Essen. . Die Schauspielerin ist in der Literaturverfilmung „Die Heimkehr“ im Ersten zu sehen. Es sei ein Gegensatz zur gängigen Kost der Unterhaltungsindustrie, so die Schauspielerin. Ein Gespräch über gängige Fernsehkost, typisch Deutsches und Zeit zum Lesen.

Heike Makatsch auf allen Kunst-Kanälen: Das Erste zeigt sie am Mittwoch in einer Literaturverfilmung als Widerspenstige im deutschen Bürgermief, zeitgleich steht sie in den Endproben für die Recklinghäuser Ruhrfestspiele. Ab 10. Mai ist die 40-jährige Schauspielerin dort im Großprojekt „Krieg und Frieden“ zu sehen.

Der Film ist ein Plädoyer für Langsamkeit. Wie geht es Ihnen mit so einem unzeitgemäßen Tempo?

Heike Makatsch: Ich finde, dass Jo Baier sehr konsequent und kompromisslos seinen Rhythmus in diesem Film hält. Er nimmt sich Zeit in einer Form, die unseren Sehgewohnheiten kaum mehr entspricht. Aber genau damit lässt er eine Atmosphäre wachsen, die einem als Zuschauer wirklich Erlebniswelten eröffnet – wenn man es schafft, sich darauf einzulassen. Es ist ganz sicher ein Gegensatz zur gängigen Kost der „Unterhaltungsindustrie.“

Man hat den Eindruck, Sie fühlen sich sehr wohl in dieser Regie. Wonach wählen Sie ihre Rollen aus?

Makatsch: Man sucht immer nach Projekten, die etwas wollen. Im besten Falle suche ich etwas, das nicht nur einer Erfolgsformel entspricht. Nach einer Geschichte, die mehr kann als die üblichen Bestandteile zusammenrühren. Aber wenn man einen Regisseur trifft, der für sein Thema brennt, dann erlebt man das natürlich auch als Schauspieler als großes Glück. So war das bei Jo Baier. Zusätzlich zu dieser feinen Geschichte, die sich so zart und vorsichtig entblättert und dieser Rolle, die in ihrer Wider-ständigkeit mir sehr gefiel.

Der Film erzählt auch von typisch deutschen Eigenschaften einer Welt vor hundert Jahren. Der Heimkehrer trifft auf eine stickige Welt, in der man Punkt zwölf Mittag isst und es mit der Flurwoche sehr genau nimmt. Gibt es Züge an Ihnen, die Sie deutsch finden?

Makatsch: Jetzt, wo ich Berlinerin bin, ist das kein so großes Thema. Aber als ich in England gelebt habe, war das für die Engländer ziemlich ersichtlich, aus welchem Land ich stamme.

Ihre deutschen Erkennungsmerkmale waren...?

Makatsch: Die Hartnäckigkeit in Diskussionen. Oder der Wunsch, einer Sache sehr auf den Grund zu gehen. Gründlichkeit in Argumentationslinien. Oder dass ich nicht so leicht loslassen kann, wenn noch irgendwas im Raum steht Dass man nicht so leicht über Dinge hinweggehen kann, ist wohl auch ziemlich deutsch. Vielleicht ist das eine Spielart des peniblen Flurputzens – weil man den „Dreck“ nicht liegen sehen kann (lacht).

In „Heimkehr“ steht ihr Spiel – wie so oft – für eine große Natürlichkeit. Müssen Sie für diesen Stil kämpfen?

Makatsch: Meine Natürlichkeit im Spiel hat mir noch kein Regisseur abreden wollen. Ich glaube, wenn es ein Vertrauensverhältnis bei Dreharbeiten gibt, freut sich ein Regisseur, wenn ein Schauspieler sein Herz mit anbietet.

"Heimkehr" ist eine Literaturverfilmung. Haben Sie selbst außerhalb Ihrer Rollen überhaupt Zeit für Literatur?

Makatsch: Aktuell ist mein Verhältnis zur Literatur wirklich sehr arbeitsbezogen. Ich probe für die Ruhrfestspiele „Krieg und Frieden“. Ich habe parallel zu den Proben mit dem Roman von Tolstoi begonnen, ein echter Wälzer, durch den man sich da arbeiten muss. Wir schälen ja mit dem Regisseur sozusagen einen dramatischen Kern heraus, da sollte man das Mammutwerk schon vor Augen haben.