Essen. . Bei Werbebildern wird kräftig nachgeholfen, wenn es um die Schönheit geht. Jetzt hat es L’Oreal übertrieben und muss eine Kampagne mit Schauspielerin Julia Roberts stoppen.
Julia Roberts sieht gar nicht so übel aus, da sind wir uns mit Richard Gere doch einig. Für Kosmetikwerbung ist die „Pretty Woman“ allerdings nicht „pretty“ genug. Fand zumindest der L’Oreal-Konzern, der das Gesicht der 43-jährigen Hollywood-Schauspielerin für eine „Lancome“-Kampagne so saftig retuschiert hat, dass sie wie eine Julia Roberts von 1981 aussieht. Der süße kleine Leberfleck unter ihrem rechten Auge hat als einzige Unebenheit erstaunlicherweise überlebt, aber sonst strahlt uns eine übernatürliche Makellosigkeit an, die zur natürlichen Julia so gar nicht passen will.
Das war dann auch der britischen Werbeaufsicht ASA zu viel, die von „Irreführung“ sprach und das Unternehmen zwang, die Kampagne zu stoppen.
Folgt man englischen Medien, dann hat sich die liberaldemokratische Abgeordnete Jo Swinson öffentlich über die Fotos échauffiert und bei der Aufsicht beschwert. Die Werbung übe Druck auf Frauen und junge Mädchen aus, die sich mit solch unrealistischen Bildern vergleichen würden, monierte sie. Wenn L’Oreal die teuer produzierten Fotos nun einstampfe, sei das ein Erfolg und eine Botschaft an die Werbeindustrie.
Ob die Botschaft ankommt? In Frankreich hat die ebenfalls empörte Valérie Boyer, die Nicolas Sarkozys Partei angehört, im vergangenen Jahr sogar einmal einen Gesetzentwurf eingebracht, digital bearbeitete Bilder kennzeichnen zu lassen. Sie hatte mit ihrem ambitionierten Versuch keinen Erfolg.
Längst haben sich Firmen mit Namen wie „Elektronische Schönheit“ darauf spezialisiert, für Magazine möglichst symmetrische Gesichter zu erschaffen, Äderchen und Härchen verschwinden zu lassen, Beine zu verlängern, Pos zu straffen, Hände, wenn nötig, am Computer zu maniküren.
Und wer all die glatten Gesichter und perfekten Dekolletés auf den Titelbildern der Zeitschriften bestaunt, wallende Haarmähnen im Fernsehen erlebt oder zentimeterlange Wimpern in Urwaldstärke, der muss sich klar machen: Vieles ist zu schön, um wahr zu sein.
Peinlich wird es freilich, wenn es nicht beim Verdacht der Manipulation bleibt, sondern die Lüge entlarvt wird. Was schon deshalb immer häufiger passiert, weil Paparazzi sich mit gewaltigen Objektiven an den kleinen Bauchansatz, die Krähenfüße unterm Auge und die schlaffen Oberarme der internationalen Prominenz heranmachen.
Britney Spears ohne Babyspeck und Cellulite
So flog das Modelabel „Candie’s“ mit Bildern einer 27-jährigen Britney Spears auf, die es um Babyspeck und Cellulite erleichtert hatte, wie Schnappschüsse vom Teeniestar bewiesen, die wenig später entstanden waren. Die Gnade der digitalen Bildbearbeitung wurde auch Madonna für eine „Dolce & Gabbana“-Werbung zuteil, eine englische Zeitung deckte die Trickserei auf: Von sehnigen Armen und fleckiger Haut ist bei der 52-Jährigen auf den schicken Fotos natürlich nichts mehr zu sehen.
„Es gibt schon einen globalen Trend zurück zur Authentizität“, sagt allerdings Werbeprofi Frank Dopheide im Gespräch. „Es gibt den Trend, nicht mehr alles glatt zu retuschieren, weil dann die Lebendigkeit eines Werbeträgers verloren geht und eine Schaufensterpuppe übrigbleibt, die keine Identifikationskraft mehr ausstrahlt.“ Im Fall Julia Roberts sei es geradezu kontraproduktiv, nicht mit ihrer natürlichen Ausstrahlung zu arbeiten. „Das ist eine wunderschöne Frau, so wie sie ist, und so wirkt sie auch am stärksten.“
Von Julia Roberts gibt es zum ganzen Rummel bisher nichts zu hören. Sie wird es entspannt zur Kenntnis genommen haben. In einem Interview hat sie einmal gesagt, dass sie ohnehin am liebsten ungeschminkt herumläuft.