Heiligendamm/Berlin. 2007 war das Grand Hotel in Heiligendamm der glamouröse Rahmen für den G8-Gipfel, fünf Jahre später ist es in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Das Haus an der Ostsee musste Insolvenz anmelden.

Der Glanz des geschichtsträchtigen Seebades Heiligendamm an der mecklenburgischen Ostseeküste hat seit Montag einen hässlichen Kratzer: Das 2003 eröffnete Grand Hotel ist pleite. "Das ist ein schwarzer Tag", sagt Geschäftsführer Anno August Jagdfeld am Dienstag. Das Hotel ziehe weitaus weniger zahlungskräftige Urlauber an, als es für ein gewinnbringendes Unternehmen nötig sei. Am Montag hatte Jagdfeld die Reißleine gezogen und beim Amtsgericht Aachen Insolvenz angemeldet.

Als Chef der Fundus-Gruppe, die das klassizistische Gebäudeensemble 1996 von der Treuhand gekauft hatte, bezeichnete der Unternehmer Heiligendamm immer gern als sein Lieblingsprojekt. Er habe selbst mehrere Millionen privates Kapital investiert, an der Fondsgesellschaft sei er zu sieben Prozent beteiligt und damit größter Privatanleger.

Es fehlten nun aber etwa 30 Millionen Euro zur Deckung von Kreditzinsen sowie zusätzlich Kapital für notwendige Investitionen, erklärte Jagdfeld. Die Banken und die Anleger des Immobilienfonds seien nicht mehr bereit gewesen, frisches Geld zur Verfügung zu stellen. "Ich mache niemandem deshalb einen Vorwurf", sagte Jagdfeld. Aber er glaube an Heiligendamm und bleibe deshalb weiter als Geschäftsführer in der Verantwortung.

Jahresauslastung von 44 Prozent

Das Hotel mit seinen 220 Zimmern ist nach Angaben der Hotelleitung im Jahresdurchschnitt zu 44 Prozent ausgelastet. "Im Sommer sind es bis 80 Prozent, jetzt im Winter nur zwölf Prozent", sagte Jagdfeld. Nötig seien deshalb saisonverlängernde Maßnahmen wie Investitionen in ein Schwimmbad für Familien mit Kindern und einen großen Spa-Bereich. Für einen wirtschaftlichen Betrieb sei eine Jahresauslastung von 60 Prozent nötig.

Der vom Aachener Amtsgericht bestellte vorläufige Insolvenzverwalter Jörg Zumbaum aus Düren hat sich nach eigenen Angaben eine Frist bis Frühherbst gesetzt, um das Unternehmen zu sanieren. Die Stimmung unter den 300 Mitarbeitern der Belegschaft sei "aufgeräumt und frisch", sagte Zumbaum nach einer Betriebsversammlung am Dienstag. Er gehe davon aus, alle Gläubiger bedienen zu können.

Bei der Suche nach Investoren sei alles möglich, sowohl ein Einzelinvestor für den fehlenden Millionenbetrag als auch der Verkauf des Hotels. "Das ist kein Gewerbe, bei dem die Käufer Schlange stehen", sagte Zumbaum. "Aber wir haben hier ein Kleinod, das nur darunter leidet, nicht so en vogue zu sein, wie andere Städte auf der Welt", fügte der Insolvenzverwalter hinzu.

Image von Heiligendamm laut Jagdfeld ruiniert

Jagdfeld sieht einen Grund für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten darin, dass Kritiker das Image von Heiligendamm "systhematisch ruiniert" hätten. Jahrelang seien die Hotelgäste durch Heerscharen von Radlern und neugierigen Spaziergängern gestört worden. "Jetzt noch besteht die Gemeinde auf einem Wanderweg mitten durch das Hotelgelände, das ist reine Sabotage", sagte der Geschäftsführer.

Zeitungen hätten gern vom "Klassenkampf am Ostseestrand" berichtet. Das Hotel könne aber nur von einem Gästeklientel leben, das Zimmer auf Hochpreisniveau buche. Vor einigen Jahren habe man versucht, im Winter Zimmer für je 50 Euro zu vermieten. Das habe zwar für eine gute Auslastung gesorgt, aber auch ein um zwei Millionen Euro schlechteres Jahresergebnis. (dapd)