Washington/Los Angeles. . Der Deutsche Harry B. steht unter dringendem Verdacht, innerhalb weniger Tage in Hollywood Dutzende Autos angezündet zu haben. Wollte er damit gegen die drohende Auslieferung seiner per Haftbefehl gesuchten Mutter nach Frankfurt protestieren? Diese wurde an Mittwoch einem Gericht vorgeführt.
In Handschellen ist die Mutter des wegen Brandstiftung festgenommenen Deutschen in Los Angeles einem Gericht vorgeführt worden. Dorothee B. machte am Dienstag bei ihrem Erscheinen einen verwirrten Eindruck und wusste offenbar nicht, dass ihr Sohn sich in Haft befindet. Ihm wird vorgeworfen, aus Verärgerung über die Justizbehörden zum Jahreswechsel mehr als 50 Brandanschläge verübt zu haben.
"Was haben Sie mit meinem Sohn gemacht?", fragte die Mutter, der in Deutschland 19-facher Betrug vorgeworfen wird. Sie soll Mieter um ihre Kaution betrogen und 2004 eine Brustvergrößerung nicht bezahlt haben. Vor Gericht fragte sie sich laut, ob ihr Sohn verschwunden oder tot sei. Sie beschrieb ihn als psychisch krank und fragte, ob die Nazis wüssten, wo sie und ihr Sohn lebten. Ihre nächste Anhörung wurde auf Freitag verschoben, damit sie sich einen Anwalt suchen kann.
Zuvor hatte sich herausgestellt, dass die schlimmste Serie von Brandanschlägen in Los Angeles seit den Rassenunruhen von 1992 womöglich auf das Konto eines geistesgestörten Deutschen geht. Dieser hat offenbar damit gegen die drohende Auslieferung seiner per Haftbefehl gesuchten Mutter nach Frankfurt protestieren wollen. Wenn Harry B. im Laufe dieses Mittwochs vor dem Haftrichter in Los Angeles erscheinen muss, erhoffen sich die Behörden präzise Antworten auf diese beim ersten Hören abwegig klingende Frage, die seit gestern Abend viele Medien an der amerikanischen Westküste elektrisiert.
24-Jähriger wurde am Montag festgenommen
Der 24-Jährige war am Montag in der kalifornischen Metropole von einem ehrenamtlichen Hilfspolizisten nachts in Hollywood erkannt und festgenommen worden. Los Angeles’ Sheriff Lee Bacca glaubt dem korpulenten Mann mit dem Pferdeschwanz nachweisen zu können, in den Tagen um den Jahreswechsel im Großraum L.A. insgesamt 53 Autos in Brand gesteckt und einen Sachschaden von drei Millionen Dollar verursacht zu haben. B. war den Fahndern nach einem Tipp des US-Außenministeriums ins Netz gegangen, wie die Sprecherin von Hillary Clinton, Victoria Nuland mitteilte.
Ermittler erkannten auf dem Video einer Überwachungskamera in der Nähe eines Brandanschlags einen jungen Mann wieder, der kürzlich bei einer Anhörung seiner von der Auslieferung nach Deutschland bedrohten Mutter vor der Einwanderungsbehörde in Los Angeles wüste anti-amerikanische Parolen von sich gegeben hatte. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Los Angeles bestätigte am Dienstagabend überraschend, dass Dorothee B. am 28. Dezember, also unmittelbar vor Beginn der Brandanschlagsserie, auf ausdrückliche Bitte deutscher Strafverfolgungsbehörden vorübergehend in Los Angeles in Haft genommen wurde.
Mutter bezeichnete ihren Sohn als “geisteskrank”
Was der mutmaßlichen Betreiberin eines Salons für erotische Massagen in Hollywood exakt vorgeworfen wird, wollte Mrozek zunächst nicht sagen. Der Fall sei “Verschlusssache”. Im Laufe des Abends drangen Details an die Öffentlichkeit, nachdem die 54-Jährige kurz zuvor in einer Gerichtsverhandlung selbst Rede und Antwort stehen musste. Danach wird B., die vor Jahren aus der ehemaligen Sowjet-Republik Tschetschenien nach Deutschland gekommen sein soll, von der Frankfurter Polizei seit 2007 per Haftbefehl gesucht. Ihr wird Betrug in mindestens 19 Fällen vorgeworfen. Unter anderem soll sie Wohnungen, die ihr nicht gehörten, untervermietet und Mietkautionen unterschlagen haben. Einen Schönheits-Chirurgen, der 2004 bei ihr eine Brust-Vergrößerung vornahm, soll sie mit gefälschten Unterschriften um mindestens 10 000 Euro geprellt haben. In der Gerichtsverhandlung am Dienstagnachmittag ging Frau B., die von der zwischenzeitlichen Festnahme von Harry B. offensichtlich nichts wusste, Richterin Margaret Nagle hart an. “Wo ist mein Sohn?", rief sie entrüstet, "ist er tot? Vielleicht haben die deutschen Nazis unsere Adresse herausgefunden.” Dorothee B. bezeichnete ihren Sohn in gebrochenem Englisch als “geisteskrank”. Dazu passt nach Ansicht von Ermittlern das entrückte Grinsen, das der füllige Mann bei seiner Festnahme auf den Sunset Boulevard von Hollywood zeigte.
Die Festnahme des 24-Jährigen, der offenbar seit Oktober mit seiner Mutter in der Nähe des regelmäßig von Touristen besuchten Grauman's Chinese Theatre in Hollywood wohnte, gelang, nachdem Shervin Lalezary, ein ehrenamtlich eingesetzter Aushilfspolizist, bei einer Kontrollfahrt auf dem Sunset Boulevard einen blauen Dodge-Van erkannte. B. wehrte sich nicht. In seinem zur Fahndung ausgeschriebenen Auto mit kanadischer Zulassung wurden laut Polizei verschiedene Utensilien sichergestellt, die zur Brandstiftung geeignet seien. Mutter und Sohn B. hatten vor ihrem Umzug nach Kalifornien dem Vernehmen nach in Vancouver gelebt. Harry Burkhart zeigte bei seiner Festnahme tschetschenische Ausweispapiere vor.
Ermittler verwundert, dass “ein Mann allein in vier Tagen 50 Mal unentdeckt zuschlagen kann”
Weiter ungeklärt ist die Frage, ob der in Untersuchungshaft sitzende Tatverdächtige allein handelte oder Komplizen hatte. Ermittler, die sich anonym gegenüber Medien äußerten, zeigten sich verwundert, dass “ein Mann allein in vier Tagen 50 Mal unentdeckt zuschlagen kann”. Allein am Montag gab es binnen zwei Stunden 16 Brände.
Die Anschlagsserie, die in Hollywood ihren Anfang nahm und bis ins San Fernando Valley reichte, hatte zuletzt Hunderte Polizeibeamte, Fahnder und Feuerwehrleute in Atem gehalten. In Sonderschichten ging die Polizei, auch per Hubschrauber, rund um die Uhr auf Patrouille, um der wachsenden Angst in der Bevölkerung zu begegnen. Mark Hopper, Angestellter einer Firma für Spezial-Effekte in Hollywoods Traumfabrik, konnte sich und sein Auto in letzter Minute in Sicherheit bringen, bevor die Flammen vom Nachbarhaus übergreifen konnten. “Es ist ein Wunder, dass niemand ernsthaft verletzt wurde”, sagte der 54-Jährige.
Für die Adresse 8021 Rothdell Trail in West-Hollywood kam jede Hilfe zu spät. Vor dem Tor des Hauses, in dem einst der verstorbene Sänger der Rockband “The Doors”, Jim Morrison, seinen Hit “Love Street” komponierte, hatte erst ein japanischer Kleinsportwagen gebrannt. Kurz danach stand die auf einen Verkausfwert von 1,2 Millionen geschätzte Villa in Flammen. Seit Burkhart in Haft ist, hat es in Los Angeles nicht mehr gebrannt. “Unser Alptraum ist vorbei”, sagte ein Sprecher der Stadtverwaltung. (mit Material von dapd)