Oslo. Die Staatsanwaltschaft fordert die Einweisung des norwegischen Attentäters Anders Behring Breivik in die Psychiatrie. Der 33-Jährige hält sich selbst für zurechnungsfähig und will seine Strafe in einem Gefängnis absitzen.
Der norwegische Attentäter Anders Behring Breivik
soll nach dem Willen der Anklage in eine geschlossene Psychiatrie eingewiesen
werden. Die Zurechnungsfähigkeit Breiviks, der im vergangenen Jahr 77 Menschen
getötet hatte, habe nicht zweifelsfrei bewiesen werden können, argumentierte die
Staatsanwaltschaft am Donnerstag in ihrem Schlussplädoyer in Oslo. Der
Rechtsextremist selbst beharrt darauf, schuldfähig zu sein.
Die Anklage fordere, dass Breivik sich
einer "psychiatrischen Behandlung" in einer geschlossenen Anstalt unterziehen
müsse, sagte Staatsanwalt Svein Holden. "Wir sind nicht überzeugt oder sicher,
dass Breivik unzurechnungsfähig ist", sagte
Holden. "Aber wir haben Zweifel."
Breivik droht Höchststrafe von 21 Jahren
Sollte das Gericht Breivik in seinem
Urteil für schuldfähig erklären, werde die Anklage die Höchststrafe von 21
Jahren Haft fordern, führte Holden aus. Diese Höchststrafe kann zudem verlängert
werden, wenn eine weitere Gefährdung der Gesellschaft befürchtet wird. Das
Urteil gegen Breivik wird entweder für den 20.
Juli oder den 24. August erwartet.
Bereits im März hatten sich die Ankläger für eine Einweisung Breiviks
in die Psychiatrie ausgesprochen. Sie stützten sich dabei auf ein Gutachten, das
bei dem Attentäter eine paranoide Schizophrenie feststellte. Nachdem ihm später
aber ein anderes Gutachten die Schuldfähigkeit bescheinigte, wurde damit
gerechnet, dass auch die Staatsanwaltschaft ihre Meinung geändert haben
könnte.
In ihrem Schlussplädoyer argumentierte die Staatsanwaltschaft jedoch,
dass das von zwei Fachleuten erstellte erste Gutachten zumindest ausreiche, um
Zweifel an der Schuldfähigkeit des Angeklagten aufkommen zu lassen.
Breivik reagierte sichtlich verärgert
auf die Forderung der Staatsanwaltschaft nach seiner Einweisung in die
Psychiatrie. Er zeigte seinen martialischen Gruß mit einem Faustschlag auf die
Brust und ausgestrecktem rechtem Arm. Diese Geste, die Breivik in einem seiner Manifeste als Gruß des Ordens
der Tempelritter bezeichnete, hatte er schon zu Beginn des Prozesses mehrfach
gezeigt, dann auf Bitten seiner Anwälte aber unterlassen.
Breivik beharrt auf seine Schuldfähigkeit
Breivik hatte im Juli 2011 zunächst im
Osloer Regierungsviertel mit einer Autobombe acht Menschen getötet und dann in
einem Jugendlager der regierenden Sozialdemokraten auf der Insel Utöya 69
Menschen erschossen. Er gestand die Taten, plädierte aber auf nicht schuldig.
Seine Taten seien nötig gewesen, um gegen die vermeintliche Islamisierung
Norwegens und das angebliche "multikulturelle Experiment" der Regierung zu
kämpfen. Breivik beharrt darauf, schuldfähig zu
sein, und will vermeiden, dass die Anschläge als die Taten eines Wahnsinnigen
eingestuft werden.
Das Grauen von Utöya
Einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage zufolge wollen 74
Prozent der Norweger Breivik im Gefängnis sehen.
Lediglich zehn Prozent befürworten seine Einweisung in die Psychiatrie. (afp)