Essen. . Der Naturschutzbund ließ zählen. Jetzt gibt’s eine aktuelle Liste der Top Ten – die Amsel ist auf dem absteigenden Ast, der Sperling lebt auf. Allein in NRW halfen 5000 Menschen beim Zählen.

Sie waren alleine, zu zweit oder mit der ganzen Familie auf den Beinen. Mit Ferngläsern und Notizblöcken standen sie im Garten, auf dem Balkon oder im Stadtpark, haben die Ohren gespitzt und Ausschau gehalten. „Ja, wo fliegen sie denn?“, haben sie sich gefragt und fleißig notiert, in Duisburg und Dortmund, in Witten und Wesel. Der Naturschutzbund (Nabu) hatte Mitte Mai zur bundesweiten Vogelzählung aufgerufen. Fast 5000 Naturfreunde machten allein in NRW mit. Rund 107 000 Vögel haben sie gesehen und dem Nabu berichtet. „In ganz Deutschland wurden eine Million Vögel gesichtet“, erzählt NRW-Nabu-Sprecherin Birgit Königs.

Wie haben die Leute die Tieren auseinandergehalten? Ein schwarzes Amselmännchen zu erkennen, sei natürlich keine große Kunst, sagt Königs. „Bei schwierigeren Fällen achten Vogelliebhaber halt auf die Größe und Gestalt der Tiere, auf die Färbung des Gefieders, auf das Verhalten eines Vogels und natürlich auf seinen Gesang.“ Es gebe zudem gute Bestimmungsbücher.

Zwar konnte der Naturschutzbund noch nicht jede eingegangene Meldung auswerten. Doch die Top-Ten-Liste der Piepmätze in NRW steht. Amsel und Spatz (der Haussperling) liefern sich vorne ein Kopf-an-Kopf-Rennen, gefolgt von Kohl- (Platz 3) und Blaumeise (4), der Elster, dem Mauersegler, der Ringeltaube, dem Buch- und Grünfink. Die Mehlschwalbe, die auf Platz 10 landete, nicht zu vergessen.

Einmal jährlich lässt der Nabu Vögel zählen – nach dem Vorbild britischer Naturfreunde, die das bereits seit rund 30 Jahren mit Begeisterung als Volkssport betreiben. Die Zahlen, die der Nabu von Vogelfans online und per Post bekommt, verwandelt er in Statistiken. „Vergleicht man die einzelnen Jahre, geben diese darüber Auskunft, wie es um die Vogelwelt in unseren Städten, Gemeinden und Dörfern bestellt ist“, erklärt Königs.

Die diesjährigen Zahlen sagen ihr, dass die Amsel schwächelt. Sonst hatte der Gesangsstar, der sogar Handytöne imitieren kann, in NRW immer den Schnabel ganz vorn. „Durch die Trockenheit gibt es weniger Regenwürmer, mit der er seine Brut füttern kann.“ Dies könne die Ursache für das Amsel-Problem sein. Der Haussperling kommt mit der Wärme und Trockenheit in diesem Frühling dagegen wunderbar klar. „Er füttert seine Jungvögel mit Insekten. Und die findet er bei diesem Wetter ja reichlich.“

Rund 210 Vogelarten gibt es in NRW. Zu den Überlebenskünstlern zählen Kohl- und Blaumeise. Königs: „Beide sind sehr anpassungsfähig und nicht anspruchsvoll.“ Die Kohlmeise, der eine Portion Frechheit nachgesagt wird, ist mit ihrem typischen Rufen kaum zu überhören. Ihre kleine Schwester, die Blaumeise, ist auch lebhaft und gerne zu Besuch in Gärten, die ein paar ältere Bäume bieten.

Eine Amsel brütet in der Hecke. Foto: Julian Gebhardt
Eine Amsel brütet in der Hecke. Foto: Julian Gebhardt © Julian Gebhardt

Die Elster, Vogel Nr. 5, glänzt nicht nur mit geklautem Glitzerkram, sondern auch mit Intelligenz und Neugierde. Der Mauersegler schätzt menschliche Nähe. „Das war ursprünglich ein Vogel, der in Felsen brütete, aber deshalb auch in Städten mit Straßenschluchten klarkommt“, erklärt die Expertin. Die Ringeltaube, im NRW-Vogel-Ranking auf Platz 7, fühle sich in öffentlichen Grünanlagen, auf Friedhöfen und in größeren Gärten wohl. „Hat sie die Wahl, brütet sie in Bäumen, die Deckung bieten.“

Auf dem absteigenden Ast ist der Buchfink. „Ein Fall mit Forschungsbedarf“, meint die Nabu-Sprecherin. Der Grünfink dagegen hält sich ganz gut, hat die Vogel-Zählung gezeigt. Zum Brüten braucht er aber Hecken oder Gebüsch. Menschen, die ihn lieben, können ihn mit Kletterpflanzen an ihre Hausfassade locken.

Wenig begeistert sind viele Menschen, wenn die Mehlschwalbe ihnen zu nahe rückt. In menschlicher Nähe wählt sie rau verputzte Häuserwände unter geschützten Dachvorsprüngen. Nur hinterlässt das Nest der Schwalbe Spuren an der Hausfassade. Was mancher Schwalben-Wohnung schlecht bekommt.