Frankfurt/Main. In Hessen beschäftigt der Streit ums Tanzverbot am Karfreitag die Gerichte. Piratenpartei und Grüne Jugend hatten zu Demos aufgerufen - mehrere Städte verboten dies. Deshalb wollen die Piraten vors Bundesverfassungsgericht ziehen. Auch in Köln soll es am stillen Feiertag einen Tanz-Flashmob geben.
Juristisches Tauziehen bis zuletzt: Im Kampf für Demonstrationen gegen das Tanzverbot am Karfreitag haben Mitglieder der Piratenpartei in Hessen am Donnerstagabend die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe angekündigt. Mit einer Entscheidung wurde nicht vor der Nacht gerechnet. Mehrere hessische Gerichte hatten zuvor die Demonstrationsverbote in Frankfurt, Wiesbaden und Gießen am Karfreitag bestätigt. Unabhängig von der Karlsruher Entscheidung kündigten sowohl die Piratenpartei als auch die Grüne Jugend Hessen Flashmob-Aktionen an dem Feiertag an.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel sowie die Verwaltungsgerichte in Frankfurt und Gießen bestätigten am Donnerstag die Verbotsverfügungen der jeweiligen Kommunen gegen die geplanten Demonstrationen. Zur Begründung verwiesen sie auf das hessische Feiertagsgesetz, das Auf- und Umzüge an Karfreitag nur zulässt, wenn sie dem Ernst dieses Feiertags gerecht werden.
Demo nur ohne "tänzerische Darbietungen"
Demonstrationen gegen das Tanzverbot wollten am Karfreitag die Piratenpartei in Frankfurt und Gießen sowie die Grüne Jugend Hessen in Wiesbaden veranstalten. In allen drei Fällen hatten die Städte Verfügungen zur Untersagung der Protestaktionen erlassen, die auch selbst mit Tanzeinlagen begleitet werden sollten. Die jeweiligen Veranstalter zogen gegen die Verbote vor Gericht.
Die Grüne Jugend Hessen erzielte dabei zunächst vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden einen Teilerfolg. Dieses gestattete die Demonstration unter der Auflage, "dass keine tänzerischen Darbietungen erfolgen" dürfen. Der Wiesbadener Magistrat zog daraufhin aber vor den Hessischen Verwaltungsgerichtshof als nächsthöhere Instanz und bekam Recht. Die Richter in Kassel gaben der Beschwerde des Magistrats statt und hoben die anderslautende Entscheidung des Gerichts in Wiesbaden auf, so dass auch dort die Demonstration wieder vollständig verboten ist. Zur Begründung verwiesen sie auf das Feiertagsgesetz und gaben zu verstehen, dass sie für den Karfreitag den Schutz der Feiertagsruhe im Vergleich zur Versammlungsfreiheit als höherwertig einstufen.
Massenpantomime mit Gedanken an Tod Jesu unvereinbar
Eine Art Massenpantomime sei mit dem Gedenken an den Tod Jesu nicht vereinbar und trage dem Ernst des Feiertages nicht in der gebotenen Weise Rechnung, hatte schon das Verwaltungsgericht zum Verbot der geplanten Tanzeinlage erklärt. Tanzen, wenn auch ohne für Dritte hörbare Musik über Kopfhörer, betone den Unterhaltungswert von Bewegungen.
Mit der gleichen Begründung scheiterte die Piratenpartei vor den Verwaltungsgerichten Gießen und Frankfurt am Main mit ihren Anträgen auf Aufhebung der dortigen Demonstrationsverbote für den Karfreitag. Die Grüne Jugend Hessen zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung der Kasseler Richter und rief ebenso wie die Piratenpartei zum "Flashmob" auf, einer über das Internet organisierten, eigentlich spontanen Aktion gegen das Tanzverbot am Karfreitag. Ein solcher Flashmob war bereits vor einem Jahr an diesem Feiertag auf dem Frankfurter Römerberg veranstaltet worden. Diesmal wird er um 18.30 Uhr auf dem Opernplatz erwartet.
Facebook-Nutzer sollen in Köln "das Tanzbein schwingen"
Im sozialen Netzwerk Facebook haben Nutzer unter dem Motto "Zum Teufel mit dem Tanzverbot" auch für Köln zu einem Flashmob aufgerufen. Man wolle sich das "Recht auf individuelle Selbstbestimmung" nicht mehr "von einem Gesetz aus längst vergangener Zeit" verwehren lassen, heißt es dort. Deshalb wolle man am Karfreitag ab 19 Uhr auf der Domplatte "gemeinsam ordentlich das Tanzbein schwingen". Rund 430 Facebook-Nutzer hatten bis Donnerstagabend ihr Kommen zugesagt.
Der Chef der Wiesbadener Staatskanzlei, Axel Wintermeyer, warnte in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises in der CDU Hessen vor derartigen Provokationen. "Mit religiösen Werten spielt man nicht", sagte er. (we/dapd)