Rom. Trotz aller Kritik hält Meloni an ihren Plänen für Asylverfahren in Albanien fest. Und setzt auf die Umsetzung eines neuen EU-Paktes.
Die beiden von Italien errichteten Flüchtlingslager in der albanischen Hafenstadt Shëngjin und im 20 Kilometer entfernte Gjadër sind ausgestorben. Lediglich wenige Polizisten kontrollieren das Aufnahmezentrum für Asylbewerber mit 880 Plätzen. Das Gelände ist von Mauern und Zäunen umgeben und wird von Videoüberwachungskameras kontrolliert.
Das albanische Fernsehen zeigte zuletzt italienische Polizisten, die in den Zentren eingesetzt werden und die zugeben, dass sie in Albanien ein Leben „wie Touristen führen“, weil die Aufnahmezentren leer und sie de facto arbeitslos sind. Eine Journalistin des albanischen Fernsehens gab sich als Touristin aus und befragte einige der 100 Polizisten, die in einem Fünf-Sterne-Hotel nahe dem Migrantenzentrum Shëngjin untergebracht sind. Diese gaben zu, die Zeit zwischen Städtebesuchen in Albanien und Sauna zu verbringen.
Das Video, das von den italienischen Medien veröffentlicht wurde, löste die empörte Reaktion der Opposition aus, die in Rom Premierministerin Giorgia Meloni Geldverschwendung in Zusammenhang mit dem Albanien-Projekt vorwirft.
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Trotz negativer Gerichtsentscheide: Meloni sieht Albanien-Plan als Vorbild für Europa
Nachdem zwei Gerichtsentscheide die Rückführung der nach Albanien gebrachten Migranten erzwungen haben, droht Giorgia Melonis Plan, über das Mittelmeer nach Europa gelangte Migranten nach Albanien zu bringen und sie dort für die Dauer der Bearbeitung ihrer Asylanträge festzuhalten, das Scheitern. Entgegen ihrem ursprünglichen Plan, Tausende von Migranten durch die beiden Flüchtlingszentren in Gjadër und Shengjin zu schleusen, bleiben die beiden Zentren unbenutzt. In der Praxis wurden sie nur für wenige Tage von kaum mehr als einem Dutzend Asylbewerbern belegt.
Ein erster Versuch der Meloni-Regierung, in Albanien über Asylverfahren im Schnellverfahren zu entscheiden, war schon Mitte Oktober gescheitert: Insgesamt 16 Männer aus Ägypten und Bangladesch durften schließlich doch nach Italien, weil ein Gericht befunden hatte, dass beide Länder keine sicheren Herkunftsstaaten sind. Die Regierung in Rom legte daraufhin per Dekret eine neue Liste mit 19 vermeintlich sicheren Herkunftsländern fest - darunter wieder Ägypten und Bangladesch. Der EuGH hatte allerdings Anfang Oktober entschieden, dass ein Staat nur dann als sicheres Herkunftsland eingestuft werden darf, wenn dort nirgends Verfolgung droht. Darauf berufen sich auch die italienischen Gerichte. Das letzte Wort haben jetzt das Oberste Gericht in Rom und die EuGh. Bis zu einem Urteil könnte es noch mehrere Monate dauern.
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Trotz aller Kritik hält Meloni an ihrem Plan fest. Sie ist überzeugt, dass ihr Albanien-Plan nicht nur funktionieren, sondern als Vorbild für ganz Europa dienen wird. In einer Ansprache im italienischen Parlament unmittelbar vor dem EU-Gipfel Mitte Dezember in Brüssel forderte die Rechtspopulistin eine schnellstmögliche Umsetzung eines neuen EU-Paktes für Einwanderung und Asyl.
In ihrer Ansprache hob Meloni die positiven Resultate ihrer Regierung im Kampf gegen die Migration hervor. Die Zahl der Migrantenankünfte sei 2024 um 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. 65.000 Migranten erreichten in diesem Jahr nach Seefahrten über das Mittelmeer die italienischen Küsten, im Vergleichszeitraum 2024 waren es noch 153.621 gewesen.