Berlin. Schrill-bunte Parade mit politischem Protest: Mehr als eine halbe Million Menschen haben am Samstag in Berlin mit einem mehrstündigen Umzug den Christopher Street Day gefeiert. Dabei verwies Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) darauf, dass Homosexuelle in Deutschland noch immer diskriminiert und Opfer von Übergriffen würden.

Hunderttausende Menschen haben am Samstag in Berlin mit einem schrill-bunten Umzug den Christopher Street Day gefeiert. Dabei verwies Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) darauf, dass Homosexuelle in Deutschland noch immer diskriminiert und Opfer von Übergriffen würden. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, rief die Bundesregierung zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe auf.

Die Parade war diesmal so politisch wie lange nicht mehr. Begleitet von Hunderttausenden Schaulustigen zogen etwa 40 Wagen und 20 Fußgängergruppen bei sonnigem Wetter durch die Straßen Berlins. In schrägen Kostümen und farbenfrohen Verkleidungen tanzten die Teilnehmer zu Schlagern und Techno-Beats. Auf Plakaten und Transparenten demonstrierten sie für mehr Toleranz gegenüber homosexuellen und transsexuellen Lebensweisen.

Unter dem Motto "Wissen schafft Akzeptanz" forderten die Veranstalter mehr Zivilcourage bei Diskriminierungen und beklagten Homophobie in der Gesellschaft. Zudem sollten Bildung und Wissenschaft dazu beitragen, dass mit Vorurteilen gegenüber Homosexuellen und Transsexuellen aufgeräumt werde. Die gesellschaftliche Vielfalt müsse sich nicht zuletzt in der Schule wiederfinden.

"Berlin ist offen, tolerant und vielfältig"

"Berlin ist offen, tolerant und vielfältig", sagte der britische Botschafter in Berlin, Simon McDonald. Zugleich betonte der Diplomat bei der Eröffnung der Parade, dass sich sein Land weltweit für die Rechte und Freiheiten von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen einsetzt. "Wir sind Vorreiter", sagte er. Seit 2004 sei in Großbritannien die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft möglich. Derzeit werde zudem überlegt, die Ehe auch für Homosexuelle zu erlauben.

Der niederländische Gesandte Frank Mollen erinnerte daran, dass weltweit in 76 Ländern Homosexualität strafbar ist und in 7 Ländern dafür die Todesstrafe droht. Die Vize-Bundestagspräsidentin Petra Pau (Linke) rief zum weiteren Abbau von Vorurteilen gegenüber Homo- und Transsexuellen auf. Dafür, dass er "anders liebt", dürfe niemand diskriminiert werden.

Im Fokus stand in diesem Jahr Russland. Die CSD-Veranstalter kritisierten das seit März in St. Petersburg und anderen russischen Regionen geltende Verbot sogenannter "Propaganda für Homosexualiät", wonach Händchenhalten unter Gleichgeschlechtlichen oder das Schwingen der Regenbogenfahne gegen die Meinungs- und Versammlungsfreiheit verstößt. Seit geraumer Zeit mahnt das Auswärtige Amt Schwule und Lesben deshalb zur Vorsicht.

Volker Beck rief die Bundesregierung dazu auf, das Gesetz zu verurteilen und sich dafür einzusetzen, dass es nicht landesweit umgesetzt wird. In der Ukraine sei ein ähnliches Gesetz geplant.

Politiker legen Kränze nieder

Vor der Parade erinnerten Politiker und Verbände mit einer Kranzniederlegung zudem an die ermordeten und verfolgen Lesben und Schwulen im Nationalsozialismus. Dabei forderte Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) die Rehabilitierung und Entschädigung von verurteilten Schwulen nach 1945. Es sei ein völkerrechtliches Gebot, die Urteile aufzuheben und die Opfer zu entschädigen, betonte der Minister. In der Bundesrepublik wurde der sogenannte Schwulenparagraf, der auch einvernehmliche Homosexualität unter Strafe stellte, erst 1994 gestrichen. Ab 1969 war dies straffrei.

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Mit dem CSD wird an das erste bekannt gewordene Aufbegehren von Homosexuellen und anderen sexuellen Minderheiten gegen Polizeiwillkür in der New Yorker Christopher Street in Greenwich Village am 27. Juni 1969 erinnert. Die erste Parade in Berlin fand am 30. Juni 1979 statt. (dapd)