Köln. . Ab diesem Donnerstag suchen ProSieben und ARD in „Unser Star für Baku“ nach dem deutschen Vertreter für den Eurovision Song Contest 2012. Mit in der Jury ist auch Lena-Entdecker Stefan Raab. Die Macher des Vorentscheids setzen diesmal auf totale Transparenz.
Eigentlich wollte er ja nichts mehr zu tun haben mit dem Eurovision Song Contest (ESC). Wollte aufhören, als es am schönsten war und nur noch hinter den Kulissen arbeiten, wenn ab Donnerstag von ProSieben und ARD „Unser Star für Baku“ gesucht wird. Jetzt sitzt Stefan Raab doch wieder in der ersten Reihe, ist zusammen mit Fanta 4-Chef Thomas D. und Frida-Gold-Sängerin Alina Süggeler ständiges Jurymitglied. Der gefragteste Gesprächspartner auf einer Pressekonferenz in Köln ist er ohnehin. Schon weil er ein neues Abstimmungssystem erfunden hat. „Voting in Echtzeit.“
Einen „Rücktritt vom Rücktritt“ will Stefan Raab das alles aber nicht nennen. Da muss man ihn wohl missverstanden haben in dem ganzen Trubel rund um das ESC-Finale in Düsseldorf im vergangenen Jahr. „Ich habe nur gesagt, dass ich nicht mehr als Autor, als musikalischer Produzent teilnehmen werde.“ Macht er auch nicht. „Alle musikalischen Belange habe ich an Thomas D. delegiert. Doch der neue Jurypräsident – das nur mal am Rande – will auch keinen Song für die Kandidaten verfassen. „Ich bin ja Rapper.“
Zwischenstände für die Kandidaten werden laufend eingeblendet
Raab dagegen ist einmal mehr der Hansdampf in allen Gassen. Produziert die Kandidatensuche und feilt an ihr herum. „Ich denke ja ständig darüber nach, wie man das Format noch spannender machen kann.“ Vor vier Wochen ist ihm etwas eingefallen. Als beim Biathlon gucken im Fernsehen die aktuellen Zwischenstände eingeblendet wurden. „Absolute Transparenz“ sei das, schwärmt der TV-Moderator. Deshalb hat er etwas Ähnliches nun in die Casting-Shows eingebaut.
Schon während der Kandidatenvorstellung und noch bevor der erste Ton erklungen ist, können die Zuschauer künftig per Telefon oder SMS für ihren Favoriten stimmen. Rein nach Sympathie. Und wie sie stimmen, wird nur Sekunden später auf dem Bildschirm angezeigt und legt auch die Startreihenfolge fest. „Der Schlechteste singt zuerst.“ Und mancher, der anfangs unscheinbar und blass wirkte, ist Thomas D. sicher, wird dabei mit jeder Strophe, die er anstimmt, im Ranking nach oben klettern. „Da öffnen sich Türen.“ Zumal schon in den Vorcastings „viel Talent“ zu sehen gewesen sei. Sorgen, dass durch die ständig aktualisierte und auch für die Bühnenkandidaten sichtbare Blitztabelle der Druck für manchen Kandidaten zu groß wird, hat zumindest Raab nicht. „Das ist die Härte der Realität.“ Alina Süggeler würde sich ihr gerne stellen. „Ich wäre auf der Bühne froh über so ein direktes Feedback.“
2012 ist die Konkurrenz so groß wie nie
Raab nennt seine neue Idee deshalb auch wahlweise „direkte Demokratie“ oder „eine neue Form der Ehrlichkeit“ und verspricht „viel Spannung“. Letzteres kann nicht schaden. Denn die ESC-Vorausscheidungen glänzten vor allem im vergangenen Jahr nicht durch hohe Einschaltquoten. Und 2012 ist die Konkurrenz so groß wie nie. Während RTL gerade wieder damit begonnen hat, nach dem Superstar zu fahnden, sucht Sat.1 immer noch „The Voice of Germany“. Für ProSieben-Senderchef Jürgen Hörner angeblich kein Problem, solange nicht zwei Shows am gleichen Tag laufen, denn: „Jede Sendung hat ihre eigene Note.“
Auch Thomas D. gibt sich gestern betont zuversichtlich: „Transparentes Voting, keine künstlich erzeugten Spannungsmomente, keine einstudierten Sätze, alles live. Da bin ich stolz, Präsident zu sein.“,
Und für Raab ist der diesjährige ESC-Vorentscheid schon jetzt einmalig: „Ich hätte nie gedacht“, scherzt er mit Blick auf die kahlen Schädel seiner Mitjuroren, „dass ich noch einmal in einer Jury sitze, in der ich die längste Mähne habe.“