Niagara Falls. Stuntman und Artist Nik Wallenda hat sich vorgenommen, im kommenden Jahr auf einem nur fünf Zentimeter breiten Hochseil die Niagara-Fälle zu überqueren. Seine Entscheidung steht - es fehlt nur noch die Genehmigung der kanadischen Behörden.
Geplant ist der Stunt des Jahrhunderts: die Überquerung der Niagara-Fälle. 50 Meter über dem Abgrund, auf einem Hochseil nur fünf Zentimeter breit. „Davon habe ich mein Leben lang geträumt“, schwärmt Nik Wallenda. „Ich werde durch die Gischt balancieren, dann im Nebel verschwinden und erst ganz zum Schluss wieder auftauchen.“
Nik Wallenda ist Drahtseilkünstler. Der Nachfahre einer deutsch-amerikanischen Zirkusfamilie hat mit seiner Balancierstange schon Wolkenkratzer-Schluchten bezwungen, auf Riesenrädern getanzt und Ströme überquert. Mit seinen Tricks hat er es bis ins Guinnessbuch der Rekorde gebracht. Einen Eintrag bekam er etwa für den höchsten Hochseilakt auf einem Zweirad über dem Meer.
Der in Sarasota (Florida) geborene Stuntman sammelte bereits mit zwei Jahren im Kreise seiner Familie erste Zirkus-Erfahrungen als Clown. Als er vier war, balancierte er das erste Mal über das Seil. Mit 13 hatte Wallenda seinen ersten professionellen Seiltanz-Auftritt.
Als Jugendlicher trug sich der Artist dann mit dem Gedanken, wie sein Urgroßvater Arzt zu werden. 1998 fiel jedoch die Entscheidung gegen die Mediziner-Laufbahn. In Detroit präsentierten sein Vater Terry Troffer und Mutter Delilah Wallenda mit Nik und vier weiteren Familienmitgliedern eine Sieben-Mann-Pyramide auf dem Hochseil. „Da wusste ich, wofür ich geboren bin“, sagt Wallenda heute.
Dreiciertelstunde ohne Halt und Boden
Eines aber hat er noch nicht geschafft: die Überquerung jener berühmten Niagara-Fälle im Grenzgebiet Kanadas und der USA, die mit zwölf Millionen Besuchern im Jahr zu den bekanntesten Touristenmagneten der Welt gehören. Im kommenden Jahr will der 32-Jährige es endlich angehen: Wallenda will auf einem 600 Meter langen Seil von einem Ufer der Fälle zum anderen schweben, eine Dreiviertelstunde lang ohne Halt und doppelten Boden.
Begleitet wird er lediglich von ein paar Rettungstauchern und Hubschraubern, die stets in Bereitschaft sind. Wallenda wäre der erste Mensch seit über 100 Jahren, dem das gelingt. Doch die Aktion ist kein Selbstläufer. Denn eigentlich sind solche Stunts verboten, seit im vergangenen Jahrhundert Dutzende Abenteurer an den Fällen ums Leben kamen. Manche hatten sich in Tonnen oder Booten das Wasser heruntergestürzt, andere wollten sie wie Wallenda mit dem Seil bezwingen.
Kompliziert ist der Plan, weil die Fälle zum Teil von den USA, zum Teil von Kanada verwaltet werden. Die US-Regierung hat dem Artisten zwar eine Ausnahmegenehmigung erteilt, um das Spektakel zu ermöglichen. Sie erhofft sich viel Publicity und klingelnde Kassen für ihre Hoteliers und Restaurant-Betreiber.
Oder der Grand Canyon
Die kanadische Seite aber will bislang nicht mitspielen. Derartige Mutproben seien mit dem Image der Niagarafälle als eines der größten Naturwunder der Welt nicht vereinbar, erklärte die dortige Parkbehörde.
Wallenda aber gibt nicht auf. Er habe in seiner Karriere gelernt, auch Hindernisse zu überwinden, die als unüberwindbar gelten, erklärte er im kanadischen Fernsehen. Mit neuen Zugeständnissen in Sachen Sicherheit will er die Kanadier doch noch überzeugen. Falls dies nicht gelingt, hat er einen Plan B: Dann will er eine Drahtseil-Route nutzen, die nur am amerikanischen Ufer verläuft. Die ist vielleicht nicht ganz so spektakulär, aber besser als nichts.
Außerdem bliebe ihm ja noch sein größter Traum: Auf einem Hochseil als erster den Grand Canyon zu überqueren. Die Genehmigung hat Wallenda bereits eingeholt.