Coesfeld. Der Prozess um die Misshandlungen von Bundeswehr-Rekruten in einer Kaserne in Coesfeld muss teilweise neu aufgerollt werden. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Nun drohen vier früheren Ausbildern härteres Strafen. Das sei man dem "Ansehen der Bundeswehr schuldig", hieß es.
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat vier der fünf Urteile im Coesfelder Bundeswehr-Skandal aufgehoben. Die Mitschuld der Angeklagten an den Misshandlungen von Bundeswehrrekruten müsse noch einmal geprüft werden, begründete der BGH am Mittwoch seine Entscheidung. Dies sei für die Angeklagten und das Landgericht Münster sicher nicht leicht, sagte der Vorsitzende Richter Armin Nack. Man sei es aber dem «Ansehen der Bundeswehr schuldig, dass alles korrekt abläuft». Es gebe eine besondere Verantwortung dafür, dass Rekruten in der Grundausbildung korrekt behandelt und nicht schikaniert würden.
In den beiden Ausgangsverfahren mussten sich die fünf Ausbilder unter anderem wegen Körperverletzung verantworten, weil sie Rekruten in einer unzulässigen Geiselnahmeübung misshandelt hatten. Ein Unteroffizier war deshalb zu 18 Monaten auf Bewährung verurteilt worden, ein weiter zu einer Geldstrafe von 2400 Euro. Die anderen Angeklagten waren freigesprochen worden.
Wasser in Mund und Nase gepumpt
Die Bundesanwaltschaft, die die Revision der Staatsanwaltschaft vertrat, beantragte eine Aufhebung dieser Urteile und eine Neuverhandlung vor einer anderen Strafkammer des Landgerichts Münster. Diese Angeklagten hätten «wissentlich und willentlich einen objektiven Beitrag für das anschließende Verhör geleistet». Dabei war Rekruten mit Gewalt Wasser aus einer Kübelspritze in Mund und Nase gepumpt worden, so dass sie zum Teil keine Luft mehr bekamen.
Eine Aufhebung des Urteils forderte die Bundesanwaltschaft auch hinsichtlich eines weiteren ehemaligen Stabsunteroffiziers, der im November 2007 vom Landgericht Münster lediglich zu einer Geldstrafe von 2400 Euro wegen Misshandlung von Untergebenen verurteilt wurde. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass er einem Rekruten, der sich über zu stramme Fesseln an den Händen beschwert hatte, die Kabelbinder noch fester zog, so dass sie ins Fleisch schnitten.
Stabsunteroffiziere fordern Freispruch
Aber auch mehrere verurteilte Stabsunteroffiziere wollen vor dem höchsten Gericht für Strafsachen eine Aufhebung ihrer Verurteilungen erreichen. Einer war zu einer Bewährungsstrafe, der andere zu einer Geldstrafe von 2.400 Euro verurteilt worden.
Gegenstand des Strafverfahrens ist das Wehrstrafgesetz: Danach erhalten Vorgesetzte drei Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe, wenn sie Untergebene körperlich misshandeln oder ihre Gesundheit schädigen. Auch auf die entwürdigende Behandlung von Untergebenen steht Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. (ap/ddp/afp)