Berlin/Wien. Ein Jahr lang haben sich die Taylor-Swift-Fans auf ihre Konzerte vorbereitet. Hier verraten sie, wie es ihnen nach den Absagen geht.
Die Musikerin Taylor Swift musste alle drei Konzerte in Wien wegen Gefahr eines Terroranschlags absagen. Ihre Fans hatten über ein Jahr auf die Live-Performance der US-Sängerin gewartet. Einige von ihnen reisten mehrere Stunden in die österreichische Hauptstadt, um gemeinsam mit Hunderttausenden ihre Lieblingssongs zu singen. Uns erzählen sie, wie es ihnen mit den schlechten Nachrichten geht.
Taylor-Swift-Fan seit Jahren: Luise, 21 Jahre, Publizistik-Studentin aus Berlin
„Seit elf Jahren bin ich ein großer Fan von Taylor Swift. Mein erstes Konzert im Rahmen ihrer ‚Red‘ Tour fand 2014 in der O2-World statt – die Konzerthalle, die heute Uber-Arena heißt. Für ihre ‚1989‘-Tour flog ich vor einigen Jahren nach Chicago. Ihr ‚Lover-Fest‘ in der Waldbühne, für das ich Karten hatte, fiel wegen Corona aus. Umso mehr habe ich mich dieses Jahr gefreut, Taylor in Wien endlich wiederzusehen.
Dass das Konzert nun abgesagt wurde, fühlt sich unfassbar schlimm an. Mir fehlen die Worte. Ich will die ganze Zeit weinen und muss aber irgendwie doch lachen. Weil sich alles so unwirklich und krass anfühlt. Auch, dass so eine Absage ausgerechnet einige ihrer letzten Europa-Konzerte betrifft. Es wundert mich fast, dass so was nicht schon bei früheren Konzerten passiert ist.
Mein Flieger nach Wien wäre heute gegen 11 Uhr gegangen, er war nicht mehr stornierbar. Ich habe mich entschieden, zu Hause in Berlin zu bleiben. Das Hotel konnte ich stornieren. Für das Konzertticket habe ich 130 Euro bezahlt. Sollte ich den Preis erstattet kriegen, würde ich auf rund 200 Euro Verlust sitzen bleiben.
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Dass ich nun nicht in Wien dabei bin, ist für mich ein Verlust, vor allem aus emotionaler Sicht. Zumindest hatte ich das Privileg, eines ihrer Konzerte in Hamburg zu sehen. Das tröstet etwas. Taylor-Swift-Konzerte sind einfach ein Safe Space. Ich hatte mir Cowboyschuhe und einige Countrykleider besorgt, hätte mir in Wien Glitzer ins Gesicht geklebt. Es hat Abende gedauert, 50 Armbänder zu basteln. Es macht mich unfassbar traurig, dass Leute all das und noch viel mehr zerstören wollten.
Ich wünsche mir, dass die Leute, die von den Absagen betroffen sind, bei der nächsten Tour priorisiert werden und sich Taylor in einem Statement äußert. Egal, wie traurig mich all das macht: Ich halte es für die absolut richtige Entscheidung, dass die Konzerte abgesagt wurden. Nichts geht über die eigene Unversehrtheit. Kein Konzert, auch nicht Taylor Swift.“
Im Zug mit anderen „Swifties“: Dagmar, 38 Jahre, Grundschullehrerin aus Den Haag
„Ich sitze gerade mit einer Freundin im Zug nach Wien. Wir haben einen 14-stündigen Nachtzug von Utrecht nach Wien genommen und mussten zuerst 40 Minuten von meiner Heimatstadt Den Haag nach Utrecht fahren. Es wäre mein erstes Taylor-Swift-Konzert gewesen, auf das ich ein Jahr lang gewartet hatte. Letztes Jahr habe ich versucht, Tickets in Großbritannien, den Niederlanden oder Österreich zu bekommen, und es ist mir gelungen, Tickets für Wien zu bekommen. Wir haben VIP-Tickets für 288 Euro, die wir zurückerstattet bekommen, aber die Zugfahrt und das Hotel für etwa 600 Euro sind weg. Wir wollten nach dem Konzert noch zwei Tage in Wien bleiben.
Ich bin sehr traurig, dass Leute ein Konzert wie dieses, das sich so sehr auf Mädchen, Freundlichkeit und Freude konzentriert, als Ziel nehmen. Ich bin auch traurig, dass ich die Freude am Singen und Tanzen mit anderen Fans und Leuten auf der Tour nicht erleben kann! Ich habe mir immer wieder Livestreams von den Konzerten angeschaut und die Vorfreude war so groß. Aber um ehrlich zu sein, bin ich froh, dass es zu unserer Sicherheit abgesagt wurde. Alles in allem habe ich sehr gemischte Gefühle.
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Es ist auch sehr traurig für Taylor selbst und ihre ganze Crew. Sie ist keine Künstlerin, die ihre Auftritte absagt. Es muss also etwas Ernstes sein, und das kommt kurz nach dem Angriff auf den Tanzkurs in Großbritannien, der auch herzzerreißend war. Wir sind im Zug mit ein paar anderen Swifties und machen das Beste daraus, tauschen Armbänder und lachen ein bisschen. Eines der Mädchen war beim Konzert in Gelsenkirchen und scherzte: ‚Wenigstens sind wir dann in Wien, einer schönen Stadt, in der es viel zu tun gibt.‘
Mein Outfit sollte zum Internationalen Katzentag passen. Heute sollte es warm werden, also habe ich mich vorbereitet, indem ich mir ein bequemes Outfit zugelegt habe, auch weil wir früh eingelassen worden wären und Stehplätze gehabt hätten. Ich habe also ein T-Shirt mit Katzen drauf, eigentlich das T-Shirt, das Taylor in der Serie ‚Midnight Mayhem‘ trägt, wenn sie die Titel der Songs of Midnights ankündigt. Sie trägt das T-Shirt, wenn sie den Song ‚Lavender Haze‘ verkündet.
Eine lustige Sache: Die Vorderseite des Shirts zeigt Katzen, aber die Rückseite Katzenpos. Als ich das Shirt bekam, hatte ich allerdings einen Fehldruck und vorne und hinten Katzenpos drauf. Der kleine Online-Shop hat mir dann umsonst ein neues Shirt geschickt. Das mag ich besonders gerne an der Taylor-Community. Alle sind so freundlich.“
Von Konzert-Absage geschockt: Anika Luthardt, 28 Jahre, Geschäftsführerin eines Medien-Start-ups in Erfurt
„Für das Konzert in Wien bin ich sieben Stunden angereist. Die Reise hat mich inklusive Tickets um die 600 Euro gekostet. Tatsächlich wäre es mein fünftes Taylor-Swift-Konzert gewesen; ich hatte viel Glück und konnte schon andere Konzerte der ,Eras‘- Tour besuchen. Auf diesen Sommer habe ich aber tatsächlich schon gewartet, seit ich mit zwölf Fan geworden bin.
Zuerst habe ich nicht daran geglaubt, dass das Konzert wirklich abgesagt wurde. Ich war geschockt und bin nun einfach supertraurig. Aber nicht nur für mich, sondern besonders für meine Freundinnen, die extra aus England und Frankreich angereist sind. Für sie wäre es ihr erstes und einziges Konzert gewesen. Wir hatten Steh-Tickets und haben uns eigentlich vorgenommen, uns heute ganz früh anzustellen, um tolle Plätze ganz nah an der Bühne zu bekommen.
Ich gehöre leider nicht zu den tollen Menschen, die so viel Geduld für ein DIY-Outfit investieren. Aber ich habe mir mein Lieblingskleid, lavendelfarben mit Speak Now/Lavender Haze Vibe, extra für diesen Abend aufgehoben. Ich habe es extra für diesen Anlass gekauft und mich so darauf gefreut, es zu tragen.
Ich denke, es ist auf jeden Fall die richtige Entscheidung, die Konzerte abzusagen. Die Sicherheit der Fans und von Taylor geht vor und ich mag mir gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn das nicht rausgekommen wäre. Mich macht es aber trotzdem so, so wütend, dass so ein Safe Space für Frauen und die LGBTIQA+-Community von Terror zerstört wird. Es ist schlimm, dass das unsere Realität ist. Gerade so eine wundervolle Erfahrung wie die ,Eras‘-Tour sollte niemandem genommen werden und es macht mich unglaublich traurig, dass es Menschen gibt, die Liebe, Freiheit und Akzeptanz mit ihrem Hass zerstören wollen.
Aber: Wir lassen uns nicht unterkriegen, gehen jetzt brunchen in der Stadt, nehmen ein paar Trost-friendship bracelets mit und schauen uns eventuell heute den ,Eras Tour Film’ auf Disney+ mit einem guten Take-away an. Das Gute: Man ist in seiner Traurigkeit nicht alleine!“
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„Taylor hat mich mein ganzes Leben begeistert“: Vivi, 30 Jahre, Content Creator aus Wien
„Den genauen Zeitpunkt, seit wann ich Taylor-Swift-Fan bin, kann ich gar nicht nennen. Sie hat mich mein ganzes Leben begeistert. Ich habe damals mit meiner ersten Liebe zu ‚Lovestory‘ getanzt oder meine Wut zum ‚Reputation‘-Album rausgeschrien.
Es wäre mein erstes Taylor-Swift-Konzert gewesen. Ich habe so gesehen Jahre darauf gewartet, dass sie nach Wien kommt. Mein Ticket habe ich seit einem halben Jahr, die Kosten würde ich mit meinem selbst gebastelten Outfit auf 200 bis 250 Euro schätzen. Ich wohne seit knapp zehn Jahren in Wien und konnte mir daher die Anreisekosten sparen. Es tut mir aber unendlich leid für alle, die auf immensen Summen sitzen bleiben.
Ich fühle so viele Emotionen gleichzeitig. Trauer, Wut, Erleichterung und Dankbarkeit. Einerseits, weil ein Event nicht stattfinden kann, auf das ich mich seit Jahren freue. Uns weiblich gelesenen und LGBTQIA+-Menschen wurde ein Safe Space genommen, den es in dieser Intensität einfach nur sehr selten gibt. Es ist weit mehr als ein Konzert. Ich bekomme aktuell 100 Nachrichten auch von cis-hetero-Männern, die sich so auf diesen Raum gefreut haben. Gleichzeitig bin ich dankbar und erleichtert, dass Schlimmeres verhindert werden konnte.
Es war die richtige Entscheidung, das Konzert abzusagen. Die Sicherheit geht immer vor und es ist gerade unendlich berührend und bewegend, wie viel Mitgefühl und Empathie Fans als auch Nicht-Fans untereinander teilen. So viele Menschen sind schockiert von der Tatsache, dass man einen Safe Space von Flinta und LGBTQIA+ bewusst als Ziel für einen Terrorangriff genommen hat. Es gibt so viele Menschen, die täglich Opfer von patriarchaler Gewalt werden. Da braucht es einfach Orte, an denen man sich sicher fühlt. Und das war das Konzert der ‚Eras‘-Tour für so viele Menschen.“
Nach Konzert-Absage „am Boden zerstört“: Ana-Maria Sari, 23, Studentin aus Wien
„Ich komme ursprünglich aus Rumänien, wohne aber seit vier Jahren in Wien. Für die Konzerte von Taylor Swift musste ich also nicht von außerhalb anreisen. Ich bin schon seit 2012 Taylor-Fan. Am besten gefällt mir ihr ‚1989‘-Album. Heute wäre mein erstes Taylor-Konzert gewesen, auf das ich über zehn Jahre gewartet habe. Ich habe Tickets für alle drei Nächte und habe dafür ungefähr 400 Euro gezahlt.
Ich habe extra fürs Konzert Freundschaftsarmbänder gemacht und wollte noch ein paar mehr am Tag vor dem Konzert machen. Mein Outfit habe ich seit Monaten geplant und erst vor ein paar Tagen fertiggestellt.
Die Konzertabsagen betrachte ich mit gemischten Gefühlen. Einerseits bin ich am Boden zerstört, dass mein Safe Space weggenommen wurde, aber zur selben Zeit ist die Sicherheit von Fans allerhöchste Priorität. Ich bin auch erleichtert, dass nichts Schlimmeres passiert ist und die Bedrohung rechtzeitig aufgedeckt wurde. Insgesamt glaube ich, dass es die richtige Entscheidung war, alle Konzerte abzusagen. Schließlich ist die Sicherheit von Taylor und ihren Fans im Endeffekt das Wichtigste.“