Essen. ARD widmet der Erfinderin des Schneeball-Systems einen Film. Ein Gespräch mit der Hauptdarstellerin Birgit Minichmayr.
Der Film wirkt wie ein Historien-Schinken – auf den ersten Blick. Tatsächlich aber steht „Die Verführerin Adele Spitzeder“ (ARD, 20.15 Uhr) für eine Frau, die im 19. Jahrhundert das Schneeball-System erfand, das die aktuelle Finanzkrise ins Rollen brachte. Mit Hauptdarstellerin Birgit Minichmayr (35) sprach Jürgen Overkott.
Adele Spitzeder erfand das Schneeballsystem der wunderbaren Geldvermehrung, was letztlich scheitern musste. War sie ein Weibsteufel?
Birgit Minichmayr: Nein, der „Weibsteufel“ von Karl Schönherr und der Konflikt dieser Bühnenfigur hat nicht wirklich etwas mit Adele Spitzeder gemein. Für mich ist sie eher zwischen Madoff und einer Art Robin Hood anzusiedeln, wobei ich ihre Wohltätigkeit als sehr zwiespältig bezeichnen würde.
Was trieb Adele Spitzeder – Gier, Gefallsucht oder etwas ganz anderes?
Begonnen hat alles aus einer finanziellen Notlage heraus, da ihr Gehalt niemals ausreichte für ihren sehr luxuriösen Lebensstil. So kam sie in die Situation, sich Geld leihen zu müssen, bis sie beschloss, den Spieß umzudrehen und Kredite zu vergeben und somit die erste private Bankfrau wurde.
Bevor sie tief fiel, stapelte sie hoch. Was war an ihr unwiderstehlich?
Sie besaß wohl eine sehr vertrauenserweckende Ausstrahlung, sonst wäre sie sicher nicht soweit gekommen, dass sie mit ihrem Bankrott über 31 000 Menschen mit in den finanziellen Ruin riss.
Die Konkurrenz war recht bald neidisch. Was war an ihr unausstehlich?
Es war sicherlich untypisch als Frau ihrer Zeit eine eigene Firma aufzubauen noch dazu im Finanzwesen, das rein männlich dominiert war. Ich würde das nicht als unausstehlich bezeichnen. Unausstehlich war eher ihr Unrechtsbewusstsein, dass sie zur Verteidigung an den Tag legte.
Die Geschichte von Adele Spitzeder spielt im 19. Jahrhundert. Was ist modern an der Story?
Dass man damals wie heute seine liebe Not hat, oder anders gesagt, Geschichte wiederholt sich – leider immer noch. Aber Gier – das ist bekannt – ist ja schon in den Todsünden verankert.