London. . In der Nacht zu Mittwoch sind in Birmingham drei Männer überfahren worden. Angeblich wollten sie ihre Nachbarschaft vor den Krawallen schützen. Die Unruhen weiteten sich derweil auf weitere Städte aus, in London blieb es eher ruhig.
Am Rande der Krawalle in Großbritannien sind in der Nacht zum Mittwoch drei Männer ums Leben gekommen. Sie wurden nach Angaben der Polizei bei Ausschreitungen in der zentralenglischen Stadt Birmingham von einem Auto erfasst. Einem Bericht des Rundfunksenders BBC zufolge waren die Männer kurz vor dem Vorfall aus einer Moschee gekommen und wollten ihre Nachbarschaft während der Unruhen schützen. Die Polizei bestätigte dies zunächst nicht. Ihren Angaben zufolge wurde ein Verdächtiger wegen des Verdachts auf vorsätzliche Tötung festgenommen.
Während sich die Behörden in London am Dienstagabend mit 16.000 Polizisten auf mögliche weitere Unruhen vorbereiteten und dort eine gespenstische Ruhe herrschte, kam es andernorts erneut zu chaotischen Zuständen.
Hunderte teils maskierte Jugendliche liefen in Manchester durch das Stadtzentrum, warfen Schaufensterscheiben ein und plünderten Schuh- und Kleidungsgeschäfte sowie einen Elektromarkt. Zudem setzten sie mehrere Gebäude in Brand und schleuderten Wurfgeschosse auf die Polizisten.
In Nottingham warfen Randalierer mit Brandsätzen, setzten eine Schule sowie ein Fahrzeug vor einer Polizeiwache in Brand, berichteten die Sicherheitskräfte. 90 Personen wurden festgenommen, Berichte über Verletzte lagen zunächst nicht vor. Weder Manchester noch Nottingham waren zuvor von den Ausschreitung betroffen gewesen. Zudem gab es erstmals kleinere Zusammenstöße in Leicester, Wolverhampton und West Bromwich.
Krawalle in England
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Geschäfte und Cafés schlossen früher
In London hatten viele Geschäfte und Büros aus Sorge vor neuen Unruhen vorzeitig geschlossen. Auch Cafés, Restaurants und Pubs hatten sich dafür entschieden, die Nacht über zu schließen. In vielen normalerweise belebten Straßen herrschte Stille. Einige Bewohner der Hauptstadt hatten sich darauf vorbereitet, ihre Häuser und Geschäfte zu schützen. In Tottenham bekämpfte die Feuerwehr einen Großbrand im Bereich eines Recyclingzentrums und Treibstofflagers, wobei nicht klar war, ob das Feuer etwas mit den Unruhen zu tun hatte.
Der Chef der rechtsgerichteten English Defense League (EDL) kündigte an, die Gruppe wolle Mitglieder auf die Straßen schicken, um die Unruhen in mehreren britischen Städten zu ersticken. So sei geplant, dass in Luton - dem Sitz der Gruppe - aber auch in Manchester und anderen Orten bis zu 1.000 Mitglieder ausrücken sollten, sagte EDL-Anführer Stephen Lennon der Nachrichtenagentur AP. Lennon sagte, er könne nicht garantieren, dass es keine gewaltsamen Auseinandersetzungen mit randalierenden Jugendlichen geben werde.
Einige Mitglieder würden bereits Patrouillen laufen, um Randalierer abzuschrecken, sagte Lennon. Hunderte weitere würden ihnen am Mittwoch folgen. „Wir werden die Unruhen stoppen, die Polizei ist dazu offensichtlich nicht in der Lage“, sagte er. Die EDL war von dem geständigen norwegischen Attentäter Anders Behring Breivik in seinem Manifest als inspirierend beschrieben worden. Breivik hatte im vergangenen Monat bei zwei Anschlägen 77 Menschen getötet.
In London sind die Gefängnisse mittlerweile überfüllt, wurden doch allein in der Hauptstadt bisher 685 Menschen festgenommen, mehr als 100 Polizisten wurden bei den Ausschreitungen verletzt. Gegen mehr als 100 mutmaßliche Randalierer in London wurde Anklage erhoben. Unter den Beschuldigten ist auch ein elfjähriges Kind.
Auslöser der Unruhen war der Tod eines Mannes, der am Donnerstag bei einem Polizeieinsatz im Londoner Stadtteil Tottenham erschossen worden war. Der vierfache Familienvater Mark Duggan wurde durch einen Schuss in die Brust getötet. Nach Angaben der unabhängigen Polizeiaufsichtsbehörde IPCC vom Dienstag wurden keine Beweise dafür gefunden, dass Duggan zuvor selber auf die Beamten schoss. Die Pistole, die in dem Taxi gefunden wurde, in dem Duggan erschossen wurde, sei nicht benutzt worden. Duggans Familie erklärte daraufhin, sie sei „bitter enttäuscht“ über die vorläufigen Ergebnisse und verlange „Antworten“ von den Behörden.
Premierminister David Cameron hatte seinen Italienurlaub abgebrochen, um am Dienstag eine Krisensitzung der Regierung zu leiten, und den Randalierern mit einer harten Linie gedroht. Eine weitere Krisensitzung war für Mittwoch geplant, am Donnerstag soll das Parlament eine Sondersitzung abhalten. Zahlreiche europäische Staaten, unter ihnen Deutschland, mahnen inzwischen zu „besonderer Vorsicht“ bei Reisen nach Großbritannien.
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