Lüneburg. Er stehe aber zu dem, was er getan habe, sagte der 37-Jährige. Er hatte seine vier Kinder bei der von ihm getrennt lebenden Frau abgeholt und war mit ihnen nach Ägypten geflogen. Er bezog sich auf das ihm im Grundgesetz als Vater zugesprochenen Pflicht zur Erziehung seiner Kinder.

Der 37-jährige Vater Axel H. hat am Dienstag vor dem Landgericht Lüneburg die Entführung seiner Kinder nach Ägypten und Sudan gestanden, sich aber gleichzeitig wenig einsichtig gezeigt. Grundsätzlich "stehe er dazu", was er getan habe, sagte der streng religiöse Mann noch vor Prozessbeginn.

Vor dem Richter begründete er die Tat mit dem ihm im Grundgesetz als Vater zugesprochenen Pflicht zur Erziehung seiner Kinder. Seine Frau, die seit der Trennung einen neuen Lebenspartner hat, beschrieb vor Gericht unter Tränen, wie sie die 136 Tage ohne ihre Kinder erlebt hat.

Flug nach Ägypten statt Fahrradtour

Am 26. April 2011 hatte H. seine vier Kinder Jonas, Benjamin, Myriam und Lisa bei der von ihm seit 2009 getrennt lebenden Frau abgeholt, unter dem Vorwand mit ihnen einen Fahrradausflug machen zu wollen. Nach seinen Angaben waren die Kinder mit ihm freiwillig mitgegangen. In Ägypten beabsichtigte H. sich ein neues Leben mit ihnen aufzubauen. Bereits vier Tage zuvor hatte er sich laut Anklage mit einem nachgemachten Schlüssel Zugang zu dem Haus der 31-Jährigen verschafft, um die Pässe und Sparbücher der Kinder zu besorgen.

Auch die Eheurkunde nahm er mit, um sie den ägyptischen Richtern wegen Ehebruchs vorzulegen. "Meine Frau hat es vorgezogen, mit einem anderen Mann zu leben. Vor Gott ist das nicht korrekt. Das ist Ehebruch", sagte er. Er akzeptiere zwar die Entscheidung seiner Frau. "Aber das gibt ihr nicht das Recht, die Kinder an sich zu reißen", sagte der 37-Jährige über seine Motive.

Ermittler fassten den Vater in einem Internetcafé

Der Entführungsfall hatte für großes Aufsehen gesorgt, auch weil die Mutter an die Öffentlichkeit gegangen war, um die Suche nach ihren Kindern voran zu treiben. Erst am 7. September fassten Ermittler den Vater in einem Internetcafé. Die Kinder wurden einen Tag später zurück nach Deutschland gebracht, wo sie die Mutter am Frankfurter Flughafen in Empfang nahm.

Der 37-Jährige war mit ihnen zuvor auch weiter in den Sudan gereist. Er habe den "Touristenzentren aus dem Weg gehen" wollen, beschreibt er seine Motive zur Weiterreise. Später kehrte er mit den Kindern wieder nach Ägypten zurück. Khartoum sei "zu überhitzt und zu dreckig" gewesen. Ich habe entschieden, dass es besser ist, zurück zu gehen, obwohl dort die Gefahr größer war, entdeckt zu werden", sagte er.

Angeklagter kritisiert Darstellung seiner Person in den Medien

Die Kinder hätten es bei ihm gut gehabt. Sie seien lediglich an Durchfall erkrankt gewesen, was aber nach seiner Ansicht "in solchen Ländern üblich" sei. Der 37-Jährige kritisierte die Darstellung seiner Person durch die Mutter der Kinder in den Medien. "Meine Frau hat genau gewusst, dass ich die Kinder liebe und sie es bei mir gut haben. Aber sie hat mich bewusst negativ und als Fundamentalist dargestellt."

Seine Kinder hätten immer wieder betont, dass sie auch mehr Zeit mit ihrem Vater verbringen wollten, sagte er. Nach der Trennung seien sie oft heimlich zu ihm gekommen. Als seine Frau dies bemerkte, habe sie ihnen Schläge angedroht, sagte H. und begründete damit die Entführung. "Ich glaube, das der Umgang bei meiner Frau kein guter war", sagte er.

Kinder laut Mutter wieder auf dem Weg in ein normales Leben

Ganz anders schilderte die Mutter die Situation der Kinder. Nach ihrer Rückkehr seien diese "stark ausgehungert" gewesen. Zudem wurden diverse Krankheiten festgestellt. Die heute vierjährige Tochter Lisa habe nach der Rückkehr wieder eingenässt, obwohl sie eigentlich "schon trocken" gewesen sei. Inzwischen seien aber alle Kinder nach der "schwierigen Zeit wieder auf dem Weg in ein normales Leben", teilte sie in einem schriftlichen Statement gegenüber der Presse mit. Bei der Schilderung, wie sie den Tag der Entführung und die Zeit bis zur Rückkehr erlebte, kämpfte die 31-Jährige mit den Tränen.

Am Nachmittag sollte die Mutter weitere befragt werden. Auch die Psychologin, welche mit den Kindern direkt nach ihrer Rückkehr gesprochen hat, sollte noch als sachverständige Zeugin gehört werden.

Für den Prozess sind zunächst sechs Termine vorgesehen. Ein Urteil könnte am 16. Februar fallen. Kindesentziehung kann laut Strafgesetzbuch mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden. (dapd)