Washington/New York. . In den USA wurden die Gewinner des renommierten Pulitzer-Preises ausgezeichnet. Besonderes Aufsehen erregte die 24-jährige Sara Ganim. Die Reporterin einer kleinen Lokalzeitung deckte einen Sex-Skandal im College-Football auf.
Die Geschichten, für die Sara Ganim mit dem wichtigsten Journalisten-Preis der Welt ausgezeichnet wurde, holten ein Denkmal vom Podest. Jerry Sandusky, Defensiv-Trainer der ehrfürchtig bewunderten Footballer der Pennsylvania State Universität, brachte nach dem durch die 24-Jährige enthüllten Sex-Skandal mit Kindern eine ganze Sport-Welt zum Einsturz.
Sandusky, dem im Juni der Prozess gemacht wird, galt in „Penn State“-Kreisen als heilig. Sein inzwischen gestorbener Cheftrainer Joe Paterno war Gott. Die junge Reporterin der in Harrisburg erscheinenden „Patriot-News“ war im März vergangenen Jahres ganz allein auf weiter Flur, als sie die erste Geschichte über Sanduskys Verfehlungen wasserdicht hatte. So wasserdicht, das angesehene Zeitungen wie die „Baltimore Sun“ ihre Arbeit heute mit der Enthüllungswucht der Watergate-Reporter Bernstein/Woodward der „Washington Post“ auf eine Stufe stellen. Erst sieben Monate später erfuhr der von einer hermetisch geschlossenen Gesellschaft alter Männer geheim gehaltene Missbrauchs-Skandal, der sich über Jahre hinzog, landesweite Beachtung.
Die Fragwürdigkeiten des amerikanischen College-Sports werden seither wöchentlich im Fernsehen breit diskutiert. Die Jury des begehrten Pulitzer-Preises an der Columbia-Universität von New York erinnerte sich an Sara Ganims couragierte, staubtrocken aufgeschriebene und streckenweise durch fünf verschiedene Quellen abgesicherte Aufbauarbeit. Die Auszeichnung in der Kategorie „Lokaljournalismus“ ging am Montag an sie; die zweitjüngste Preisträgerin in der 96-jährigen Geschichte der „Pulitzer“.
Internetsuche nach Vermissten nach Tornado
Nicht minder beeindruckend fanden die Juroren dies: Als im Frühjahr 2011 ein Tornado durch Alabama fegte, verquickte die Redaktion der „Tuscaloosa News“ trotz Stromausfall gediegene, häppchenfreie Erzähl- und Reportage-Formate des Zeitungs-Journalismus mit der Flüchtigkeit und Echtzeit-Magie sozialer Medien. So wurde mit Hilfe des Internets binnen Stunden eine Vermissten-Seite gebaut, auf der am Ende 1500 Menschen erfuhren, wie es um ihre Liebsten steht. Leser-Service pur.
300 Interviews zu Gewalt in Schulen
Auch in der Königs-Disziplin „Public Service“ (Dienst an der Öffentlichkeit) triumphierten am Ende Reporter aus dem Lokal-Journalismus. Der „Philadelphia Inquirer“ setzte ein Jahr lang eine fünfköpfige Recherche-Gruppe auf das Dauerthema „Gewalt in Schulen“ an. Nach 300 Interviews mit Lehrern, Schülern, Direktoren, Polizeibeamten, Richtern und Sozialpädagogen wertete das Team eine mit 30 000 Vorfällen gespeiste Datenbank aus und dokumentierte die Ergebnisse in einer analytisch genauen wie packend erzählten Reportage-Serie; in der Zeitung wie im Videostream. Großartig.
Erstmals erhielt eine reine Online-Zeitung einen Preis
Die Pulitzer-Preise sind die prestigeträchtigsten Medien-Auszeichnungen Amerikas. Sie werden in 21 Kategorien vergeben und sind mit jeweils 10 000 Dollar dotiert. Neben den erwarteten Prämierungen für „internationale“ und „erklärende“ Berichterstattung für Reporter des Flagschiffs „New York Times“ gab es zwei Überraschungen.
Mit David Woods von der „Huffington Post“, der ergreifend und zugleich unsentimental den Werdegang von übel zugerichteten Kriegs-Veteranen aus Afghanistan und Irak nachzeichnete, wurde zum ersten Mal ein Mitarbeiter einer reinen Online-Zeitung prämiert. Dagegen blieb in der begehrten Kategorie „Roman“ der Siegersessel zum ersten Mal seit 35 Jahren frei. Keiner der drei Kandidaten (Denis Johnson mit „Train Dreams“, Karen Russell mit „Swamplandia!“ und David Foster mit „The Pale King“) konnte am Ende überzeugen.
Alle Preisträger auf einen Blick unter: www.pulitzer.org