Zürich. Gegen den Chef des Weltfußballverbandes wird wegen möglicher Korruption bei der WM-Vergabe ermittelt. Der Vorwurf kommt von seinem Herausforderer aus Katar - der selbst unter Verdacht steht.

Der Fußball-Weltverband FIFA ermittelt gegen seinen eigenen Präsidenten Joseph S. Blatter. Wie der Weltverband am Freitag, fünf Tage vor der Präsidentschaftswahlen in Zürich, bekannt gab, startet das Ethik-Komitee auf Anfrage von Blatters Herausforderer Mohamed Bin Hammam eine Untersuchung. Hintergrund sind mögliche Bestechungszahlungen im Zusammenhang mit der doppelten Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022, von denen Blatter gewusst haben soll. Vor allem die Vergabe der WM 2022 an den Wüstenstaat Katar hatte für Überraschung gesorgt: Das Land mit seinen 1,6 Millionen Einwohnern und extremen klimatischen Verhältnisse galt nicht als Favorit für die Ausrichtung einer Fußball-Weltmeisterschaft. Schon früh war die rede davon, dass bei dieser Entscheidung Schmiergelder geflossen sind. Blatter selbst hatte die Bewerbung Katars ausdrücklich unterstützt.

Verdacht auf Stimmenkauf

Gegen Bin Hammam wiederum wird ermittelt, weil der Verdacht im Raum steht, er habe sich per Schmiergeld Stimmen für die Ablösung Blatters als Fifa-Präsident gekauft. Die britischen Medien überschlugen sich nach dem Beginn der Ermittlungen gegen Blatter-Herausforderer Mohamed Bin Hammam mit Kritik an der FIFA. Bin Hammam reiste am Donnerstag dennoch mit breiter Brust nach Zürich. Der Katarer will Amtsinhaber Joseph S. Blatter am kommenden Mittwoch vom Thron stürzen: "Ich bin zuversichtlich, dass es nicht zu einer Anklage kommt und ich wie geplant bei der Wahl antreten werde. Meine Chancen stehen 50:50", sagte der 62-Jährige, der Amtsinhaber Joseph S. Blatter beim Kongress des Fußball-Weltverbandes am kommenden Mittwoch vom Thron stoßen will.

Ein Wahlverzicht steht für Bin Hammam nicht zur Debatte. Die Ethikkommission der FIFA hatte am Mittwoch ein Verfahren gegen Bin Hamman, Exko-Mitglied Jack Warner und zwei weitere Funktionäre des Fußball-Verbandes der Karibik (CFU) eingeleitet. Bin Hammam wird vorgeworfen, dass es im Zuge der anstehenden Präsidentschaftswahl bei einem von Warner organisierten Treffen der CFU am 10. und 11. Mai in Trinidad zu Bestechungsabsprachen gekommen sei.

Angeblich 40.000 Dollar geboten

Bin Hammam und Warner sollen den anwesenden Verbänden 40.000 Dollar (28.000 Euro) geboten haben, falls sie bei der Kampfabstimmung am 1. Juni in Zürich für den Blatter-Herausforderer stimmen. Das berichtete Exko-Mitglied Chuck Blazer (USA) dem FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke, der daraufhin die Ethikkommission einschaltete. Seit Anfang April bereiste Asiens Fußball-Boss Bin Hammam bereits 25 Länder, um Werbung in eigener Sache zu betreiben.

Für Bin Hammam ist ohnehin klar, warum die Anschuldigungen genau eine Woche vor der Kampfabstimmung in Zürich hochkochten. Der asiatische Funktionär warf seinem Kontrahenten Blatter deshalb ein linkes Spiel vor. "Wenn es irgendeine Gerechtigkeit in dieser Welt gibt, werden diese Beschuldigungen in alle Winde zerstreut. Dieser Schritt ist nicht mehr als Taktik von Leuten, die kein Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten haben, um erfolgreich die Präsidentschaftswahl zu bestehen."

Vorwürfe, die bei Blatter für Entrüstung sorgten. Er wies jegliche Beteiligung und politische Motivation am Aufkommen der Anschuldigungen gegen Bin Hammam vehement von sich. "Es ist mir keine Freude zu sehen, dass Männer, die seit Jahrzehnten an meiner Seite stehen, ohne nachgewiesenes Fehlverhalten öffentlich hingerichtet werden. Sich jetzt anzumaßen, die derzeitige Tortur meines Kontrahenten würde mich mit einer Art perversen Genugtuung erfüllen oder dass das Ganze von mir in irgendeiner Art und Weise geplant ist, ist lächerlich und komplett verwerflich", schrieb Blatter in seiner Kolumne des Internet-Blogs "Inside World Football". (sid)