Berlin. Die Feinstaubbelastung in Deutschland ist alarmierend hoch. Welche gefährlichen Folgen hat die schlechte Luftqualität für die Gesundheit?

Unter anderem Verkehr sorgt für höhere Feinstaubwerte in der Luft. (Symbolbild)
Unter anderem Verkehr sorgt für höhere Feinstaubwerte in der Luft. (Symbolbild) © dpa | Marijan Murat

Deutschland versinkt in einer gefährlichen Glocke aus Smog. Das Umweltbundesamt (UBA) warnt derzeit vor einer bundesweit „außergewöhnlich schlechten“ Luftqualität. Dies liege vor allem an der hohen Belastung durch Feinstaub, unter anderem durch die besondere winterliche Hochdruckwetterlage. Welche Regionen aktuell wie stark betroffen sind, sehen Sie auf einer Übersichtskarte des UBA.  

Die Feinstaubwerte jenseits der Grenzwerte bedrohen die Gesundheit von Millionen Menschen. Ein aktueller Bericht zeigt, in welchen Städten und Landkreisen die ständige Schadstoffbelastung zu den meisten Todesfällen im Jahr führen soll. Wie gefährlich ist der Feinstaub für die Gesundheit?

Gesundheit: Wie gefährlich ist der Feinstaub?

Mediziner halten die in den letzten Tagen gemessene Luftverschmutzung in Deutschland für durchaus gesundheitsgefährdend. So schätzt Claudia Traidl-Hoffmann die derzeitige Belastung durch Feinstaub für „sehr gefährlich“, sagte die Medizinerin gegenüber BR24. Die Direktorin des Instituts für Umweltmedizin beim Helmholtz-Zentrum München weist darauf hin, dass schon niedrigere Feinstaubkonzentrationen von 20 Mikrogramm pro Kubikmeter nachweislich negative Folgen für die Gesundheit hätten.

Ab einem Grenzwert von 50 Mikrogramm würde das Risiko nochmal sprunghaft ansteigen, infolge der Feinstaubbelastung zu erkranken. Die derzeit gemessenen Werte könnten laut der Medizinerin im Körper nachhaltig Schäden anrichten und etwa Allergien oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen.

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Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft Feinstaub als besonders gesundheitsschädlich ein. Schon geringe Mengen könnten gesundheitlichen Beeinträchtigungen zur Folge haben. Hintergrund: Die winzig kleinen Feinstaubpartikel können sowohl tief in die Atemwege eindringen als auch ins Blut übergehen. Besonders gefährlich sind laut WHO die sogenannten ultrafeinen Partikel, die kleiner als 2,5 Mikrometer sind. Diese können zum einen Schäden in der Lunge bewirken, zum anderen aber auch das Herz-Kreislauf-System belasten und Entzündungen im gesamten Körper auslösen.

App «Luftqualität» des Umweltbundesamtes auf einem Smartphone
Feinstaub, Ozon, Stickstoffdioxid: Wie es um die Luftqualität in der eigenen Region steht, lässt sich mithilfe der App „Luftqualität“ des Umweltbundesamtes herausfinden. © dpa-tmn | Christin Klose

Sind Menschen langfristig Feinstaub ausgesetzt, steigt demnach das Risiko für Atemwegserkrankungen, Herzinfarkte und Schlaganfälle. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass eine hohe Feinstaubbelastung das Risiko für Demenz steigern kann.

Krank durch Feinstaub: Wer ist besonders gefährdet?

Das höchste Risiko für Erkrankungen durch Feinstaub tragen den Experten zufolge

  • Babys und Kleinkinder,
  • Menschen im Alter von über 65 Jahren sowie
  • Personen mit einer chronischen Atemwegserkrankung oder einer Herz-Kreislauf-Erkrankung.

Der Grund: Babys und Kinder atmen – im Verhältnis zu ihrer körperlichen Größe – deutlich mehr Luft ein als Erwachsene. Außerdem ist ihre Lunge noch nicht vollständig entwickelt. Auch bei Menschen mit einer bestehenden Lungenerkrankung wie Asthma oder der chronisch obstruktiven Lungenkrankheit (COPD) kann die Feinstaubbelastung dazu führen, dass sich die Symptome verschlechtern.

Todesfälle durch Schadstoffbelastung: Diese Städte sind laut Studie Risikogebiet

Jedes Jahr sterben in Deutschland zudem zehntausende Menschen durch Feinstaub und Stickstoffdioxid in der Atemluft, wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt. Am Mittwoch (12. Februar) hat die DUH erstmals neue Zahlen der Europäischen Umweltagentur (EEA) ausgewertet und eine detaillierte Übersicht veröffentlicht. Daraus soll erstmals die Zahl der Todesfälle konkret in sämtlichen Landkreisen und kreisfreien Städten Deutschlands durch die hohe Schadstoffbelastung hervorgehen, so die DUH.

Der DUH-Auswertung zufolge sterben allein in Berlin jedes Jahr 3.527 Menschen aufgrund der hohen Feinstaubbelastung (PM2,5) sowie 1414 aufgrund von Stickstoffdioxid (NO2). Die Bundeshauptstadt liegt demnach an der Spitze, was die absolute Anzahl an Todesfällen durch Luftschadstoffe in Deutschland angeht. Gemessen an der Bevölkerungszahl allerdings liegen Bottrop (NRW) und der Landkreis Görlitz (Sachsen) vorn, wenn es um die meisten Tote durch Feinstaub (PM2,5) geht. Beide verzeichnen jeweils 150 Todesfälle je 100.000 Einwohner. Beim NO2 führt die Stadt Duisburg mit 80 Todesfällen je 100.000 Einwohnern die Statistik an.

Insgesamt kommt die zugrundeliegende EEA-Hochrechnung im Jahr 2022 deutschlandweit auf knapp 70.000 Todesfälle durch Luftverschmutzung aufgrund von Feinstaub (PM2,5) und knapp 29.000 aufgrund von Stickstoffdioxid. Zum Vergleich: Durch Verkehrsunfälle starben deutschlandweit im gleichen Zeitraum rund 2800 Menschen. Wichtig: Bei den DUH-Zahlen handelt es sich um Berechnungen auf Basis bestimmter Annahmen, über die sich laut Experten streiten lässt, und nicht um reale Todesfälle. Zudem entsteht Stickstoffdioxid ganz allgemein bei Verbrennungsprozessen, sowohl in Motoren mit Diesel und Benzin, aber etwa auch bei Waldbränden.

Todesfälle durch Feinstaub (PM2,5) je 100.000 Einwohner

  1. Bottrop und Landkreis Görlitz (150)
  2. Dresden (133)
  3. Bautzen (132)

Todesfälle durch Stickstoffdioxid (NO2) je 100.000 Einwohner

  1. Duisburg (80)
  2. Köln und Oberhausen (79)
  3. Düsseldorf (78)

Von der gesundheitsschädlichen Luftverschmutzung sind laut DUH aber nicht nur Großstädte und Ballungsgebiete betroffen: Selbst die am wenigstens verschmutzten Regionen Deutschlands verzeichnen laut Bericht jährlich dutzende Todesfälle:

  • Die Vulkaneifel erreicht deutschlandweit den niedrigsten Wert bei Todesfällen aufgrund von Feinstaub (je 84 Tote je 100.000 Einwohner).
  • Im Landkreis Vorpommern-Rügen sterben aufgrund von NO2 laut DUH jedes Jahr 22 Menschen je 100.000 Einwohner.

Vor diesem Hintergrund fordert die DUH, die als Nichtregierungsorganisation (NGO) mit politischer Agenda von Experten durchaus auch kritisch gesehen wird, von der künftigen Bundesregierung eine schnellstmögliche Umsetzung der EU-Grenzwerte für Luftschadstoffe spätestens bis 2028. Zudem müssten den Forderungen zufolge auch die deutlich strengeren Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation bis 2035 verbindlich eingehalten werden.

Feinstaub in der Luft: Wie kann ich mich schützen?

Umweltexperten und Mediziner empfehlen, in den nächsten Tagen überwiegend die Fenster geschlossen zu halten, körperliche Anstrengung im Freien zu vermeiden und, sofern möglich, auf das Auto zu verzichten. Das gilt vor allem für Menschen an Orten mit hohem Verkehrsaufkommen oder in Regionen mit hoher Dichte an Industrie – dort werden die höchsten Feinstaubwerte gemessen. Auch in Innenräumen kann man sich schützen: So sollten Menschen, die an stark befahrenen Straßen wohnen oder arbeiten, zu Stoßzeiten nicht zu lüften und die Kleidung ausbürsten. Hilfreich kann es auch sein, keine offenen Kamine zu nutzen.

Um die Luftbelastung allgemein einzudämmen, rät das Bundesumweltamt, das Auto häufiger stehenzulassen und auf Alternativen umzusteigen. Das Verbrennen von Holz etwa im Garten sollte unterlassen werden. Generell senke laut UBA ebenfalls alles die Feinstaubbelastung, was allgemein Energie spart, zum Beispiel Wärmedämmung oder die Nutzung erneuerbarer Energien.