Berlin. Sein 14-jähriger Sohn steht für Dominic Boeer an erster Stelle. Auch wenn das bedeutet, dass neben dem Job wenig Zeit bleibt für Romantik.
Ab 2. Oktober geht es mit der Erfolgsserie „SOKO Wismar“ (mittwochs um 18.00 Uhr im ZDF) weiter. Wieder mitten im Geschehen: Dominic Boeer als Kommissar Pöhlmann. Privat hat der 46-Jährige noch andere Aufgaben zu meistern – insbesondere als alleinerziehender Vater eines 14-jährigen Sohns. Dabei wird der Schauspieler immer noch von den Erinnerungen an einen lebensgefährlichen Unfall heimgesucht.
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Sie sind nicht nur Schauspieler, sondern auch politischer Berater, haben beispielsweise 2004 beim US-Präsidentschaftswahlkampf George W. Bush unterstützt. Wie passt das zusammen?
Dominic Boeer: Seit meinem achten Lebensjahr tummle ich mich als Schauspieler am Theater. Aber nachdem ich mit 18 mein Abitur gemacht hatte, dachte ich: Die Schauspielerei macht so viel Spaß, das kann eigentlich nicht dein Beruf sein. Und weil mein Vater und meine größere Schwester Journalisten sind, habe ich Politologie studiert und mich dabei auf transatlantische Beziehungen spezialisiert.
Ich fand es spannend, zu analysieren, warum die Wähler bestimmte Kandidaten bevorzugen. So habe ich neben der Schauspielerei angefangen, auch politisch zu arbeiten. Allerdings drehe ich momentan so viel, dass für alles andere kaum Zeit bleibt. Abgesehen davon ist die oberste Priorität mein 14-jähriger Sohn. Und die Politik ist stark von Kompromissen und Nebenkriegsschauplätzen geprägt. Das kann wahnsinnig frustrierend sein.
Warum ist der Dreh der „SOKO Wismar“ – hoffentlich – das Gegenteil von frustrierend?
Boeer: Sie müssen sich das so vorstellen: Ich sitze morgens um 8 Uhr in einem Maskentrailer und neben mir ist jemand, von dem ich weiß, wir werden die nächsten acht Stunden sehr eng miteinander arbeiten. Wir werden uns gegenseitig in der Szene zum Lachen oder zum Weinen bringen. Das ist ein bisschen wie so ein Tanz. Die Herausforderung, diese Wörter zum Leben zu erwecken und daraus eine Szene zu machen, die die Leute dazu bringt, weiter zuschauen zu wollen, das mache ich wahnsinnig gern.
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Das trifft indes auf fast jede Rolle zu. Was speziell schätzen Sie an der „SOKO Wismar“?
Boeer: Ich bin wirklich gerne an diesem Set. Da bin ich von meinen besten Freunden umgeben. Ich mag die Atmosphäre, ich liebe es, am Hafen von Wismar zu sitzen und in ein Fischbrötchen zu beißen. Und solange mir das so geht, würde ich das wahnsinnig gerne noch weitermachen. Ich habe da vor 17 Jahren angefangen, das ist auch ein riesiger Lebensabschnitt. Damals war mein Sohn nicht mal ein Gedanke, und jetzt wird er in ein paar Jahren ausziehen.
Dominic Boeer: So meistert er den Alltag als Alleinerziehender
Wie kommt es, dass Sie ihn alleine erziehen?
Boeer: Ich lebe von der Mutter seit vielen Jahren getrennt, aber wir verstehen uns wahnsinnig gut. Weil sie sehr viel im Ausland arbeitet, ist mein Sohn die meiste Zeit bei mir.
Wie schaffen Sie es, Beruf und Erziehung unter einen Hut zu bringen?
Boeer: Es ist tatsächlich eine Herausforderung, die nicht immer leicht ist. In der Tat kenne ich das Leben der letzten Jahre nur so, dass ich zwischen Sohn und Beruf pendle und das organisieren muss. Aber es funktioniert, und ich liebe das. Ich bin eben nicht flexibel und kann kein hedonistisches Großstadtleben führen. An den Wochenenden sind die Abende für meinen Sohn reserviert. Wir haben da unsere Rituale: Kinoabend mit Popcorn am Freitag und Bundesliga-Samstag. Ich kann jedenfalls sagen, dass ich jede Phase des Großwerdens meines Sohnes miterlebt habe und darüber wahnsinnig froh bin.
Auch wenn Sie dann vermutlich nicht so viel Zeit für Beziehungen hatten.
Boeer: Da war eben wenig Raum für eine Frau, weil das diese klassische Kennenlernphase verkompliziert hat. Aber es kommen auch wieder andere Zeiten. Ich habe mich dafür entschieden und bin sehr glücklich damit.
Jetzt ist Ihr Sohn in der Pubertät. Das macht es wohl nicht einfacher.
Boeer: Das ist okay. Er ist ein klassischer Teenager, unglaublich launisch und mal so, mal so, weil er eben seinen Platz in der jungen Männerwelt sucht. Ich versuche auch, mich da mehr und mehr rauszuziehen. Er soll einfach wissen: Ich verurteile ihn nicht. Ich möchte nicht vor seiner Nase sein, sondern an seiner Seite und vielleicht irgendwann hinter ihm. Er hat wahnsinnig viele Freiheiten, aber wir haben ein paar Grundregeln: Wir belügen uns nicht und sind ehrlich miteinander, auch wenn es unbequem ist. Wir unternehmen auch sehr viel zusammen. Diesen Sommer sind wir quer durch die USA gereist.
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In einer der neuen „SOKO Wismar“-Folgen geht es um Esoterik. Was wäre, wenn er sich für so etwas interessieren sollte?
Boeer: Ich bin auf alles vorbereitet. Warum nicht? Gerade interessiert er sich zum Beispiel wahnsinnig für Düfte. Er kann mir zum Beispiel genau sagen, was die Kopfnote eines Duftes ist und was dieser Duft mit einem macht.
Boeer über politische Korrektheit: „Das hat mich immer abgestoßen“
Sie haben mit Ihrem Buch „Vegetarier essen meinem Essen das Essen weg“ eine Lanze für politische Unkorrektheit gebrochen. Versuchen Sie auch Ihrem Sohn diese Haltung zu vermitteln?
Boeer: Ich versuche nie pädagogisch zu sein oder ihm etwas vorzuschreiben. Ich möchte einfach einen ehrlichen Blick auf die Dinge haben und nicht den schnellen moralischen Applaus suchen. Das hat damals auch den Impuls für dieses Buch gegeben. Gerade Künstler und Schauspieler wollen ein bisschen die moralische Elite verkörpern. Das hat mich immer abgestoßen, vor allem, wenn die Leute mit Lebensvorschriften daherkommen, und das hat auch den Impuls für dieses Buch gegeben.
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Das Buch entstand vor zehn Jahren. Wie sehen Sie die Situation heute?
Boeer: Man sieht, dass die Menschen nicht so funktionieren, wie man das möchte. Sie bleiben unberechenbar und wollen weniger mit moralischen Phrasen, sondern mit Inhalten überzeugt werden. Ich denke, wir haben den Punkt überwunden, wo die selbst ernannte moralische Elite einem vorschreiben konnte, was richtig und opportun ist. Solche Bewegungen können leicht diskriminierend sein, aber meines Erachtens werden wir uns wieder in der richtigen Mitte einpendeln.
Diese Nahtoderfahrung prägte ihn nachhaltig
Ihr Leben wurde auch ganz anders aus der Balance gebracht. Vor vier Jahren wären Sie bei einem Autounfall fast gestorben, als ein vorbeifahrender Wagen die Kontrolle verlor und sie zum Ausweichen zwang. Ist diese Erfahrung heute noch präsent?
Boeer: Die Erinnerung ploppt immer wieder mal auf, wenn ich von Autounfällen lesen. Aber es ist nicht so, dass ich morgens beim Zähneputzen in den Spiegel schaue und denke: „Ach, du lebst ja noch.“ Das wäre ein bisschen zu dramatisch. Aber im Verkehr ist auf jeden Fall eine größere Wachheit da. Ich habe die anderen Autos besser im Blick als früher, weil ich mir denke, dass der Fahrer vor mir die verrücktesten Dinge machen könnte.
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Sie können sich an die Details schon noch erinnern?
Boeer: Oh ja. Ich hatte währenddessen auf der Freisprechanlage meine Eltern am Telefon. Das Letzte, was meine Mutter hörte, war: „Wir überschlagen uns.“ Und dann war die Leitung abgebrochen. Deshalb habe ich sie auch angerufen, bevor ich den Krankenwagen rief. Der Gedanke, wie sich meine Eltern in dem Moment gefühlt haben müssen, holt mich immer wieder mal ein.