Essen. Der österreichische Extremsportler Felix Baumgartner will schneller springen als der Schall. Um zu testen, ob er es schaffen kann, absolvierte er einen Testsprung aus fast 22 Kilometer Höhe.

Waren noch nicht viele, wo er jetzt war. Ganz hoch oben. 21 800 Meter, um genau zu sein. „Im Weltall“, sagt der Laie. „Stratosphäre“, nennt es der Experte. Aber Felix Baumgartner will noch höher, will auf 36 576 Meter. Und dann runterspringen, „um als erster Mensch im freien Fall die Schallmauer zu durchbrechen“. Mit kurzzeitig 1100 Kilometern in der Stunde.

Klingt verrückt. Aber vieles, was der 42-jährige Extremsportler in den vergangenen Jahren gemacht hat, klang bei erstem Hinsehen verrückt.

Manches auch beim zweiten oder dritten.

Vom Wolkenkratzer „Taipei 101“ ist er 2007 gesprungen, als das Finanzcenter in Taiwan mit seinen 508 Metern noch das höchste Haus der Welt war. Von der Christus-Statue in Rio und dem Viadukt von Millau in Frankreich hat es ihn auch schon in die Tiefe gezogen. Sogar in die knapp 200 Meter Mamethöhle in Kroatien hat er sich gestürzt.

Vor seinem nächsten Projekt hat selbst der furchtlose Felix großen Respekt. Der krönende Abschluss seiner Karriere soll der Sprung aus dem Weltall werden aber: „Das ist wirklich ein Schritt ins Unbekannte“, gibt der Österreicher zu. „Niemand kann genau vorhersagen, wie der menschliche Körper beim Übergang in die Überschallgeschwindigkeit reagiert.“

In 35 Sekunden auf Schallgeschwindigkeit

Ein großer Heliumballon soll eine Art Raumkapsel mit Baumgartner nach oben bringen. In über 36 Kilometern Höhe will Baumgartner – eingepackt in einen speziellen Druckanzug – aussteigen und springen, um innerhalb von 35 Sekunden auf Schallgeschwindigkeit zu beschleunigen, bevor er 1500 Meter über der Erde seinen Fallschirm öffnet und nach knapp fünfeinhalb Minuten wieder unten ankommt.

Das ist die Theorie. In der Praxis stürzt der gelernte Maschinenschlosser durch eine Umgebung, die mit dem Begriff „lebensfeindlich“ noch freundlich beschrieben ist. Dabei ist die ultraviolette Strahlung, die 100 000 Mal stärker ist als auf der Erde noch das geringste Problem. Während des Flugs herrschen Temperaturen von bis zu minus 60 Grad, der Luftdruck ist niedrig, Sauerstoff gibt es nicht. Springt er nicht sauber ab, kann er leicht ins Trudeln kommen, kann bewusstlos werden. Blut, das Blasen wirft kann in seinen Kopf strömen, so viel Blut, dass es aus den Augen wieder austritt. „Redout“ nennen Mediziner das. „Verletzungen sind möglich“, sagt der medizinische Direktor des Teams, Dr. Jonathan Clark, der einst Bordarzt bei sechs Spaceshuttle-Missionen war. Baumgartners Überlebenschance hält er aber für „sehr hoch“.

Monatelang Simulation in Luftdruckkammer

Um das nicht zu ändern hat der Salzburger den Sprung aus dem Weltall seit fünf Jahren mit dem Geld eines Energy-Drink-Herstellers akribisch vorbereitet. Nach Monaten der Simulation in einer Druckluftkammer ist Baumgartner neulich in der Wüste des US-Bundesstaates New Mexico nahe dem Städtchen Roswell zu einem ersten Testlauf gestartet. Alles hat geklappt, nur an den Handschuhen des Spezialanzuges müssen die Experten noch arbeiten. So kalt war es, „ich konnte meine Hände kaum bewegen“ , hat der Extremspringer nach der Landung erzählt.

Wissen aus dem All

In den nächsten Wochen will Baumgartner es nun wagen. Irgendwann zwischen Juli und Anfang Oktober. „Pionierarbeit“ nennt sein Team das Vorhaben. Die NASA hofft auf Erkenntnisse für die Rettung von Astronauten, die kurz nach dem Start in Not geraten.

Aber „Pionierarbeit“ ist nicht die treibende Kraft hinter Baumgartner. Es ist auch nicht das Adrenalin. „Es ist“, hat er mal gesagt, immer eine Idee, die mich nicht loslässt. Ein Ziel und der Weg dorthin.“