Athen. Santorini war einst Schauplatz einer der gewaltigsten Naturkatastrophen der Weltgeschichte. Nun droht der Urlaubsinsel erneut große Gefahr.
Santorini ist für viele Griechenlandfans der Sehnsuchtsort schlechthin. Rund 3,5 Millionen Urlauber besuchen jedes Jahr die Kykladeninsel. Sie ist vor allem für ihre romantischen Sonnenuntergänge berühmt. Zurzeit liegt die Insel im Winterschlaf, die Touristensaison beginnt erst wieder im Frühjahr. Aber die Einwohner der malerischen Ferieninsel kommen nicht zur Ruhe. Seit einigen Tagen werden sie immer wieder von Erdbeben aufgeschreckt.
Am Donnerstag gab es binnen weniger Stunden gleich drei Erschütterungen. Die Erdstöße erreichten eine Stärke von 2,4 bis 3,1 auf der Richterskala. Sie waren zu schwach, um Schäden anzurichten, aber doch deutlich zu spüren. Das Epizentrum der Bebenserie liegt 13 Kilometer nordöstlich der Ortschaft Oia im Meer. Die Erschütterungen erinnern die Bewohner an eine Gefahr, die in ruhigen Zeiten schnell in Vergessenheit gerät – sie leben auf einem Vulkan.
Griechenlands Urlaubsinsel erlebte schon mehrere Vulkanausbrüche
Wie ernst Wissenschaftler und Politik die Gefahr nehmen, zeigt eine Entscheidung von Zivilschutzminister Vasilis Kikilias: Er berief am Mittwoch eine Konferenz ein, um über die Lage zu beraten. Teilnehmer waren führende Geologen, Vertreter des Katastrophenschutzes, der Rettungsdienste, der Feuerwehren sowie Kommunalpolitiker.
![Santorini von oben: Ein gewaltiger Vulkanausbruch verlieh der beliebten griechischen Urlaubsinsel einst ihr besonderes Aussehen. Satellite Imagery Of Santorini Island In Greece](https://img.sparknews.funkemedien.de/408202741/408202741_1738482918_v16_9_1200.jpeg)
Wer ihre Sorge verstehen will, muss die Geschichte Santorinis kennen: Die Insel verdankt ihre einzigartige Gestalt einer der gewaltigsten Naturkatastrophen der Menschheitsgeschichte. Was heute eine an drei Seiten von hohen Felswänden umschlossene Bucht ist, war ursprünglich ein Vulkankegel. Im 16. Jh. v. Chr. explodierte er und hinterließ einen fast 400 Meter tiefen Krater, der sich mit Meerwasser füllte. Übrig blieb nur der aus dem Meer ragende Kraterrand – das heutige Santorini.
Der damalige Vulkanausbruch, so meinen viele Wissenschaftler, war die schwerste bisher bekannte Katastrophe dieser Art. Geologen und Archäologen vertreten die Theorie, dass die durch den Ausbruch ausgelösten Tsunamis die Küstenregionen der 100 Kilometer südlich gelegenen Insel Kreta verwüsteten und zum Untergang der minoischen Kultur führten.
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Der bisher letzte größere Ausbruch auf Santorini ereignete sich 1650. Damals kamen etwa 70 Menschen ums Leben. Tausende Tiere verendeten in den giftigen Gasen, die der Vulkan ausstieß. Im Januar 1950 gab es erneut eine Eruption. Sie dauerte fast zwei Monate an. Menschen kamen nicht zu Schaden.
Vulkan auf Santorini wird von Experten ständig überwacht
Bisher gibt es zwar keine Anzeichen, dass eine Katastrophe wie von vor 3600 Jahren oder ein Ausbruch wie 1650 unmittelbar bevorsteht. In einer diese Woche herausgegebenen Erklärung des Zivilschutzministeriums heißt es: „Auf Grundlage der bisher vorliegenden Erkenntnisse gibt es keinen Anlass zu besonderer Besorgnis.“ Aber Seismologen und Vulkanologen beobachten die Entwicklung sehr genau.
![Vor allem im Sommer ist die griechische Insel Santorini eine beliebte Adresse bei Touristen aus aller Welt. GREECE-TOURISM](https://img.sparknews.funkemedien.de/408202745/408202745_1738482918_v16_9_1200.jpeg)
Eine Studie von Wissenschaftlern des Imperial College kam schon 2022 zu dem Ergebnis, dass sich unter dem Krater aufsteigendes Magma ansammelt. Geschätzt vier Millionen Kubikmeter geschmolzenes Gestein steigen pro Jahr aus der Tiefe auf. Irgendwann wird der Druck so groß, dass er sich wieder in einer gewaltigen Eruption entlädt. „Die Magmakammer stellt eine ernste Gefahr dar und könnte zu einer explosiven Eruption führen“, heißt es in der Studie.
Experten beobachten Lage genau: „Haben noch Zeit“
Ein solcher Ausbruch hätte nicht nur verheerende Folgen für Santorini. Der Ascheregen und der zu erwartende Tsunami könnten auch benachbarte Ägäisinseln wie Kreta, Rhodos, Ios, Paros und Naxos treffen. Wie viel Zeit bis zu einem neuen Ausbruch bleibt, lässt die Studie offen. Der Leiter des Forschungsteams, der Geophysiker Kajetan Chrapkiewicz vom Imperial College, nennt ein Zeitfenster von 150 Jahren. Dann könnte die Magmablase wieder das Volumen von 1650 erreicht haben.
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Erdbeben können Vorboten eines Vulkanausbruchs sein. Schon 2011 und 2012 erschütterten hunderte kleinere Erdbeben die Insel. Die Serie endete nach 14 Monaten, ohne dass es zu einem Ausbruch kam. Die griechischen Wissenschaftler sind deshalb wegen der neuerlichen Beben nicht besonders beunruhigt. „Der Vulkan von Santorini produziert etwa alle 20.000 Jahre sehr große Eruptionen“, sagt der Geologe Efthymios Lekkas. „Der letzte große Ausbruch liegt 3000 Jahre zurück, also haben wir noch viel Zeit vor uns.“ Der Geologe Kostas Papazachos, Vorsitzender eines Komitees zur Beobachtung des Vulkans von Santorini, sieht ebenfalls keine unmittelbare Gefahr. Er mahnt jedoch: „Wir müssen auch auf das ungünstigste Szenario vorbereitet sein.“ Bereits seit 2023 gibt es „Thalos 2“, einen detaillierten Notfallplan für den Katastrophenfall auf Santorini.
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