Sydney. Australiens Strände sind offen für alle. Doch einige Strandbesucher nutzen das aus. In den Streit schaltete sich nun sogar der Premier ein.
Australien mangelt es nicht gerade an Stränden. Über zehntausend, einige sogar über 100 Kilometer lang, zieren die Küstenstreifen des Landes. Selbst wenn alle der 27 Millionen Bewohnerinnen und Bewohner gleichzeitig zum Baden gehen würden – es wäre wohl noch ausreichend Platz übrig. Trotzdem hat sich auf der Südhalbkugel ein Trend breitgemacht, der viele Leute verärgert. So stecken einige Strandbesucher „ihr Stück Sand“ bereits am frühen Morgen ab: Sie spannen sogenannte „Beach Cabanas“ – eine Art tragbares, offenes Zelt – oder stellen Sonnenschirme auf, um dann für Stunden erstmal wieder zu verschwinden. Der Platz ist aber schon mal reserviert.
Letzteres hat besonders im Internet eine Debatte ausgelöst – viele Australier, die derzeit Sommerferien und über Weihnachten und Neujahr bestes Strandwetter genossen – machten ihrem Unmut Luft. Betroffen waren vor allem die beliebten Strände in Sydney und an der Mornington Peninsula außerhalb von Melbourne.
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Empörung über Strandbesetzer in Australien: „Hier gehört der Strand jedem“
Inzwischen hat sich sogar der Premierminister des Landes eingeschaltet. Anthony Albanese wurde am Dienstag von den Moderatoren der Frühstückssendung „Sunrise“ im Fernsehen gefragt, wie er „zu dieser brennenden Frage“ stehe, die derzeit die Nation spalte. „Das geht gar nicht“, antwortete der Regierungschef kurz und bündig und erklärte, dass es schließlich eines „der großartigen Dinge an Australien“ sei, dass man hier einfach zum Strand gehen könne – im Gegensatz zu anderen Teilen der Welt, wo man für den Strandbesuch bezahlen müsse.
„Hier gehört der Strand jedem“, sagte Albanese. „Es ist ein Ort, an dem alle Australier gleich sind.“ Im Grunde sei das neue Verhalten ein Verstoß gegen dieses Prinzip. Die Moderatoren der Sendung gingen gar so weit, das Verhalten als „unaustralisch“ zu bezeichnen und forderten den Premierminister auf, ein Gesetz gegen die Praxis zu erlassen.
Vielen Australiern und Australierinnen ist der weitgehend egalitäre Geist des Landes extrem wichtig. Dies zeigte dann auch eine Umfrage der Nachrichtenseite News.com.au unter fast 11.000 Lesern und Leserinnen, wo das Anti-Cabana-Lager satte 82 Prozent der Stimmen erhielt. Einen ähnlichen Ärger hatte einst auch ein Vorschlag aus dem Jahr 2020 verursacht: Damals sollte ein Teil von Sydneys berühmtem Bondi Beach in einen privaten Club für die „Reichen und Schönen“ im europäischen Stil umgewandelt werden. Eine Petition gegen den Plan sammelte jedoch mehrere Tausend Unterschriften ein. Der Gemeinderat lehnte den Vorschlag schließlich rigoros ab.
Hohes Hautkrebsrisiko: Sonnenschutz ist für Australier entscheidend
Andererseits ist Australien das Land mit den höchsten Hautkrebsraten der Welt. Laut des Cancer Council erkranken zwei von drei Australiern in ihrem Leben an Hautkrebs. Sonnenschutz wird deswegen großgeschrieben. Schulkinder müssen breitkrempige Hüte tragen und viele Pausenhöfe sind mit Sonnensegeln überspannt. Eine Kommentatorin der australischen Ausgabe von „The Guardian“ schrieb am Mittwoch dann auch: „Ich bin Pro-Cabana.“ Australien erhalte jedes Jahr etwa 58 Petajoule Sonnenstrahlung – mehr als jedes andere Land der Erde.
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Ihre Kindheit sei geprägt gewesen von Vorträgen über die Bedeutung von „Slip, slop, slap“, wie die Australier das Tragen von T-Shirts („Slip“), Sonnencreme („Slop“) und Hüten („Slap“) nennen, sowie über den „kollektiven Terror angesichts der verschwindenden Ozonschicht“, schrieb Anna Spargo-Ryan. Cabanas seien der ideale tragbare Sonnenschutz und „in der feurigen Hautkrebsfabrik, die unser Land ist, gibt es einfach keinen Platz dafür, weniger sonnenintelligent zu sein“, so die Journalistin.
Australien hat weniger Touristen als vor der Pandemie
Ein Ansturm an Touristen wie in vielen europäischen Ländern hat übrigens nicht zur australischen Debatte beigetragen. So hinkt das Land bei den Besucherzahlen nach wie vor hinter den Jahren vor der Pandemie her: In den zwölf Monaten bis Ende Juni 2024 zählte man 7,97 Millionen Besucher und damit nur 84 Prozent der Zahlen aus dem Kalenderjahr 2019, wie es auf der Seite der Tourismusbehörde des Landes heißt.
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Etwas ausbremsen dürfte die Diskussion auch das derzeitige Wetter: Zumindest in Sydney ist für die gesamte Woche und das Wochenende regnerisches und kühles Wetter vorhergesagt.