Athen. Der Klimawandel stellt Griechenland vor immer größere Probleme – mit dramatischen Folgen, auch für Urlauber. Wovor Experten warnen.

Für Griechenland geht ein Jahr mit extremen Wetterereignissen zu Ende – genau genommen das heißeste und trockenste seit Beginn der systematischen Wetteraufzeichnungen vor 164 Jahren. Wissenschaftler warnen: 2024 wird keine Ausnahme bleiben. Noch liegen nicht alle Daten vor, aber bis Mitte Dezember lagen die Temperaturen an 272 von 348 ausgewerteten Tagen über dem langjährigen Durchschnitt.

Im Juli stöhnte das Land zwei Wochen lang unter einer Hitzewelle. An 14 aufeinander folgenden Tagen wurden Höchsttemperaturen von über 40 Grad gemessen. In der Hauptstadt Athen fielen die Temperaturen selbst nachts tagelang nicht unter 30 Grad. Vor allem für den Tourismus, einer wichtigen Einnahmequelle der Einheimischen, stellt der Klimawandel eine große Herausforderung dar. Schon in diesem Sommer zeigte sich: Immer mehr Urlauber meiden die heißen Sommermonate und kommen in der Vor- und Nachsaison.

Urlaub in Griechenland könnte bald ganz anders aussehen

Der Tourismus macht rund ein Fünftel des griechischen Bruttoinlandsprodukts aus und ist damit ein wichtiges Standbein der griechischen Wirtschaft. Doch das klassische Urlaubsmodell „Sonne, Strand und Meer“ dürfte in den kommenden Jahren an Bedeutung verlieren. Für die Tourismusbranche bedeutet das: Sie muss sich neue Angebote jenseits des Strandurlaubs einfallen lassen.

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Zumal viele Strände durch den steigenden Meeresspiegel ohnehin bedroht sind. Costas Synolakis, Professor für Umwelttechnik an der University of Southern California, sagt: „Neueste Prognosen gehen davon aus, dass der Wasserspiegel im Mittelmeer bis zum Jahr 2100 um etwa einen Meter ansteigen wird.“ Niki Evelpidou, Professorin für Geografie und Klimawissenschaften an der Universität Athen, hat 293 Strände identifiziert, die in den kommenden Jahren aufgrund des Klimawandels verschwinden könnten. Auch antike Stätten sind bedroht. Nach einer Studie von Wissenschaftlern der Universität Nottingham werden große Teile der antiken Stätten auf der Ägäisinsel Delos bis 2150 im Meer versinken.

Hitze in Griechenland: Experten warnen vor Waldbränden

Und nicht nur die Strände sind in Gefahr. Klimaforscher erwarten für Athen bis 2070 einen weiteren Anstieg der Durchschnittstemperaturen um 3,5 bis 3,8 Grad Celsius und einen Rückgang der Niederschläge um 30 Prozent. Eine Studie im Auftrag der griechischen Zentralbank sagt bis 2050 zusätzliche zehn bis 15 Hitzetage pro Jahr voraus. Darunter verstehen Meteorologen Tage, an denen die Höchsttemperatur über 39 Grad steigt und die Nachttemperatur nicht unter 26 Grad fällt.

Touristen schützen sich vor der Sonne in Griechenland
Durch den Klimawandel werden Hitzewellen in Griechenland immer häufiger und intensiver. © picture alliance/dpa | Socrates Baltagiannis

Immer intensivere Hitzewellen und längere Trockenperioden erhöhen die Waldbrandgefahr. 2024 gab es in Griechenland laut Zivilschutzminister Vasilis Kikilias rund 9.500 Waldbrände. Sie vernichteten 44.500 Hektar Wald, Olivenhaine und Zitrusplantagen. Die Zahl der Brände lag in diesem Jahr um 7,5 Prozent über dem langjährigen Durchschnitt. Experten des Katastrophenschutzes rechnen in den kommenden Jahren mit einer weiteren Zunahme der Waldbrände. Die griechische Regierung investiert nun 2,1 Milliarden Euro in die Anschaffung neuer Löschflugzeuge und -fahrzeuge. Mini-Satelliten sollen helfen, Waldbrände frühzeitig zu erkennen, bevor sie außer Kontrolle geraten.

Klimawandel geht Griechen an die Existenz

Nicht nur die Lufttemperaturen steigen. Auch das Wasser im östlichen Mittelmeer erwärmt sich immer schneller. Seit Beginn der systematischen Messungen im Jahr 1982 sind die Meerestemperaturen um durchschnittlich 0,59 Grad Celsius pro Jahrzehnt gestiegen, so eine gemeinsame Studie von Ozeanografen der Universität Athen, der Universität der Ägäis und der Aristoteles-Universität Thessaloniki. Im Jahr 1982 lag die durchschnittliche Oberflächentemperatur im östlichen Mittelmeer bei 23 Grad. 2024 wurden vielerorts über 28 Grad gemessen. Der Anstieg der Meerestemperaturen begünstigt die Bildung von sogenannten Medicanes, schweren Sturmtiefs, wie es sie früher nur in tropischen Breiten gab.

Auch die Auswirkungen auf die Meeresfauna sind massiv. In Nordgriechenland wurden im vergangenen Sommer große Teile der Muschelzucht durch steigende Meerestemperaturen zerstört. Während der Hitzewellen im Juli stieg die Wassertemperatur in den wichtigsten Muschelzuchtgebieten tagelang auf über 30 Grad. Bei solchen Temperaturen können Muscheln nicht überleben. Rund 90 Prozent der Muscheln der diesjährigen Ernte sind abgestorben.

Die Bestände, die für die Ernte im Jahr 2025 vorgesehen sind, sind sogar vollständig vernichtet. Die Muschelzüchter stehen nun vor einer existenzbedrohenden Krise. Auch viele Fischfarmen sehen wegen des Klimawandels einer ungewissen Zukunft entgegen. Nach einer Schätzung des Weltklimarates könnte bis 2060 rund ein Fünftel der genutzten Fischarten im östlichen Mittelmeer aussterben, weil das Wasser für sie zu warm wird.