Essen. . Tolle Show und miese Quote: Sat.1 hat die Nerven verloren und setzt Harald Schmidt im Mai vor die Studio-Tür. Damit geht sein Gastspiel beim Bällchensender nach nur neun Monaten vorzeitig zu Ende.

Sie schenkten sich beide nichts. Thomas Gottschalk (61) lästerte kurz vorm Neustart als ARD-Vorabendplauderer im Januar über Harald Schmidt (54): „Lieber Harald, spiele diese Woche nur vor Testpublikum, aber habe dabei immer noch mehr Zuschauer als Du. Gruß Thomas.“

Der Spottvater keulte in seiner Late-Night-Show bei Sat.1 postwendend zurück: „Gottschalk Live. Es war fantastisch. Ich habe mich nur gefragt: Warum wurde die Werbung so oft unterbrochen.“

Dabei hatten die beiden Silberrücken des Unterhaltungsfernsehens exakt dasselbe Problem: große Namen, kleines Publikum. Schmidts Sender Sat.1 zog am Mittwoch die bittere Konsequenz: Am 3. Mai ist für den Entertainer Schluss mit lustig. Die „Harald Schmidt Show“ endet nach nur neun Monaten.

Der Spötter mit dem waffenscheinpflichtigen Witz

Dabei hatte der Spötter mit dem waffenscheinpflichtigen Witz vor seiner Rückkehr zu Sat.1 treuherzig versichert: „Es gibt keine Vorgabe.“ Eine Million Zuschauer wären gut, hieß es, 1,5 Millionen, logisch, noch besser. Dennoch hatte der Pitbull unter den Kabarettisten vorsichtshalber tiefgestapelt: „Wenn der Marktanteil zweistellig wird, hole ich mir einen Termin beim Arzt.“

Das war selten nötig. Wenn es gut lief, durfte Schmidt am Senderschnitt von Sat.1 schnuppern. Beim Gesamtpublikum liegt er bei 10,2 Prozent, bei den Zuschauern unter 50 bei 10,6 Prozent. Meist jedoch bespaßte Schmidt nur die wenigen Liebhaber gehobener Häme. Vor Weihnachten waren die Quoten so schlecht, dass dagegen selbst Vorabend-Verlierer Thomas Gottschalk mit seinen kümmerlichen fünf Prozent wie ein Überflieger wirkte.

Schlagzahl von zwei auf drei Ausgaben die Woche erhöht

Sat.1 stemmte sich tapfer gegen den Abwärtstrend. Der Münchner Bällchensender spendierte seinem intellektuellen Aushängeschild eine zusätzliche Ausgabe. Seit dem 10. Januar treibt Harald Schmidt drei- statt zwei Mal seine Späße zu später Stunde. Doch auch die Ausweitung des Angebots verfehlte die Wirkung, die sich das Lästermaul der Nation erhofft hatte: „Die topausgebildete Elite ist ja schon süchtig nach der Show. Jetzt gilt es, den Mittelstand an das Produkt heranzuführen.“

Vergebene Liebesmüh. Die Show wollte kein Quoten-Knaller werden – es lag keineswegs an feuchter Lunte. Im Gegenteil: Schmidts Scherze zündeten vorm Studio-Publikum so gut wie seit Jahren nicht. Sie machten Schmidts bleierne Zeit beim Ersten an der Seite von Showpraktikant Oliver Pocher vergessen.

Klasse und Masse unversöhnliche Feinde

Dennoch blieben Klasse und Masse unversöhnliche Feinde. Am Dienstag trafen sich Sat.1-Chef Joachim Kossack, Harald Schmidt und sein Manager Fred Kogel zum Krisengespräch. Es kam zu keiner Einigung. Vielmehr kam das Aus. Zwar schwärmte Kossack, der Kabarettist biete „Late-Night der Extraklasse“. Doch auch die Erhöhung der wöchentlichen Frequenz auf drei Ausgaben habe die Fangemeinde „leider nicht ausreichend erweitern können“. Immerhin, Kossack bedankte sich beim Entertainer und dessen Mannschaft mit warmen Worten.

Kogel indes grantelte. Er räumte ein, dass die Quoten „noch nicht“ gut gewesen seien. Aber: „Die Sendungen waren gut.“ Kogel legte nach: „Eine tägliche Late-Night-Show braucht entsprechende Rahmenbedingungen und vor allem Zeit. Wenn man darüber keine Einigung erzielen kann, hört man besser auf.“

Immer öfter Ärger mit der Champions League

Was Kogel und Schmidt ärgerte: Sie wähnten sich bei Sat.1, im Gegensatz zur ARD, bei den Sendeplätzen auf der sicheren Seite. Doch es kam anders: Schmidt musste sich immer öfter mit der Champions-League herumärgern.

Kein Wunder, dass Schmidt selbst seine Ausmusterung lediglich zweisilbig kommentieren mochte: „Schade.“