Rom. Vor Lampedusa kentert in der Silvesternacht ein Flüchtlingsboot. Ein Achtjähriger hat Glück im Unglück: Sein Vater kann ihm entgegenreisen.

Der Schreck steht dem kleinen Mustafa aus Syrien noch in den Augen: Die lange Seefahrt von der libyschen Hafenstadt Zuwara in Richtung Süditalien hat den Achtjährigen fast das Leben gekostet. Das kleine Boot, mit dem Mustafa, seine Mutter und ein Angehöriger den Stiefelstaat erreichen wollten, sank am Silvesterabend unweit der Insel Lampedusa.

Die italienische Küstenwache konnte sieben Personen, darunter Mustafa und seinen Angehörigen, retten. Seine Mutter und 19 weitere Personen gelten als vermisst. Die Familie hatte versucht, nach Deutschland zu gelangen, wo Mustafas Vater lebt.

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Die Suche nach den Vermissten ist noch im Gange, bisher wurden keine Leichen gefunden. Das Kind wurde vom Personal des Roten Kreuzes auf Lampedusa behandelt. Dann der Lichtblick: Dank des Angehörigen konnte sich der Junge per Videoanruf mit dem Vater in Deutschland in Verbindung setzen.

Syrischer Junge kann Vater in Deutschland erreichen: „Ein sehr bewegender Moment“

„Es war ein sehr bewegender Moment. Mustafa ist verunsichert, aber wohlauf“, berichtete ein Retter den italienischen Medien. Das Kind verbrachte die Nacht in Lampedusa und wurde dann mit seinem Angehörigen nach Sizilien gebracht, wo es seinen Vater treffen soll.

Flüchtlingsboot im Mittelmeer
Vor Lampedusa kommt es immer wieder zu tragischen Bootsunglücken. (Symbolbild) © DPA Images | Francisco Seco

Die Hoffnung, die übrigen Schiffbrüchigen lebend zu bergen, schwindet allmählich. Im Boot saßen Migranten aus Syrien, dem Sudan und Ägypten. Nur wenige Stunden nachdem das sechs Meter lange Boot aus Fiberglas in See gestochen war, drang Wasser ein. „Wir hatten alle große Angst. Das Boot kippte und viele fielen ins Wasser“, berichteten die Migranten im Gespräch mit den Rettern.

„20 Menschen haben es nicht geschafft, festen Boden zu erreichen. Zu wissen, dass diese armen Menschen fast am Ziel waren, aber nicht landen konnten, macht einen noch größeren Eindruck. Ich hoffe, dass dies wirklich die letzte Flüchtlingstragödie ist, die wir erleben müssen“, betonte der Bürgermeister von Lampedusa, Filippo Mannino.

Italien möchte Migration an der Wurzel angehen

Die süditalienische Insel zwischen Sizilien und Tunesien gehört seit Jahren zu den Brennpunkten irregulärer Migration nach Europa. Insgesamt 278 Menschen sind allein in der Silvesternacht auf Lampedusa angekommen. Die vier Booten, in denen sie ankamen, wurden von Italiens Küstenwache aufgegriffen. Bei den Migranten handelt es sich mehrheitlich um Ägypter, Pakistanis, Syrer und Palästinenser.

Die Überquerung des zentralen Mittelmeers gilt als die weltweit tödlichste Flüchtlingsroute. 2024 starben mehr als 2.000 Menschen bei dem Versuch, auf diesem Weg nach Europa zu gelangen. Bei einem Schiffsunglück vor Tunesien waren erst kürzlich zwei tunesische Migranten, darunter ein fünfjähriges Kind, ums Leben gekommen. 17 Menschen wurden gerettet, nachdem das Boot, auf dem sie sich befanden, vor der Küste Tunesiens gesunken war. Vier Personen, die der Schlepperei verdächtigt werden, wurden festgenommen.

Im Jahr 2024 sind 65.696 Migranten nach Seefahrten über das Mittelmeer in Italien eingetroffen; 2023 waren es noch 156.844 gewesen, wie das Innenministerium in Rom mitteilte. Zur Bekämpfung von Migrationsursachen entwarf die italienische Regierung um Giorgia Meloni 2023 den sogenannten Mattei-Plan. Er sieht eine Reihe von „gleichberechtigten und vorteilhaften“ Partnerschaften mit afrikanischen Ländern und den Mittelmeer-Anrainerstaaten vor. Ziel sei es, die Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen zu stärken, unter anderem gegen Schlepperei.

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