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Soviel Schnee wie derzeit gab es zuletzt vor Jahrzehnten. Klimaforscher sagen, wir müssen uns in Deutschland in Zukunft auf häufigere kalte Winter einstellen. Wie passt das zum Klimawandel?

Kollabierender Bahnverkehr, blockierte Autobahnen, und einigen Städten geht schon im Dezember das Salz aus: Soviel Schnee wie derzeit gab es zuletzt vor Jahrzehnten. Klimaforscher sagen, wir müssen uns in Deutschland in Zukunft auf häufigere kalte Winter einstellen. Wie passt das zum Klimawandel?

Für Klimaforscher ist das kein Widerspruch. Zwei regional harte Winter sagen nichts über die weltweite Erwärmung aus, erklären die Forscher vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Vielmehr müsse man fragen, warum es zuvor zehn milde Winter gegeben habe. Das vergangene Jahrzehnt war das wärmste seit 130 Jahren. Und 2010 wird voraussichtlich als das weltweit wärmste Jahr seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen 1880 in die Geschichte eingehen.

Trend gestoppt

Doch in Deutschland ist der Trend nach mehr als zehn zu warmen Jahren vorerst gestoppt. Die Durchschnittstemperatur 2010 werde vermutlich bei 8,2 Grad liegen, berechnete der Deutsche Wetterdienst (DWD). In den vergangenen Jahren lag sie stets zwischen neun und zehn Grad. Blickt man indes etwa 100 Jahre zurück, stellt man fest, dass die Wintertemperatur in den letzten Jahrzehnten immer wärmer wurde und um fast zwei Grad gestiegen ist, erklärt der Klimaforscher Stefan Rahmstorf. Zwar war der letzte Winter mit einem Temperaturmittel von minus 1,8 Grad eher kalt, „er kam den Menschen aber vielleicht auch deshalb so kalt vor, weil sich die Vergleichsmaßstäbe verschieben“, vermutet Rahmstorf. Denn der Winter 2006/2007 war mit plus 4,6 Grad einer der wärmsten seit 1893. Rahmstorf: „Es gab in den letzten Jahren also keine rekordkalten Winter, wohl aber den rekordwärmsten.“

Folge der Klimaerwärmung

Es ist paradox: Eine Folge der fortschreitenden Klimaerwärmung könnten in Zukunft kältere Winter in Deutschland sein. Wie das? Wenn es wenig Eis in der östlichen Arktis gibt, begünstigt das den Einstrom kalter Polarluft nach Europa. Diese Theorie hatte kürzlich Vladimir Petoukhov vom PIK vorgestellt. Durch die eisfreie Fläche wird die Luft in unteren Schichten stärker er­wärmt, was zu einer gestörten Strömung führt, die kalten Wind nach Süden trieb, wie Simulationen ergeben haben. Bislang ist die geringe Eisbedeckung in den Wintern 2005/­2006 und 2009/2010 aufgetreten – die tatsächlich kalt waren. Wegen der Erwärmung wird die Arktis häufiger eisfrei sein. „Die vorsichtige Prognose lautet daher, dass es deshalb häufiger kalte Winter in Europa geben wird“, sagt Rahmstorf. „Keine Rekordwinter, einfach kalte Winter wie der letzte.“