Newark. In einer Trauerfeier voller Seelentiefe und Fröhlichkeit nahmen Familie, Freunde und Millionen Fans Abschied von Pop-Superstar Whitney Houston. Am Rande gab es aber auch einen kleinen Eklat: Houstons Ex-Ehemann Bobby Brown erschien nur kurz am Sarg und verschwand dann aus der Kirche.

In jedem guten Gospel-Gottesdienst gibt es diesen einen heiligen Moment, in dem sich die aufgestauten Gefühle der Gemeinde, angefacht durch einen ekstatisch singenden Prediger, wie ein Sommergewitter entladen und das Kirchenschiff zu beben beginnt. Selbst Atheisten, die noch nicht geweint haben bis dahin, tun es jetzt. Ob sie wollen oder nicht. In der Trauerfeier für Whitney Elizabeth Houston reichte ein heiliger Augenblick nicht aus.

An dem Ort, wo Houston als 11-jähriges Mädchen damit begann, den Chor der New Hope-Kirche von Newark an die rote Backstein-Wand zu singen, dehnte sich das anrührende baptistische Wechselspiel von himmelhochbetrübt bis zu Tode jauchzend über eine kleine Ewigkeit.

Ganze 220 Minuten hakten sich die 1500 handverlesenen Gäste von Bürgerrechtler Jesse Jackson über Musik-Ikone Roberta Flack bis zu Talkshow-Göttin Opra Winfrey bei weltweit Millionen Fans vor den Fernsehgeräten und Computern unter, um der am 11. Februar mit nur 48 Jahren gestorbenen Ausnahme-Sängerin die letzte Ehre zu erweisen.

Trauerfeier für Whitney Houston stand unter der Überschrift "Heimkehr"

Auch Sängerin Alicia Keys (Mitte) war unter den Gästen der Trauerfeier für Whitney Houston. (Foto: Getty)
Auch Sängerin Alicia Keys (Mitte) war unter den Gästen der Trauerfeier für Whitney Houston. (Foto: Getty)

Wer Teil dieser simultan mitfühlenden Gemütsgemeinschaft war, in der herzzerreißend geweint wie irr gelacht wurde, wird vielleicht zustimmen: Würdiger, spiritueller und tröstender konnte der Abschied von einer der größten Stimmen ihrer Generation nicht geraten. Praise the Lord! „Unsere Herzen sagen, ihr Tod sei ungerecht. Aber in der Bibel steht: Die Liebe ist stärker als der Tod“, hatte Gospel-Bischof T.D. Jakes früh die Tonlage vorgegeben, „warum also machen wir uns alle Sorgen, wir, die wir hier sitzen und Whitney lieben?“ Eben. „Homecoming“ hatte schließlich auf den Einladungskarten gestanden - Heimkehr. Zu Gott. Nicht Trübsalblasen.

„Nippy“, wie Cousine Dionne Warwick, selbst ein große Sängerin, ihren „Engel“ nannte, hätte es nicht anders gewollt. Weil das Aasgeierhafte der Kulturindustrie mit ihren gnadenlos kalkulierten Verwertungszyklen post mortem (noch) außen vorgehalten werden konnte, entspann sich ein über alle Kitschbefürchtungen erhabener Sturm der großen Gefühle, in dem selbst das oft gesprochene Wort der Reminiszenz nicht peinlich wurde.

Ergreifende Trauerrede von Schauspiel-Star Kevin Costner

Kevin Costner, Film-Partner aus dem Jahr 1992 in „The Bodyguard“, vollführte als einziger Weißer auf dem Podium vor dem blitzblank polierten Sarg mit zitternder Stimme eine rhetorische Verbeugung, die nachwirken wird. Mit stockender Stimme zeichnete der Großschauspieler eine Frau nach, die trotz unerreichter Erfolge bis zum Schluss von Selbstzweifeln und Dämonen verfolgt gewesen sein muss. „Du warst nicht nur gut genug, du warst großartig“, sagte Costner und stellte fest, dass da fortan eine junge Frau im Himmel sei, „die Gott staunen lässt, wie er so etwas Perfektes erschaffen konnte“.

Perfekt? Pat Houston, Whitneys Managerin, sprach von einem „verzauberten“ Leben, dass ihre Schwägerin geführt habe, „ein Leben, das manchmal missverstanden wurde, selbst von ihr“; der einzige Verweis auf die abschüssige Laufbahn der Sucht, auf der sich die Sängerin viele Jahre in selbstzerstörerischem Tempo bewegte. Für mehr Gesellschaft- oder Charakter-Kritik war es weder die Zeit noch der Ort.

Stars des Gospel huldigten ihrer "Nippy" Houston

Für Gänsehaut- und Taschentücher-Momente dagegen sehr wohl. Alicia Keys lebte ihre staunenswerte Musikalität bei „Send Me An Angel“ genauso inbrünstig aus wie Soul-Übervater Stevie Wonder, der mit „Ribbon In The Sky“ und einer unglaublichen Version von „Love Is In Need Of Love Today“ Respekt zollte.

Die echten Sensationen aber waren Künstler, deren Stimmen eine beinahe Angst erregende Intensität erreichen und sich gleichzeitig wie Heilbalsam auf alle Seelen-Wunden legen: die Gospel-Größen Kim Burrell, CeCe und Bebe Winans. Brüder und Schwestern im Geiste, die Zeugenschaft ablegten darüber, was der Tod und seine Umstände nicht verschatten kann.

Sorgte für Diskussionsstoff: Whitney Houstons Ex-Mann Bobby Brown (li.) nahm nicht am Gottesdienst in der Kirche teil. (Foto: afp)
Sorgte für Diskussionsstoff: Whitney Houstons Ex-Mann Bobby Brown (li.) nahm nicht am Gottesdienst in der Kirche teil. (Foto: afp)

Whitney Houston gehörte zur erlesenen Schar dieser machtvollen schwarzen Stimmen, die ohne Umwege den Zugang zu Magengrube, Tränendrüsen und Lachfalten finden und bis heute das Fundament aller Black Music sind. Hallelujah.

Für Diskussionen sorgte ein Moment vor dem Beginn der Trauerfeier: Houstons früherer Ehemann Bobby Brown war nur kurz in Begleitung einiger Personen in der Kirche erschienen und hatte den Sarg mit der Hand berührt. Wachleute berichteten, er sei wütend darüber gewesen, dass er nicht mit den Personen habe zusammensitzen können, mit denen er zu der Trauerfeier erschienen war.

Fröhliche Trauer

Trauerfeier für Whitney Houston: In der New Hope Baptist Church in Newark, New Jersey...
Trauerfeier für Whitney Houston: In der New Hope Baptist Church in Newark, New Jersey... © AFP
...nahmen 1500 geladene Gäste Abschied von Pop-Superstar Whitney Houston...
...nahmen 1500 geladene Gäste Abschied von Pop-Superstar Whitney Houston... © AFP
Houston war am 11. Februar im Alter von 48 Jahren tot in einem Hotelzimmer in Beverly Hills aufgefunden worden. In einem glänzenden Sarg...
Houston war am 11. Februar im Alter von 48 Jahren tot in einem Hotelzimmer in Beverly Hills aufgefunden worden. In einem glänzenden Sarg... © REUTERS
...wurde ihr Leichnam nach einer vierstündigen Trauerfeier in einem goldfarbenen Leichenwagen durch ihre Geburtsstadt gefahren...
...wurde ihr Leichnam nach einer vierstündigen Trauerfeier in einem goldfarbenen Leichenwagen durch ihre Geburtsstadt gefahren... © AFP
...Whitney Houston soll am Sonntag neben ihrem Vater John Houston auf einem Friedhof in Westfield beerdigt werden....
...Whitney Houston soll am Sonntag neben ihrem Vater John Houston auf einem Friedhof in Westfield beerdigt werden.... © AFP
Zahlreiche Fans umlagerten die Kirche...
Zahlreiche Fans umlagerten die Kirche... © AFP
...Bei der Trauerfeier waren Dutzende prominente Pop- und Gospel-Stars geladen. Neben der Sängerin Roberta Flack...
...Bei der Trauerfeier waren Dutzende prominente Pop- und Gospel-Stars geladen. Neben der Sängerin Roberta Flack... © AFP
....gehörte auch Jesse Jackson (li.) und...
....gehörte auch Jesse Jackson (li.) und... © AFP
...Sänger Stevie Wonder zu den Gästen...
...Sänger Stevie Wonder zu den Gästen... © AP
Sie waren Zeuge eines bewegenden aber auch fröhlichen Gottesdienstes.
Sie waren Zeuge eines bewegenden aber auch fröhlichen Gottesdienstes. © AFP
Fans mit Erinnerungsstücken an Whitney Houston.
Fans mit Erinnerungsstücken an Whitney Houston. © AFP
picturegallery-130821_658542.jpg
© AFP
picturegallery-130821_658550.jpg
© REUTERS
...das Programm der Trauerfeier fasste die Vita Whitney Houstons zusammen.
...das Programm der Trauerfeier fasste die Vita Whitney Houstons zusammen. © REUTERS
Houstons Ex-Mann Bobby Brown sorgte am Rande der Feier für einen Eklat. Für ihn war offenbar in der Kirche kein Platz, er berührte nur kurz den Sarg und verließ die Kirche anschließend.
Houstons Ex-Mann Bobby Brown sorgte am Rande der Feier für einen Eklat. Für ihn war offenbar in der Kirche kein Platz, er berührte nur kurz den Sarg und verließ die Kirche anschließend. © AP
Die Trauerfeier für Whitney Houston wurde weltweit im Fernsehen übertragen.
Die Trauerfeier für Whitney Houston wurde weltweit im Fernsehen übertragen. © REUTERS
1/16