Toronto. .
Die letzten Schritte waren die schwersten und am Ende war Fauja Singh nur noch glücklich: Nach acht Stunden, elf Minuten und sechs Sekunden überquerte er beim Hafen-Marathon in Toronto als letzter die Ziellinie. Doch das dürfte ihm völlig egal gewesen sein.
Denn Singh hat bei seinem Lauf etwas Einmaliges erreicht: Mit 100 Jahren ist er jetzt der älteste Mensch der Welt, der die über 42 Kilometer lange Marathon-Strecke je vollendet hat. Damit dürfte es der indisch-stämmige Brite bis ins Guinnessbuch der Rekorde bringen.
„Gott hat mir die Begabung gegeben zu laufen“, erklärte Singh im Fernsehen und fügte hinzu: „Also bin ich eben gelaufen.“ Nach dem Rennen habe er sich gefühlt wie „frisch verheiratet“. Tausende Zuschauer hatten den gläubigen Sikh, der mit einem orangefarbenen Turban und der passenden Startnummer „100“ angetreten war, entlang der Route angefeuert. Begleitet wurde er bei seinem Rekordlauf nur von einigen Familienangehörigen und Freunden.
Keine besondere ärztliche Betreuung
Eine spezielle Betreuung durch Ärzte hielt Singh nicht für nötig. „Die hätten ohnehin nicht mit uns mithalten können“, scherzte sein Trainer, Harmander Singh. Am Ende brauchte sein Schützling zwar etwa sechs Stunden länger als der Sieger des Rennens, der Kenianer Kenneth Mungara. Für einen Mann seines stolzen Alters war es dennoch eine äußerst bemerkenswerte Leistung. Zumal es erst der achte Marathon-Lauf in Sighs langem Leben war.
„Laufen hält mich gesund und motiviert“, erklärte Singh, der 1911 auf einer Farm im ländlichen Indien geboren wurde und der seit den 60er -Jahren in Großbritannien lebt. Schon als Jugendlicher war Singh ein talentierter Läufer, danach ließ den Sport aber lange schleifen. Bis eine Lebenskrise ihn vor etwa 20 Jahren wieder zum Rennen gebracht hat. Damals verlor er durch ein tragischen Unfall seine Frau und sein Sohn. Das Laufen habe ihm dabei geholfen, einen neuen Sinn im Leben zu finden.
Mehrere Weltrekorde
Also trainierte er fleißig, bis er schließlich im stattlichen Alter von 88 Jahren zu seinem ersten 20-Kilometer-Rennen antrat. Ein Jahr später folgte in London sein erster Marathon, 2003 stellte er beim Hafen-Marathon in Toronto in der Kategorie der über 90-Jährigen seinen ersten Weltrekord auf. Danach ging es Schlag auf Schlag: Zwölf Weltrekorde hält er nunmehr in seiner Altersklasse, unter anderem im 100-Meter-Sprint und im 5000-Meter-Lauf.
In seiner Wahlheimat Großbritannien hat es Singh dank seiner Rekorde mittlerweile zu einer gewissen Berühmtheit gebracht. Die Queen gratulierte ihm mit einer Grußkarte zu seinem 100. Geburtstag, auf Facebook hat er über 16.000 Anhänger, sogar eine Biografie wurde kürzlich über ihn geschrieben, sie trägt den Titel: „Tornado mit Turban“. Selbst hat er das Buch noch nicht studiert, da er weder Lesen noch Schreiben kann.
Laufen für gute Zwecke
Dafür aber Laufen. Über zwölf Kilometer läuft oder geht er jeden Tag, um sich fit zu halten. Der 52 Kilo leichte Mann ist ein überzeugter Vegetarier, bevorzugt Tee, Toast, Currygerichte. Möglichst lange will er auf diese Weise noch gesund bleiben, denn bei seinen Rennen sammelt der Bartträger regelmäßig auch Geld für gemeinnützige Organisationen, die Kinder oder Kranke unterstützen oder sich für den Tierschutz einsetzen.
Welchen Tipp hat er für Menschen, die im hohen Alter so fit sein wollen wie er? „Ältere sollten viel lachen, stressfrei leben und sich von der Vorstellung lösen alt zu sein.“