Brändström-Gymnasiums in Oberhausen und Referent der „Initiative Eltern + Medien“. Dort berät er Eltern, deren Kinder Opfer von Cybermobbing geworden sind und gibt Ratschläge zur Prävention. An Fileccias Schule gibt es - wie an zehn weiteren Schulen in NRW - Medienscouts, Schüler, die anderen Schülern im Umgang mit neuen Medien helfen und sie für unseriöse Angebote sensibilisieren. „Facebook-Scouts“ werden sie auch gerufen – weil die meisten ihrer Tipps vom Umgang mit Facebook handeln, wie Fileccia berichtet. Cybermobbing geschehe aber auch in Blogs, Chatrooms und Internetforen.

Dass Kinder von anderen Kindern systematisch gehänselt werden, ist ein uraltes Phänomen. „Im Internet gewinnen Verbalattacken, Verleumdungen und Beleidigungen aber eine neue Qualität“, erklärt der Lehrer. Was einmal veröffentlicht wurde, bleibt sichtbar - theoretisch für ein Millionenpublikum.

Die Hemmschwelle sinkt

Für die Täter sei die Hemmschwelle zu Hause an der Tastatur wesentlich geringer. Vom „Online-Enthemmungseffekt“ sprechen Experten. Die Täter sehen die Auswirkungen ihres Tuns nicht direkt, sie müssen dem Opfer nicht ins Gesicht blicken, während sie ihm etwas antun. Dabei ist Cybermobbing wesentlich mehr als ein Dummerjungenstreich, sagt Peter Widlok, Sprecher der Landesanstalt für Medien NRW. „Das Opfer wird im Prinzip vor der ganze Welt an den Pranger gestellt. Viele Täter machen sich das aber gar nicht klar.“

Kinder, die regelmäßig Cybermobbing erleben, zeigten ähnliche Symptome wie Menschen mit Belastungsstörung, erklärt Fileccia. Sie hätten Angst, zur Schule zu gehen, litten unter Selbstzweifeln, zeigten ein geringeres Selbstwertgefühl und würden teilweise körperlich krank. In schweren Fällen äußerten Mobbingopfer Selbstmordgedanken.

Der wichtigste Schritt für sie sei es, sich jemandem anzuvertrauen, sagt der Medienberater. Es sei jedoch auch der schwerste. „Sie müssen sich selbst eingestehen, dass sie Opfer geworden sind.“ Danach sollte alles daran gesetzt werden, dass das Mobbing aufhört. Im Extremfall rät er Eltern dann sogar zu einem Schulwechsel für ihr Kind - selbst wenn der Täter damit gewinnt. „Da geht Opferschutz vor Täterbestrafung.“