Berlin. Mit ihrer eigenen Plattform hilft Monika auch anderen Menschen über 50, Mitbewohner zu finden. Welche Voraussetzungen man mitbringen sollte.
Wenn Monika Kohut von ihrem neuen Mitbewohner erzählt, gerät sie ins Schwärmen. Ein Konzert haben sie bereits besucht, schwimmen sind sie gegangen, aber vor allem: Sie haben sich viel zu erzählen, abends bei einem Glas Wein. Kein Wunder, die beiden haben schon einiges erlebt. Er ist 53, Monika Kohut 67 Jahre alt.
Die Münchnerin sieht viel jünger aus, schlank, groß und elegant. In ihrem sonnendurchfluteten Wohnzimmer erzählt sie mit viel Temperament, wie ihre Vision entstand von einem anderen Leben im Alter sowie die Idee, „gold–wg.com“ zu gründen. Sie war Anfang 60, längst geschieden und ihr Sohn ausgezogen, als sie auf den Gedanken kam, mit Gleichgesinnten zusammenzuwohnen.
Mitbewohnersuche mit Ü-50 läuft ein bisschen wie Online-Dating
Mit wechselnden Mitbewohnern teilte sie fortan ihre Münchner Vierzimmerwohnung, „aber irgendwann war mir das zu unverbindlich, zu wenig nachhaltig“, sagt sie. Auf der Suche nach Mitbewohnern für ein langfristiges Zusammenleben fand sie im Internet nicht die eine Seite, die ihr zusagte. Und so machte sich die Dolmetscherin, die lange Zeit in der Hotellerie und im PR– und Marketingbereich gearbeitet hat, selbst an die Arbeit.
Im Mittelpunkt stand, den Suchprozess nach Wohngefährten zu systematisieren und zu optimieren, denn: „Wenn ich jemanden nett finde, heißt das ja nicht, dass er auch als Wohnpartner zu mir passt.“ Monika Kohut kam schließlich auf Matchpoints, die Übereinstimmungen und Gemeinsamkeiten zeigen – wie bei der Partnersuche. „Mit dem Unterschied, dass für eine WG mehrere Interessenten gematcht werden müssen.“ Sie fand Mitstreiter, unter anderem ihren Sohn, einen Programmierer, zwei Psychologinnen, die einen Fragebogen mit ihr erarbeiteten, sowie Studenten der Universität München, die einen Algorithmus entwickelten.
Der wertet Antworten auf Fragen aus wie: Nachtmensch oder Frühaufsteher? Eher schüchtern oder eher gesellig? Raucher? Veganer? „Der Fragebogen ist komplex und anspruchsvoll, das Ausfüllen setzt einen Bewusstseinsprozess in Gang“, erklärt Kohut. Das ist auch beabsichtigt, schließlich geht es um eine existenzielle Entscheidung. Zusammenleben erfordert Entgegenkommen. Am wichtigsten aber, so Monika Kohut, seien Respekt, Toleranz und Kompromissbereitschaft. Wer diese Eigenschaften nicht mitbringt, ist in ihren Augen grundsätzlich nicht WG–geeignet.
WG im Alter? Diese Punkte sollte man sich gut überlegen
Die Resonanz auf Gold WG ist enorm. Über 1000 Menschen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sind inzwischen registriert und interessieren sich für eine Lebensgemeinschaft zu viert, zu sechst oder auch zu acht. Ehepaare sind darunter und auch Menschen, die bereits über eine geeignete Immobilie verfügen.
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Sechs Monate empfiehlt sie für die Suche nach Wohnungspartnern, ein weiteres halbes Jahr für das Finden einer Wohnung oder eines Hauses. Sich Zeit zu lassen sei wichtig, denn die eigene Wohnung aufzugeben sei ein radikaler Schritt, ebenso die Reduzierung auf wenige persönliche Dinge, die man mitnehmen möchte. Rund 60 Matching–Points zwischen zwei oder mehr Interessenten seien eine gute Basis, so die Gründerin, letztlich entscheide aber das Bauchgefühl beim Kennenlernen. Ist der Entschluss für eine WG gefallen, gilt:
Jeder sollte sein eigenes Zimmer haben, Badezimmer und Küchen sowie Gemeinschaftsräume teilt man sich, und idealerweise gibt es auch ein Gästezimmer für Freundes-, Kinder- und Enkelbesuch. Am meisten wünschen sich die Interessenten Austausch und Kommunikation, also gemeinsam kochen, essen, plaudern. Natürlich spielt auch das Geld eine Rolle.
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Zahlen vier Menschen je 600 Euro im Monat, lässt es sich dafür schön wohnen, rechnet sie vor. Die Plattform, bislang noch kostenfrei, bietet auch juristische Beratung bei Mietverträgen, bei Bedarf Coaching der WG–Bewohner, Kennenlernworkshops sowie Unterstützung bei der Immobiliensuche.
Gründerin plant schon die nächste Vermittlungsplattform
Mittlerweile kümmert sie sich vor allem um die Öffentlichkeitsarbeit und pendelt zwischen München und Wien, wo sich Hauptsitz und Geschäftsräume befinden. Und sie arbeitet daran, eine weitere Idee zu realisieren, eine Plattform für über 50–Jährige, die sich auf dem Arbeitsmarkt schwertun.
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Doch erst mal soll Gold WG weiterwachsen. In fünf Jahren sollen hier Mitbewohner in ganz Europa vermittelt werden. Dass sie selbst es mit ihrem Wohngefährten ausgesprochen gut getroffen hat, ist sicherlich auch ihrer WG–Erfahrung zu verdanken, vor allem das Ergebnis ihres aufwendig entwickelten Suchverfahrens. „Aber“, wehrt sie die nahe liegende Frage ab, „wir sind kein Liebespaar. Und wir werden auch keines werden, ganz sicher.“ Da gelten nochmal ganz andere Kriterien.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift „Donna“, die wie diese Redaktion zur FUNKE Mediengruppe gehört.