Essen. Selbst Dr. Eckart von Hirschhausen hat nicht die Formel für das höchste der Gefühle entdeckt. Doch ein paar Tipps hat er schon. Okay, wie wär's dann mit Schuhekaufen fürs Glück? Kino? Tango – oder Sex? Hirschhausen winkt ab. Sex, das sei die nächste Falle. Sex, der Glückskiller Nummer eins.
Glück ist Pflicht. Wer nicht lacht, ist ein Stinkstiefel, ein gesellschaftliches Geht-Gar-Nicht. Doch wo soll man das Lachen herzaubern? In Zeiten wie diesen? Wirtschaftskrise, Finanzkrise. Gesundheitskrise. Fragen wir den Arzt und Kabarettisten Dr. Eckart von Hirschhausen, dessen Buch „Glück kommt selten allein” (Rowohlt, 383 S., 18,90 Euro) die Bestsellerlisten anführt.
Herr Doktor, wie heißt das Rezept zum Glück?
„Hm”, sagt der Mann, der eigentlich nicht übermütig guter Laune ist, wie er so reinkommt ins Kölner Savoy-Hotel, Nähe des Hauptbahnhofs. Sagen wir so: Glücks-Autoren haben ihre Botschaft doch ins Gesicht geschrieben! Hirschhausen heute nicht. Oder doch? Denn eine Erkenntnis ist auch die: Die Knöttrigen sind manchmal die Glücklicheren.
Rein evolutionsgeschichtlich gesehen waren es nämlich die Bedenkenträger, die ihr Überleben sicherten. „Weil sie skeptisch waren, immer auf der Hut.” Nur die Puppenlustigen wurden gefressen.
»Wenn du wirklich was für dich tun willst, tu was für andere«
Gut drauf zu sein, ist also gar nicht unbedingt klug, höchstens in sorgloser Umgebung, sagt Hirschhausen beim Mittagessen im Hotel-Bistro (erst Suppe, dann Nudeln). Aber wo und wann ist man mal sorglos? Genau! Denn deshalb gibt es auch keine einfache Glücksformel.
Was nicht heißt, dass man nichts weiß vom Glück. Um sich überhaupt dem Zustand Glück zu nähern, müsse man verstanden haben, dass das Glück nicht haltbar ist. Hirschhausen: „Wer gerade eine Münze auf der Straße gefunden hat, der ist glücklich. Wer jeden Tag eine findet, der nicht.” (Was nicht aufs Geld zutreffe. Bei Geld trete ein Sättigungseffekt niiiiiiie ein.) Ansonsten: Das Leben ist ein Gewohnheitstier, schon das zwingt unseren Frohsinn in die Knie.
Doch wir können unsere Unfähigkeit, glücklich zu sein, nicht nur auf die Umstände schieben. Wir selbst sind es, die es nicht gebacken kriegen, hat Hirschhausen diagnostiziert. Gern spricht er von den wissenschaftlichen Studien zur „gelernten Hilflosigkeit”, vom Exempel, das man an Hunden statuiert hat. „Die wurden in Käfige gesperrt und mit Stromstößen traktiert.” Als man die Käfigtüren öffnete, blieben die Hunde drin! „Unfassbar. Warum sind die nicht abgehauen?”
Die Unfähigkeit, das Glück zu schmieden, sei so tierisch wie menschlich. Aber irgendwie muss es doch gehen?
„Ja. Es geht. Wenn du wirklich was für dich tun willst, tu was für andere”, sagt Hirschhausen, der Egozentrikern wie Nabelbeschauern die Fähigkeit zum Glück abspricht. „Wir können uns doch nicht selbst kitzeln.” Weil das Hirn doch weiß, was kommt. „Das ist so ähnlich wie beim Sex. Immer nur allein – irgendwann denkst du: Okay – war schön, aber ich hab das jetzt auch kommen sehen.”
»Gut drauf zu sein, ist gar nicht unbedingt klug«
Glück ist was für Teamplayer. „Man kann es sogar weitergeben, ohne es zu haben. Und das hat nicht nur für Schwaben etwas sehr Attraktives. Glück ist ansteckend. Und jemand anderen glücklich zu machen und glücklich zu sehen, bringt dir viel mehr, als deinen eigenen Bauch zu pinseln”. Wenn es doch ein Rezept gibt, glücklich zu sein, dann heißt es: „Ehrenamt!”
Doch wer kann immer nur an andere denken. Man will das eigene Glück – also her mit der Familie. Der Herr Hirschhausen stochert ein bisschen still in seinem Hauptgericht herum. Überlegt, dann lacht er: „Kinder? Machen glücklich, wenn sie aus dem Haus sind.”
Er hat keine. Aber er kennt viele, die welche haben. „Alle, die Kinder haben, betonen ständig, dass sie glücklich sind. Es ist aber viel Selbsttäuschung dabei. Man kann sich ja nicht jeden Tag, wenn die Kinder mal wieder richtig schlecht drauf sind, die Frage stellen: Will ich die – oder will ich sie nicht?”
Okay, wie wär's dann mit Schuhekaufen? Kino? Tango – oder Sex? Hirschhausen winkt ab. Sex, das sei die nächste Falle. Sex, der Glückskiller Nummer eins. Weil hier wieder das schreckliche Pärchen mitspielt: Gewohnheit und Langweile. Wenn man es geschafft hat, die Gene in die nächste Generation zu katapultieren, wird der Appetit des Partners zügig gedämpft. „Das ist bei Affen, Hühnern, Kühen so.” Und Menschen sind eben auch nicht besser.
Nachhaltig glücklich, das seien nicht die Lotto-Gewinner (Statistik: nach zwei Jahren wieder so unzufrieden wie vorher), sondern Menschen, die etwas durchgemacht haben. Etwas Schweres, eine Krankheit, eine Krise. Und wieder heraus gekommen sind. „Es sind übrigens die, die kaum über ihr Glück reden wollen.” Was langfristig am gesündesten sei, sich nicht mit sich selbst zu nerven.
Im Glück, das haben wir gelernt, ist die Gewohnheit unser größter Feind. Oder sagen wir: Wie wir mit der Gewohnheit umgehen – abhängen, rumlungern. Wir können nämlich auch anders: „Oder gehen Sie zum ersten Rendezvous in Jogginghose?”