Münster. . Ein Oberhausener hat gestanden, seine Frau in ihrem Auto erst gerammt und dann brutal erstochen zu haben. Vor Gericht beteuert der 51-Jährige, die Situation im Januar sei einfach eskaliert. Doch der Staatsanwalt nennt es Heimtücke und spricht von einer geplanten Tat.
Seine Interpretation der klassischen Hochzeitsformel „Bis dass der Tod Euch scheidet. . .“ ist eine sehr eigene. Als Wolfgang W. die Trennung von seiner Frau nicht mehr erträgt, lauert er ihr früh morgens auf, rammt mit seinem Auto ihres, drängt sie von der Straße ab bis sie gegen einen Baum prallt. Wie durch ein Wunder überlebt Marzena W. unverletzt, aber eingeklemmt im Fahrzeug. Bis Wolfgang W. aussteigt, mit einem Maurerhammer die Scheibe einschlägt und sie mit vier Messerstichen tötet.
Wieviel Aggression, vielleicht auch Verzweiflung muss in diesem Mann stecken, der am Donnerstag weinend auf der Anklagebank des Münsteraner Landgerichts sitzt. 51 Jahre ist er, ein Oberhausener, Maurer von Beruf, der mit Marzena, einer 40-jährigen Polin, in zweiter Ehe verheiratet war. Mord wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. Er ist in der Sache zwar geständig, hatte sich auch der Polizei gestellt, bestreitet jedoch, die Tat geplant zu haben. Er habe sie lediglich zur Rede stellen wollen, die Situation sei entgleist.
Eine brutale Tat, ein furchtbarer Tod. Sie hat keine Chance zu flüchten, wählt in ihren letzten Minuten am Handy die Nummer ihres neuen Lebensgefährten. Ihre Schreie, die der Ex-Mann bei der Polizei als hysterisch bezeichnete, muss ihr Freund mitanhören, ohne helfen zu können.
Finanzielle Probleme
2005 haben sie geheiratet, nachdem sie sich in einem polnischen Hotel kennengelernt hatten. Beide haben drei Kinder aus ersten Ehen. Marzena verlässt ihren Mann und die beiden großen Söhne, nimmt einzig die heute elfjährige Tochter Kinga mit nach Deutschland. Wann ihre Probleme begannen, weiß man nicht. Wolfgang W. schweigt vor Gericht. Nach der Tat hat er einem Kripobeamten von finanziellen Problemen erzählt, von dem neuen Mann im Leben seiner Frau. Im vergangenen Sommer trennt sich das in Emsdetten wohnende Paar.
Gewalt war schon da im Spiel. Der Vorsitzende Richter Michael Skawran zitiert aus einer Anordnung des Amtsgerichts Münster, wonach es W. verboten war, sich seiner Frau, ihrem Arbeitsplatz oder ihrer Wohnung zu nähern. Hintergrund war ein Zwischenfall im Oktober, als er sie überwältigt, ihren Kopf gepackt und mehrfach auf den Boden geschlagen haben soll. Auch soll er ihr gedroht haben, sie umzubringen.
Drei Stiche in die Brust
Es ist der 4. Januar diesen Jahres, gegen 4 Uhr in der Früh, als Marzena W. ihre Wohnung verlässt, um zur Arbeit zu fahren. Jeans, Strickjacke, darüber eine schwarze Daunenjacke gegen die Kälte. In der Grevener Bauerschaft Westerode muss sie ihn dann erkannt haben, mit seinem Auto an einer Kreuzung stehend, auf sie wartend. Danach wird es ganz schnell gegangen sein. Er rammt ihr Auto von der Seite und von hinten, drängt sie ab. Dann die tödliche Tat.
Wolfgang W. ergreift die Flucht, versucht sich auf einem nahen Parkplatz die Adern aufzuritzen. Am Tatort ist inzwischen Marzenas Freund angekommen, der ihren Weg zur Arbeit kennt, ihn abgefahren ist und nun unter Schock den Notarzt ruft. Zu spät. Vier Stiche haben Marzena getroffen, drei davon in die Brust, in die Lunge. Ihre Lippen bewegen sich noch einmal, dann stirbt sie.
Die Staatsanwaltschaft hält es für eine heimtückische, geplante Tat. Die beiden Abschiedsbriefe an seine erste Frau und an seinen Chef habe er erst nach der Tat, im Auto sitzend, geschrieben. Der Kripobeamte, der ihn noch am Tag der Tat vernimmt, hat jedoch einen anderen Eindruck. Da ist Wolfgang W. völlig aufgelöst, kaum fähig in ganzen Sätzen zu reden, seine Hände zittern. Der Abschiedsbrief an den Chef trägt das Datum 3. Januar, vom Tag zuvor. Sein Schreibtisch zuhause habe gewirkt wie der eines Menschen, der seinen Abschied vorbereite.
Auch konfrontiert der Ermittler Wolfgang W. mit einer SMS an seine Schwester in München, in der dieser die Tat ankündigt. Wolfgang W. wird wütend, ja, aggressiv, verlangt erstmals nach einem Anwalt.