Essen. . Ein TV-Auftritt einer rheinland-pfälzischen Zahnärztin in einer Karnevalssendung im Hessischen Fernsehen hat für eine Eklat gesorgt: Kritiker bezeichnen den Karnevalsauftritt der als „Türkin Ayse“ verkleideten Frau als „Rassismus zur besten Sendezeit“.
Eklat im Karneval: Bei einer Büttenrede ist türkischen Medien und Ausländerbeiräten das Lachen im Hals stecken geblieben. Anlass für die Empörung ist der Auftritt einer rheinland-pfälzischen Zahnärztin. Verkleidet als „Türkin Ayse“ hatte sie sich vor großem Publikum und laufenden Fernsehkameras in die Bütt gestürzt. Was sie dabei von sich gab, brachte den Landesausländerbeirat in Hessen in Rage. Über „Rassismus zur besten Sendezeit“ schimpft der Vorsitzende Corrado Di Benedetto. „Die karnevalistische Freiheit ist ein hohes Gut. Satire darf alles, aber nicht herabsetzend sein“, sagte er.
Und das steckt hinter dem Missmut: Die deutsche Zahnärztin in der Rolle der Ayse trat im Dirndl und mit glänzendem Kopftuch auf die Bühne der Großveranstaltung „Frankfurt Helau“, die das Erste am 2. Februar nach der Tagesschau gesendet hat. Mitgebracht hatte sie Witze und Blödeleien wie „Was heißt Babywindel auf Türkisch? Güllehülle!“ oder einen Hinweis für den nächsten Türkei-Urlaub: „Auf dem Basar gibt es keine Toiletten, auf dem Basar bescheißt jeder jeden.“ Alles vorgetragen in gespielt gebrochenem Deutsch. Das Publikum im Saal fand’s lustig und klatschte, bis die Papphüte wackelten. Grinsen, Gelächter.
Das Nachspiel ist dagegen von nach unten zeigenden Mundwinkeln geprägt. So kritisierte die in Deutschland erscheinende türkische Zeitung „Hürriyet“, in der Sendung seien herabwürdigende Witze über Türken gemacht worden.
Ausländerbeirat verlangt Entschuldigung
Der Ausländerbeirat in Hessen verlangt nun eine Entschuldigung vom Hessischen Rundfunk (HR), der „Frankfurt Helau“ produziert hat. Ob es zu diesem Akt kommen wird, mochte HR-Sprecher Tobias Häuser am Freitag nicht sagen. Der Fall sei an den Intendanten gegangen. Häuser erklärte aber: „Es liegt nicht in unserer Absicht, Mitbürger mit türkischem Migrationshintergrund zu verunglimpfen.“ Die Büttenrede sei Teil einer Fastnachtssendung gewesen, in der auch Klischees bemüht werden – das gehöre zur Narrenfreiheit. „Über Geschmack und Humor lässt sich bekanntlich streiten.“
Diese prinzipielle Meinung vertritt auch Eva Ullmann vom Deutschen Institut für Humor in Leipzig. Sie weiß, was geht und an welchem Punkt die Geschmackspolizei einschreiten sollte. „Grundsätzlich bietet Humor viele Möglichkeiten. Darunter auch die, jemanden an den Pranger zu stellen“, sagt die Humorforscherin. Egal ob Karneval oder nicht, gelungener sei eine ausgewogene Form von Witz. Die Mischung macht’s – und bei der sollte auch Selbstironie eine Rolle spielen. Am wichtigsten sei aber, so Ullmann, dass eine prinzipielle Wertschätzung erkennbar ist. Heißt: Wenn jemand durch den Kakao gezogen wird, dann sollte man ihm zuvor wenigstens eine liebevoll zubereitete Tasse mit Sahnehäubchen drauf zu trinken gegeben haben.
Jesus auf dem Segway
Der hessische Ausländerbeirat macht seinem Ärger weiter Luft. In der Büttenrede seien fast alle Vorurteile gegenüber Türken bedient worden. „Hier wurden alle Regeln des Anstandes verletzt“, sagt Corrado Di Benedetto.
Wie sensibel die Gesellschaft selbst im humorigen Karneval sein kann, hat auch der Westdeutsche Rundfunk schon mehrfach erkannt. In der Vergangenheit hat er immer wieder Szenen aus Sitzungen verbannt, damit sie nicht im Fernsehen gezeigt werden. Aktuelles Beispiel: Ein Teil der Kölner Stunksitzung. Darin fährt Jesus auf einem Segway-Stehroller zur Kreuzigung vor. Der Fernsehzuschauer wird das nicht zu sehen bekommen. Die Szene sei gestrichen worden, weil sie mit dem Grundsatz, die religiöse Überzeugung der Bevölkerung zu achten, nicht vereinbar sei, sagt der Sender.