Willmersbach. . Fast 500 mal soll ein Mann im bayerischen Willmersbach seine Tochter missbraucht haben. Im Dorf wunderten sie sich, dass die junge Frau so oft schwanger wurde. Inzwischen ist sie weggezogen, der Vater sitzt in Haft.

Umgeben von Maisfeldern, Wiesen und Feldern liegt das fränkische Dorf Willmersbach verschlafen in einer Senke. Über 34 Jahre hinweg soll in dem Ort in Mittelfranken eine heute 46 Jahre Frau von ihrem Vater missbraucht worden sein und sogar drei Söhne mit ihm gezeugt haben.

„Vermutet haben so etwas ja viele“, erzählt ein 50-Jähriger aus einem Nachbarort, der gern seine Jogging-Runden durch Willmersbach dreht. Er selbst habe die heute 46-Jährige zwar nie zu Gesicht bekommen. Aber er wisse, dass sich im Dorf alle gewundert hätten, weshalb sie so oft schwanger war, obwohl sie keinen Mann gehabt habe. Bekannt geworden war der Fall erst am Dienstag.

Anklage spricht von 497 Vergewaltigungen

Das Haus, in dem sich der jahrelange Inzest abgespielt haben soll, liegt im oberen Bereich des Dorfes - fast schon an dessen Rand. Vor dem weißen Haus mit den dick umrandeten Fenstern und der Garage ist es sauber aufgeräumt. Ein Mann öffnet die Tür und raucht eine Zigarette. Er sei der Sohn des Angeklagten, erklärt er. Auf die Frage nach seinem Wohlbefinden antwortet er knapp: „Geht schon.“ Er wolle nicht mit der Presse sprechen, sagt er. Er erklärt aber, dass seine Schwester nicht zu Hause sei.

Sie soll nach den Worten eines Nachbarn schon seit längerer Zeit in einen anderen Ort gezogen sein, etwa 20 Autominuten entfernt. Sie sei weggegangen, als „das alles hier rauskam“, erzählt der 42-Jährige, der seit elf Jahren in der Nähe des mutmaßlichen Tatorts wohnt. Seinen Namen will er nicht nennen.

Die ersten Übergriffe, als sie 12 oder 13 war

Der 69 Jahre alte Rentner sitzt nach Angaben der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth seit März in Untersuchungshaft. Gegen ihn wurde Anklage unter anderem wegen Vergewaltigung in 497 Fällen erhoben. Der Mann habe sexuelle Kontakte zu seiner Tochter zugegeben, jedoch von einvernehmlichem Sex gesprochen. Laut Staatsanwaltschaft soll er seine Tochter erstmals im Alter von 12 oder 13 Jahren mit Schlägen zum Geschlechtsverkehr gezwungen haben.

Mit der Familie habe er nie Probleme gehabt, erzählt ein Nachbar. „Wenn wir uns begegnet sind, dann waren sie freundlich und haben gegrüßt.“ Das mutmaßliche Opfer habe er selten zu Gesicht bekommen. „Nur ab und an beim Einkaufen - und da war immer der Vater dabei.“ Groß und schlank sei der Rentner. Seinem Auftreten nach habe er zu Hause „die Herrschaft geführt“, erinnert sich der Mann. Die Ehefrau des 69-Jährigen habe er oft mit blau geschlagenen Augen gesehen.

Nach dem Tod eines Kindes flog der Fall auf

Die Übergriffe flogen auf, als die 46-Jährige nach dem Tod eines ihrer Kinder versucht hatte, die Ehefrau eines Arztes zu erpressen und deswegen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Wenige Wochen vor der Inhaftierung ihres Vaters vertraute sie sich ihrer Bewährungshelferin an und erzählte ihr von den Taten.

Über das, was hinter den Fenstern passiert sein könnte, habe es im Dorf immer wieder Gerüchte gegeben, sagt der Nachbar. Etwas unternommen habe aber keiner. „Es gibt Leute, mit denen will man nichts näher zu tun haben“, unterstreicht der Mann. Dass jetzt aber alles an die Öffentlichkeit gekommen ist, finde er „in Ordnung“.

dapd