Bei schweren Ausschreitungen nach dem Tod eines 29-Jährigen durch eine Polizeikugel sind in London ein Polizist und sieben weitere Menschen verletzt worden. Die Ausschreitungen im Stadtteil Tottenham waren die schwersten seit Jahren.
Nach Protesten gegen den Tod eines vierfachen Familienvaters durch eine Polizeikugel ist es am Samstagabend zu schweren Ausschreitungen im Norden Londons gekommen. Zwei Polizeiautos, ein Doppeldecker-Bus und Geschäfte seien in Tottenham angezündet worden, teilte ein Polizeisprecher mit. Acht Polizisten seien bei den schwersten Ausschreitungen in einem Londoner Außenbezirk seit Jahren verletzt worden.
Spezialkräfte der Polizei bemühten sich am Sonntag, die Lage in dem Stadtteil der britischen Hauptstadt wieder unter Kontrolle zu bringen. Nach einem zunächst friedlichen Protest vor einer Polizeiwache in Tottenham gegen den Tod des 29-Jährigen am Donnerstag geriet die Lage am Samstag außer Kontrolle. Hunderte Randalierer hätten Brandbomben geworfen und Schaufenster zertrümmert, teilte der Polizeisprecher mit. Journalisten vor Ort berichteten von Plünderungen. Die Polizei eskortierte Feuerwehrleute, um die Brände zu löschen. Acht Polizisten mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Berichte über Festnahmen gab es zunächst nicht.
Am Donnerstag war in Tottenham ein 29-jähriger Passagier eines Taxis unter ungeklärten Umständen von der Polizei erschossen worden. Nach Angaben der unabhängigen Polizeiaufsichtsbehörde (IPCC) hatten Sondereinsatzkräfte im Zuge von Ermittlungen gegen Waffenkriminalität für eine geplante Festnahme das Taxi gestoppt. Dann seien Schüsse gefallen, vermutlich zwei aus der Waffe eines Polizisten. Zudem sei eine nicht von der Polizei registrierte Waffe am Tatort gefunden worden. Womöglich habe es einen Schusswechsel gegeben: Im Funkgerät eines Polizisten sei später eine Kugel gefunden worden.
Randale in London
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Bei den schlimmsten Ausschreitungen in Tottenham wurde 1985 ein Polizist erschlagen
Der britische Unterhausabgeordnete für Tottenham, David Lammy, rief am Sonntag zur Ruhe auf. „Diejenigen, die sich an die destruktiven Konflikte der Vergangenheit erinnern, sollten entschlossen sein, nicht dorthin zurückzukehren.“ Der Londoner Stadtteil, der vor allem für seinen Erstliga-Fußballverein Tottenham Hotspurs bekannt ist, liegt im Norden der britischen Hauptstadt und ist als sozialer Brennpunkt bekannt. Immer wieder schlagen dort Spannungen, bei denen zum Teil auch Rassismus im Spiel ist, in Gewalt um. Die schlimmsten Ausschreitungen brachen 1985 aus, nachdem eine Frau während einer Razzia der Polizei in ihrem Haus an einem Schlaganfall starb. Ein Polizist, der eine Gruppe Feuerwehrmänner schützen wollte, wurde damals von einem wütenden Mob zu Tode geprügelt. Etwa 60 weitere Beamte mussten mit zum Teil schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden.
Etwas mehr als zehn Kilometer von der Londoner Innenstadt entfernt, zählt Tottenham zu den ärmsten Gegenden Großbritanniens. Fast die Hälfte aller Kinder lebt hier Untersuchungen zufolge in Armut. Der Anteil der Ausländer zählt zu den höchsten im ganzen Land. (afp/dapd)
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