Sydney. Nach dem Tod des Maori–Königs Tuheitia übernimmt seine Tochter die Nachfolge. Ihre Wahl kam gleich aus mehreren Gründen unerwartet.

Sie wirkte gerührt und doch auch stoisch: Nga Wai hono i te po Paki ist die neue Königin der Maori, der rund eine Million Ureinwohner Neuseelands. In einen Umhang gehüllt und mit einem Blätterkranz auf dem Kopf wurde sie am Donnerstag auf den Thron gehoben, nachdem ihr Vater, König Tuheitia, vergangene Woche nach einer Herzoperation verstorben war.

Auch interessant

Die neue Monarchin ist mit 27 Jahren noch ausgesprochen jung, doch Maori-Führer äußerten die Hoffnung, dass mit ihr ein neuer „Aufbruch“ – eine neue „Morgendämmerung“ – bevorstehe. Der Jubel war dann auch groß, als sie mit einer feierlichen Zeremonie ins Amt gehoben wurde. Dabei kam eine Bibel zum Einsatz, die schon 1858 bei der Krönung des ersten Maori-Königs verwendet wurde. Erzbischof Don Tamihere salbte die junge Frau zudem mit heiligen Ölen, um ihr Kraft und spirituelle Essenz zu verleihen.

Neuseeland: Neue Maori-Königin ist die zweite Frau auf dem Thron

Nga Wai ist das jüngste von drei Kindern und ein direkter Nachkomme des ersten Maori-Königs. Sie ist der achte Maori-Monarch, die zweite Frau und die zweitjüngste Person, die diese Position in der Geschichte der königlichen Bewegung der Maori innehat. Die als Kiingitanga bekannte Bewegung wurde vor über 160 Jahren ins Leben gerufen, als Versuch, die Kultur und das Land der Maori zu bewahren und um sich der Kolonisierung zu widersetzen. Auch wenn die Position des Monarchen weitestgehend repräsentativer Natur ist, so ist die Königsfamilie doch sehr einflussreich im Land.

Nga Wais Familie bekleidet die Position seit inzwischen sieben Generationen und obwohl es keine offizielle Erbfolge gibt, wäre es ein Bruch mit der Tradition gewesen, wenn der nächste Maori–Monarch nicht eines von König Tuheitias Kindern gewesen wäre. Dies hätte jedoch nicht automatisch Nga Wai sein müssen – König Tuheitia hatte neben der Tochter auch noch zwei Söhne. Somit war ihre Wahl durch den Rat der Maori-Anführer keine Selbstverständlichkeit.

Mit 27 schon Königin: Die neue Maori-Königin Nga Wai hono i te po Paki hat sich in den vergangenen Jahren an der Seite ihres verstorbenen Vaters bewiesen.
Mit 27 schon Königin: Die neue Maori-Königin Nga Wai hono i te po Paki hat sich in den vergangenen Jahren an der Seite ihres verstorbenen Vaters bewiesen. © AFP | DJ MILLS

Bei „Radio New Zealand“ hieß es, der älteste Sohn habe schon früh an der Seite seines Vaters gedient, doch die Tochter sei „in den letzten Jahren immer bekannter geworden“ und habe den König bei offiziellen Terminen begleitet. Vor Nga Wai hatte es erst eine Frau auf dem Thron gegeben: ihre Großmutter Königin Te Atairangikaahu. Sie regierte vier Jahrzehnte – bis 2006 – ein Rekord, den Nga Wai unter Umständen nun brechen könnte.

Neuseeland trauert um verstorbenen Maori-König

Die 27-Jährige hat trotz ihres jungen Alters bereits einen beeindruckenden Lebenslauf. Sie erhielt 2016 ein Sir Edmund Hillary-Stipendium und ist eine Absolventin der University of Waikato, wo sie einen Master der Māori-Kulturwissenschaften abgeschlossen hat. In den vergangenen Jahren hat sie bereits einige Führungsfunktionen in der neuseeländischen Monarchie innegehabt. Ihr sogenanntes Moko Kauae – ihr Tattoo am Kinn – erhielt sie im Alter von 19 Jahren als Geschenk an ihren Vater und die Jahre, die er auf dem Thron verbrachte.

Emotional war der Tag für Neuseeländerinnen und Neuseeländer aber nicht nur, weil mit Nga Wai eine neue indigene Königin eingesetzt wurde, sondern weil sie am selben Tag auch vom bisherigen König Abschied nehmen mussten. Kiingi Tuheitia war über die neuseeländischen Grenzen hinaus geschätzt gewesen. Auch der britische König Charles III. hatte sich nach dem Tod des indigenen Herrschers vergangene Woche „zutiefst betrübt“ gezeigt und dessen „Weisheit und Mitgefühl“ gelobt.

Die neue Königin nimmt Abschied von ihrem Vater, dem König Tuheitia
Die neue Königin nimmt Abschied von ihrem Vater, dem König Tuheitia © AFP | DJ MILLS

Vor der Beisetzung des Monarchen, an der am Donnerstag Tausende Menschen teilnahmen, war der Verstorbene fünf Tage im Marae, dem Versammlungsort seines Stammes, aufgebahrt gewesen, damit ihm die Menschen die letzte Ehre erweisen konnten. Beerdigt wurde der König dann an einer heiligen Grabstätte auf dem Berg Taupiri auf der Nordinsel Neuseelands. Die Prozession dorthin dauerte zwei Stunden.

Premierminister machte pro-indigene Gesetze rückgängig

Kiingi Tuheitia war im August 2006 gekrönt worden und nur wenige Tage nach seinem 18. Amtsjubiläum verstorben. Der ehemalige Lkw-Fahrer war vergangene Woche nach einer Herzoperation im Alter von 69 Jahren im Kreise seiner Frau und seiner Kinder im Krankenhaus friedlich eingeschlafen, wie es hieß. „Während Kiingi Tuheitia seine letzte Reise von Turangawaewae antritt, denken wir über sein Erbe nach und blicken voller Hoffnung und Vorfreude in die Zukunft“, sagte Premierminister Christopher Luxon am Donnerstag. Der König sei ein bescheidener Anführer gewesen.

Auch interessant

Luxon, der seit dem vergangenen Jahr neuseeländischer Regierungschef ist, pflegte bisher eine gespaltene Beziehung mit den Ureinwohnern. Mehrere Gesetze, die der indigenen Bevölkerung zugutekommen sollten, stampfte er wieder ein. Zum einen schaffte er ein Gesetz ab, das künftigen Generationen von Neuseeländerinnen und Neuseeländern den Tabakkauf verbieten sollte. Da ein hoher Anteil der Indigenen nachweislich an Lungenkrebs erkrankt, hätte diese Regel zu ihrem Wohl beitragen können.

Zum anderen löste Luxon den für die Maori geschaffenen Gesundheitsdienst wieder auf und minimierte die Verwendung der Maori-Sprache im öffentlichen Dienst. Ein Rückschritt, der sicher auch die neue Maori-Königin umtreiben wird. Sehr umstritten war außerdem, dass Luxon im Rahmen seiner Koalitionsverhandlungen zustimmte, die Auslegung des Vertrages von Waitangi infrage zu stellen. Letzterer gilt als Gründungsdokument des Landes. Der nun verstorbene König Tūheitia hatte deswegen im Januar ein nationales „Hui“ abgehalten, ein Treffen, bei dem statt der erwarteten 3000 mehr als 10.000 Menschen kamen. Gut möglich, dass auch seiner Tochter das Thema ein Anliegen sein wird.