Bonn. . Körperverletzung oder doch Mord? Der Prozess um den Tod der kleinen Anna aus Bad Honnef wird neu aufgerollt. Die Pflegemutter soll das neunjährige Kind in der Wanne unter Wasser gedrückt haben.
Die neunjährige Anna ertrank am 22. Juli 2010 in der Badewanne im Haus ihrer Pflegeeltern in Bad Honnef. Ab Montag (2. Mai) nun stehen Petra (52) und Ralf (51) W. erneut vor Gericht. Das Ehepaar, in dessen Obhut sich das Mädchen seit zwei Jahren befunden hatte, soll Schuld sein am Tod des ihm anvertrauten Kindes.
Bereits im Januar und Februar war gegen die beiden verhandelt worden, damals lautete der Vorwurf auf Körperverletzung mit Todesfolge. Doch die Aussage des Gerichtsmediziners nach mehreren Verhandlungstagen ließ den Prozess platzen. Er hatte festgestellt, dass Anna nicht nur kurz, sondern mindestens drei quälende Minuten lang unter Wasser gedrückt worden sein musste. In dem nun neu aufgerollten Verfahren könnte es um Totschlag, wenn nicht sogar Mord gehen.
Bereits im Vorfeld schloss die 4. große Strafkammer als Schwurgerichtskammer des Bonner Landgerichts eine Verurteilung wegen Mordes nicht aus, wenn die bisherige Beweisaufnahme bisher auch „keine dringenden Gründe für die Annahme von Mordmerkmalen“ ergeben hätte. Die Staatsanwaltschaft wies bereits darauf hin, die neue Verhandlung zu nutzen, um die Mordmerkmale herauszuarbeiten.
Mit Klebeband fixiert
Anna war am Abend des 22. Juli 2010 vom Rettungsdienst bewusstlos in die Kinderklinik gebracht worden, wo sie verstarb. Zuvor soll sie bei einem im Hause der Pflegeeltern wohl üblichen Erziehungsritual, dem Eintauchen des Kopfes in das Badewasser, so lange von der Pflegemutter untergetaucht worden sein, bis sie blau anlief und der Pflegevater einschritt.
Bei der Obduktion zeigte sich der Körper des Kindes mit blauen Flecken übersät. In mindestens 55 Fällen soll Anna gequält, geschlagen, mit Klebeband fixiert worden sein. Nachbarn berichteten, das Kind habe sehr oft geschrien. Einmal floh es über den Balkon nach draußen.
Rolle des Jugendamtes wird geklärt
Die Pflegemutter soll ihre Erziehungsmaßnahmen mit Annas Weigerung, den Teller leer zu essen und auch sonst renitent zu sein, begründet haben.
Im ersten Prozess hatte die Pflegemutter geschwiegen, derweil der Pflegevater ausgesagt hatte. Er hatte sich und seine Frau als mit der Situation überfordert beschrieben und auch das für Anna zuständige Jugendamt in Königswinter belastet. Mehrfach habe man dort angerufen und gesagt, man werde mit dem Kind nicht mehr fertig, sei aber ständig vertröstet worden.
Die Rolle der Jugendämter und der für deren Aufgaben Verantwortlichen wird mit Sicherheit auch Gegenstand des jetzigen Verfahrens werden. Bereits im Februar war bekannt geworden, dass Annas Betreuerin nach ihrem Tod Akten manipuliert haben soll. Sogar der Bürgermeister der Stadt Königswinter war als Zeuge geladen worden, zu einer Aussage kam es aber nicht mehr.