Dresden. . Der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl soll in Dresden erstmals mit einem öffentlichen Denkmal geehrt werden. Geplant ist eine Gedenktafel in der Innenstadt. Die örtliche SPD lehnt die Initiative als „Personenkult“ ab.
Für Helmut Kohl war es eine der wichtigsten Reden überhaupt in seiner Amtszeit als Bundeskanzler. Wenige Wochen nach dem Mauerfall sprach er im Dezember 1989 vor mehreren zehntausend Menschen in Dresden. Die Bilder vom Auftritt vor der Ruine der Frauenkirche gingen um die Welt. Mehr als zwei Jahrzehnte später soll dem heute 80-Jährigen nun auf dem Neumarkt in der historischen Innenstadt von Dresden ein Denkmal gesetzt werden. Das zumindest fordern CDU und FDP im Rathaus der sächsischen Landeshauptstadt.
Kritiker warnen vor Geschichtsklitterung und Personenkult. Das letzte Wort wird Anfang März der Stadtrat haben. CDU und FDP begründen ihren Vorstoß damit, dass der 19. Dezember 1989 nicht nur ein bedeutender Tag für die Stadt Dresden sei. Er markiere zugleich einen Meilenstein zur Beendigung des Kalten Krieges in Deutschland, Europa und der Welt. Nach den Plänen der bürgerlichen Parteien soll mit einer "Denkmalstätte als Ort der Erinnerung" an die Rede Kohls und den "Einheitskanzler" erinnert werden. "Die Zeit ist reif", sagt CDU-Stadtrat Sebastian Kieslich, einer der Initiatoren.
An jenem Dezembertag Ende 1989 hatten sich rund 50.000 Menschen in der Innenstadt von Dresden versammelt. Viele schwenkten schwarz-rot-goldene Fahnen. Auf Plakaten hieß es "Deutschland einig Vaterland", immer wieder waren "Wir sind ein Volk"-Rufe zu hören. Kohl griff die Stimmung auf, vermied es aber, sie weiter anzuheizen, um die Siegermächte nicht zu brüskieren. Er begrüßte die Zuhörer als "liebe Landsleute" und sagte dann schließlich den Satz, auf den die Menge sehnsüchtig gewartet hatte: "Mein Ziel bleibt, wenn die geschichtliche Stunde es zulässt, die Einheit unserer Nation."
Denkmal am Platz der Frauenkirche
Später bezeichnete Kohl den Dresden-Auftritt als sein Schlüsselerlebnis auf dem Weg zur deutschen Einheit. Dort sei ihm klar geworden, dass die Vereinigung schneller kommen würde als zunächst angenommen.
Genaue Pläne für das Denkmal gibt es noch nicht. Denkbar sei eine Gedenktafel oder eine Stele, heißt es bei CDU und FDP. Klar ist nur, dass der CDU-Politiker auf dem Neumarkt geehrt werden soll. Dort, wo auch die wieder aufgebaute Frauenkirche steht. Dass Lokalzeitungen bereits Fotomontagen zeigten mit dem Kopf von Kohl auf dem Denkmal des Reformators Luther vor dem Gotteshaus, ärgert die Befürworter. "Das ist totaler Quatsch", sagt Kieslich. Man wolle natürlich kein Denkmal, wie es vor hundert Jahren üblich gewesen sei.
20 Jahre Deutsche Einheit
Eine fünfstellige Summe könnte das umstrittene Projekt kosten. Die Stadtkasse wird nach den Plänen zwar nicht belastet, denn das Geld soll zum großen Teil aus einem Landesprogramm "Denkmalstätten 20 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit" kommen. Die Stadtspitze hofft auf bis zu 30.000 Euro, denkbar seien auch Spenden.
SPD lehnt Personenkult um Kohl ab
Aber auch so ist das Vorhaben heftig umstritten. Im Finanzausschuss gab es zuletzt nur eine knappe Mehrheit dafür. Am 1. Februar wird sich der Kulturausschuss mit dem Thema befassen. Die endgültige Entscheidung soll am 3. März im Stadtrat fallen. Auf ihrer Seite haben die Befürworter CDU-Oberbürgermeisterin Helma Orosz. "Helmut Kohl als Kanzler der Einheit hat einen großen Anteil an der Wiedervereinigung Deutschlands", sagt sie. Mit seiner Rede in Dresden habe er den Weg für ein geeintes Deutschland gezeichnet. Die Ehrung solle ein Teil der Gedenkkultur Dresdens sein.
SPD, Linke und Grüne sind gegen ein Denkmal für den langjährigen CDU-Vorsitzenden. Grünen-Stadträtin Ulrike Hinz warnte bereits vor Geschichtsklitterung. Nicht Kohl, sondern die Bürgerrechtler und die vielen mutigen Menschen hätten den Zusammenbruch des Regimes bewirkt. Der Auftritt selbst sei eine Inszenierung gewesen. Sogar die FDP-Nachwuchsorganisation Julia hält das Ganze für keine besonders gute Idee. SPD-Fraktionschef Peter Lames schlägt in dieselbe Kerbe. Seine Partei wolle nicht, dass Dresden die erste deutsche Stadt mit einem Kohl-Denkmal werde. Eine Gedenktafel, die an die Verdienste der Menschen während der Friedlichen Revolution erinnert, würde seine Partei mittragen, betont er. "Personenkult ist mit uns aber nicht zu machen." (dapd)