Essen. . Die „Super Nanny“ ging, der große Gottschalk sowieso. Fast unbemerkt blieb, dass Jauch sich ebenfalls verabschiedete – von „stern TV“. Nur fiel das kaum auf. In der ARD macht er fast dasselbe wie bei RTL.

Dieses Fernsehjahr war eine Zeit der Abschiede, schmählich für die einen, glanzvoll für die anderen. Am spektakulärsten trat Thomas Gottschalk ab: Er zelebrierte seinen Rückzug aus dem ZDF-Klassiker „Wetten, dass..?“ ganze zwölf Monate lang.

Dabei hatte der lange Blonde nicht von der Sendung lassen wollen, vielleicht weil er ahnt, dass „Wetten, dass...?“ nicht ohne Gottschalk funktioniert und Gottschalk nicht ohne „Wetten, dass..?“. Im vorigen Jahr hätte der fränkische Gaudi-Bursch aus Europas einstmals erfolgreichster Fernsehshow aussteigen können. Angesichts seines 60. Geburtstag wäre gnädig übersehen worden, dass die Strahlkraft des Berufs jugendlichen Lockenkopfs etwas verblasst war. Doch erst der fatale Unfall von Wettkandidat Samuel Koch erzwang Gottschalks Rückzug. Er machte eine Abschiedstournee machte daraus, drei Nostalgie-Ausgaben im Herbst inklusive. Gottschalks Rechnung ging auf. Das Publikum verzieh, und er ging im Triumph.

Der böse Charlie Sheen

Ein anderer Publikumsliebling hat den Bogen hingegen womöglich überspannt: US-Comedian Charlie Sheen. In der SitCom „Two and a Half Men“ mimte der 46-jährige Sohn des Schauspielers Martin Sheen Werbejingle-Komponist Charlie Harper. Das Publikum mochte Sheen als smarten Frauenvernascher sehr, weil er zu leben schien, was er spielte: Sex, Drogen und Rock’n’Roll. Als Sheens Auftritte immer gewälttätiger und immer bizarrer wurden, zog US-Sender CBS nach acht Jahren die Reißleine.

Sein schlechtes Benehmen wäre für „Super Nanny“ Katharina Saalfrank eine echte Herausforderung gewesen. Die RTL-Expertin für schwererziehbare Härtefälle hätte Sheen auf die stille Treppe setzen oder wahlweise in die Wuthöhle schicken können. Für die „Super Nanny“ hätte Sheen den Vorteil gehabt, dass seine schrille Lebensgeschichte gar kein Drehbuch gebraucht hätte. Allein, Saalfrank und Sheen kamen nie zusammen, und die üblichen Verdächtigen bei der „Super Nanny“ waren offenbar so langweilig, dass RTL ihre Probleme geringfügig dramatisierte. Und als sich obendrein immer mehr Zuschauer abwandten, trennten sich die Wege von Pädagogin und Sender. Als Begleitmusik gab es ein paar Misstöne.

Aus für Marianne und Michael

Misstöne gab es auch bei Marianne und Michael. Dabei steht das Volksmusik-Duo für exakte Gegenteil: Das singende Ehepaar verkörpert Harmonie nach Noten wie sonst kaum ein anderes im Showgeschäft, Kurt Felix und Paola ausgenommen. Von 1993 bis 2010 gehörten Marianne und Michael so fest zum Weihnachtsprogramm des ZDF wie die Krippe zum Christkind. In diesem Jahr war Schluss mit lustig. „Wir sind traurig“, jammerte das Paar prompt.

Deutlich lockerer nahm Udo Lattek den Abpfiff als Fußball-Experte des Nischensenders Sport 1. „Ich habe über 750 Sendungen gemacht, bin der einzige, der seit 1995 noch dabei ist“, sagte der frühere Meister-Trainer. Daraus folgerte er: : „Jetzt will ich den Absprung nicht verpassen.“ 1:0 für Lattek.

Quasi in der Nachspielzeit ging MDR-Gründungsintendant Udo Reiter. Immerhin war der mächtige Medienmann aus Leipzig schon 67, als er den Bettel hinwarf – vorzeitig. Zwei Skandale hatten ihm die Entscheidung erleichtert: Erst der MDR übersehen, dass der Sender-Vize des Kinderkanals Ki.ka einen Selbstbedienungsladen eingerichtet hatte, dann wurde offenbar, dass der Unterhaltungschef des MDR, Udo Foht, selbst einen Hang zu kreativer Finanzierung hatte. Das fand letztlich niemand mehr witzig.

Schmidt gegen Pocher

Unterhaltungswert hingegen besitzt das ewige Geplänkel zwischen Harald Schmidt und seinem ehemaligen Junior-Partner Oliver Pocher. Bei Pocher spaßte unter Ausschluss der Öffentlichkeit, Sat.1 verlor schließlich die Nerven und feuerte ihn. Zum Schaden kam der Spott, ausgerechnet von Schmidt: Neben „Wetten, dass..?“ gehe „ein weiterer großer Erfolg im deutschen Fernsehen zu Ende“. Nachdem er ebenfalls zum Bällchensender gewechselt war, sorgte Dirty Harry für den Überdreh: Ihm gelang es, Pochers Quoten noch zu unterbieten. Unterschied zwischen den beiden: Der Spottvater bleibt – vorerst.

Ein Neuanfang

Ach ja, dann gab es noch einen Abschied, der durch einen Neuanfang überlagert wurde. Günther Jauch verließ „stern TV“ bei RTL nach 21 Jahren. Dass das Ende kaum auffiel, hat einen schlichten Grund: Jauchs Polit-Talk im Ersten bleibt „stern TV“, nur gebühren-finanziert.