Moskau. Ende des Traums von der Erkundung des Roten Planeten. Die Marssonde Phobos-Grunt ist abgestürzt. Damit setzt sich eine fatale Pannenserie fort: Seit über 50 Jahren ist keine derartige Expedition der nunmehr 19 Marsmissionen wirklich geglückt.

Für die russische Raumfahrt ist am Sonntagabend ein Traum zu Ende gegangen. Die Marssonde Phobos-Grunt ist über dem Pazifik abgestürzt. Die nicht in der Atmosphäre verglühten Teile fielen um 18.45 Uhr rund 1.250 Kilometer westlich der chilenischen Insel Wellington ins Meer, wie ein Sprecher des Moskauer Verteidigungsministeriums nach Angaben russischer Medien mitteilte.

Damit sind nicht nur die wochenlangen Bemühungen der Russen gescheitert, die Sonde auch mit tatkräftiger Hilfe der Europäischen Weltraumorganisation ESA, der US-Luft- und Raumfahrtbehörde NASA und anderer internationaler Einrichtungen zu retten. Gescheitert ist auch ihr Traum, die fatale Pannenserie bei der Erforschung des Roten Planeten zu beenden. Denn keine der nunmehr 19 Marsmissionen seit 1960 ist hundertprozentig gelungen. Allein vier gingen bereits in der Startphase verloren, und fünf kamen wie jetzt Phobos-Grunt über die erdnahe Umlaufbahn nicht hinaus. Der Chefkonstrukteur des 120 Millionen Euro teuren Apparates, Maxim Martynow vom Raumfahrtkonzern "Lawotschkin", bezeichnete deshalb auch den Mars als einen "traditionell für Russland gastunfreundlichen Planeten".

Tanks in großer Höhe verglüht

Nach Schätzungen russischer Experten können 20 bis 30 Wrackteile mit einem Gesamtgewicht von etwa 200 Kilogramm die Erdoberfläche erreicht haben. Die Tanks mit rund elf Tonnen Treibstoff seien in etwa 110 Kilometern Höhe geborsten und zum Großteil verglüht.

Wie es in der Marsforschung der Russen und in ihrer Raumfahrt generell weiter gehen soll, steht derzeit sprichwörtlich in der Sternen. Das Schicksal der geplanten Mond-Sonden Luna-Glob und Luna-Resurs, der Venus-Sonde Venera-D sowie der Mars-Sonde Mars-NET, mit der die seismischen Aktivitäten auf dem Roten Planeten gemessen werden sollen, ist nach dem jüngsten Debakel ungewiss. Vieles deutet darauf hin, dass sich Russland speziell in der Marsforschung nun verstärkt als Partner in internationale Projekte einbringen will. So hat die Raumfahrtagentur Roskosmos kürzlich ihr großes Interesse an der Umsetzung der Global Exploration Roadmap (GER) bekräftigt. Diese war von zwölf Raumfahrtagenturen, darunter auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), entwickelt worden, um international die Weltaumforschung koordiniert voranzutreiben. Fernziel ist in etwa 25 Jahren ein bemannter Marsflug.

Entwicklungsprogramm gefordert

Wachgerüttelt durch das Versagen insbesondere von zwei Sojus-Trägerraketen und den Verlust von Phobos-Grunt ausgerechnet im 50. Jahr des historischen Weltraumfluges von Juri Gagarin, ist Roskosmos-Chef Wladimir Popowkin Ende Dezember vom zuständigen Vizepremier Dmitri Rogosin aufgefordert worden, Mitte Februar ein Entwicklungsprogramm bis 2030 für die krisengeschüttelte einstige Vorzeigebranche vorzulegen. Man darf gespannt sein, was sich Popowkin und sein Stab in aller Eile ausdenken und welche Prioritäten sie setzen werden.

Phobos-Grunt war am 9. November vom Kosmodrom Baikonur (Kasachstan) gestartet. Offenbar wegen eines Steuerungsfehlers zündeten aber die Marschtriebwerke für den Weiterflug zum Mars nicht. Die Sonde sollte auf dem Marsmond Phobos Bodenproben nehmen und diese im August 2014 zur Erde bringen. Wäre das gelungen, hätte sich Russland nach 15-jähriger Zwangspause seit dem letzten Debakel mit der Mars-96-Mission spektakulär in der internationalen Planetenforschung zurückgemeldet. (dapd)