Rom. In „Hoffe“ gibt der Pontifex Einblicke in sein Leben. Ein einschneidendes Erlebnis lenkte ihn in jungen Jahren sogar von seinen Studien ab.
Die Liebe macht auch vor einem Papst nicht halt: Es ist eine der intimeren Offenbarungen, die Papst Franziskus in seiner neuen Autobiografie „Hoffe“ (Kösel-Verlag) mit der Welt teilt. Das Oberhaupt der Katholischen Kirche berichtet darin, wie er sich im Alter von 22 Jahren während seiner Zeit im Priesterseminar in Argentinien in ein Mädchen verliebte. Kennengelernt habe er sie bei der Hochzeit eines seiner Onkel. Die Schönheit der jungen Frau habe ihn stark beeindruckt. „Eine gewisse Zeit lang war mein Kopf so verdreht, dass ich nicht mal beten konnte, ohne ihr Bild vor Augen zu haben – und das ständig“, schreibt Franziskus in seiner Autobiografie, die am Dienstag, 14. Januar, in 80 Ländern erschienen ist.
Wer das geheimnisvolle Mädchen war, enthüllt der heute 88-Jährige nicht. Die Liebe zu der jungen Frau habe ihn eine Zeit lang verwirrt. Aus heutiger Sicht sei diese Phase „etwas ganz Normales“ gewesen. „Ich fände es sogar anormal, hätte ich diese Momente des Zweifels nicht erlebt“, so Franziskus weiter. „Auch heute denke ich, wenn ein junger Mann oder eine junge Frau sich vom Herrn berufen fühlt, aber nie Zweifel oder Unsicherheit empfindet, dann fehlt ihm oder ihr etwas. In diesen Fällen bin ich misstrauisch.“ Von seiner Berufung habe er sich jedoch trotz allem nicht abbringen lassen. Im Gegenteil: Es wäre ihm „nicht im Traum eingefallen, zu heiraten“, betont der Pontifex
Papst Franziskus‘ Familie entging knapp schwerem Unglück
Sein Buch ist nicht nur wegen seines Inhalts besonders: Laut Verlag ist es das erste Mal, dass ein Papst überhaupt seine eigenen Memoiren veröffentlicht. „Das Buch meines Lebens ist die Geschichte einer Reise der Hoffnung, einer Reise, die ich nicht von der Reise meiner Familie, meines Volkes, des gesamten Volkes Gottes trennen kann“, so Franziskus, der seit März 2019 an dem Text gearbeitet hat. Der Papst sei von seinem ursprünglichen Plan abgewichen und habe entschieden, seine Memoiren schon zu Lebzeiten zu veröffentlichen. Im neuen Buch tritt Franziskus nicht als Interviewter, sondern als Erzähler in Erscheinung, der mit Direktheit, Tiefgang und oft einem Augenzwinkern sein Leben Revue passieren lässt.
Er berichtet etwa über die italienischen Wurzeln seiner aus der Region Piemont stammenden Familie und die schicksalhafte Begebenheit einer verpassten Schifffahrt im Jahr 1927, die seinen Großeltern und seinem Vater Mario das Leben rettete: So sollten die drei am 11. Oktober ein Schiff von Genua aus in Richtung Buenos Aires besteigen. Sie schafften es jedoch nicht, ihr Hab und Gut rechtzeitig zu verkaufen, und sahen sich gezwungen, die Fahrt nach Argentinien zu verschieben.
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Die verpasste Abfahrt stellte sich als großer Glücksfall heraus, denn das Schicksal der „Mafalda“ ging als eines von Italiens schwersten Schiffsunglücken in die Geschichte ein. Das Passagierschiff wurde vor der brasilianischen Küste von einer Welle so schwer beschädigt, dass es sank. Rund 300 der etwa 1200 Passagiere starben.
Fußball-Begeisterung war dem Papst in die Wiege gelegt
Aus der Perspektive des Erzählers gibt Franziskus viele Einblicke in seine Kindheit. Die Autobiografie enthält viel Anerkennung für Franziskus‘ Vater Mario. Dieser habe die Familie auch durch schwierige Zeiten getragen, so der Sohn, dessen bürgerlicher Name Jorge Mario Bergoglio lautet. Fußball spielte damals für ihn eine große Rolle – als Fan des argentinischen Vereins San Lorenzo, aber auch als Spieler. Der kleine Jorge stand dabei zumeist im Tor. Denn ein großer Ballkünstler sei er nicht gewesen, gesteht der Papst. Er musste wegen Plattfüßen orthopädische Schuhe tragen.
Jorge Mario Bergoglio teilt mit dem Leser auch Erlebnisse, die ihn erschütterten und prägten. So berichtet er etwa über einen Jugendfreund aus der Schulzeit, einen begabten und gebildeten Polizistensohn, der eines Tages mit der Pistole des Vaters völlig unerwartet einen Gleichaltrigen erschoss und in eine Nervenheilanstalt eingeliefert wurde. „Es war schrecklich, ich war zutiefst verstört“, erzählt der Papst. Der Junge habe sich später das Leben genommen, berichtet er, noch immer betroffen.
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Sich selbst beschreibt Franziskus als melancholisch. So erzählt er von Besuchen bei einer Psychiaterin in Zeiten der Militärdiktatur in Argentinien (1976-1983), von seinen Neurosen und seiner Ungeduld, die ihn auch als Papst hin und wieder ins Stolpern gebracht hätten. Seine Wutausbrüche sind im Vatikan bekannt. Vielleicht gerade deshalb hebt Franziskus in seiner Autobiografie die Bedeutung des Humors und der Ironie hervor – Haltungen der Resilienz und Lebenskunst, wie er schreibt. Humor zu haben und zu lächeln seit für ihn ein „Mittel, Schwierigkeiten und Leid mit Widerstandsfähigkeit zu begegnen“. Sogar die Ironie sei doch letztlich „ein Bekenntnis zur Würde“.
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