München.. Fernsehen statt Kino: Joseph Vilsmaier („Herbstmilch“, „Comedian Harmonists“, „Stalingrad“) hat sich den Heimatklassiker „Der Meineidbauer“ zur Brust genommen. Eine tragende Rolle besetzt seine Tochter Josefine. Am Set war er – wie er im Interview bekannt – streng zu ihr.
Kino-Regisseur Joseph Vilsmaier (74, „Herbstmilch“) macht gelegentlich auch Fernsehen – wie bei der Neuverfilmung des Anzenzgruber-Klassikers „Der Meineidbauer“ (Freitag,ARD, 20.15 Uhr). Im Interview spricht er über Heimat, das Oktoberfest und seine Tochter Josephine.
Bei aller Vielseitigkeit sehe ich in ihrem Schaffen einen Bayern-Schwerpunkt. Sind Sie Lokalpatriot?
Joseph Vilsmaier: Ich bin zuerst Deutscher und dann Bayer. Oder ist es vielleicht doch umgekehrt (lacht)? Ich bin im Rottal aufgewachsen, das war im Krieg und kurz danach. Damals war der Zusammenhalt auf dem Land wahnsinnig groß. Bayern war Agrarland, und ich habe die Schinderei auf dem Feld hautnah mitgekriegt.
Und dann kam „Herbstmilch“. Ich bin an das Buch durch jemanden gekommen, der mit mir im Rottal aufgewachsen ist. Und der sagte: „ Du, in dem Buch von der Anna Wimschneider kommt Euer Hund vor, der Schockerl“, das war ein Spitz.
Daraufhin habe ich das Buch gelesen und bei den Wimschneiders angerufen, die ich bis dahin gar nicht kannte, und dann ist alles rucki-zucki in die Reihe gekommen. Bei anderen Filmen, die ich gemacht habe, „Rama dama“ beispielsweise oder sogar bei „Stalingrad“, gab es immer irgendetwas, was Bezug zu meinem Leben hatte.
Und Sie haben Bayern eine Dokumentation gewidmet. Ist der Film inspiriert durch „Deutschland von oben“?
Vilsmaier: Nein, nicht wirklich, ich habe das Projekt schon lange auf dem Plan gehabt. Aber als dann „Deutschland von oben“ im Kino lief, war ich bestätigt und dachte, dass wir da mit unserem wunderschönen Bayern durchaus mithalten können Daraufhin habe ich mich mit Markus Zimmer von der Concord Film getroffen, und bin auf große Begeisterung gestoßen. Und nicht nur das, es hieß: Dann mach‘ mal!
Hat die Publikumsresonanz Ihre Erwartungen erfüllt?
Vilsmaier: Weit übererfüllt. Es war ja kein Film wie „Schlafes Bruder“, es war eher ein Film wie „Unser schönes Land“, und schöne Landstriche gibt es überall in Deutschland, z.B. in Nordrhein- Westfalen. Ich habe damals viel in Duisburg und in Essen gedreht, für den Schimanski Tatort. Zeitweise verbrachte ich da von vier Jahren drei in Nordrhein- Westfalen. Und es hat mir verdammt gut gefallen.
Erwartungen weit übererfüllt: Was heißt das?
Vilsmaier: Wir hatten 200.000 Besucher! Es gibt Produktionen, die haben zwischen 14 und 17 Millionen gekostet, und hatten 150.000 Zuschauer. Und von „Bavaria“ wurden in den ersten drei bis vier Monaten circa 120.000 DVD gekauft! Und das geht sicher noch die nächsten fünf Jahre so weiter – hoffe ich. Außerdem sind uns dazu noch Tausende von begeisterten Briefen und Mails ins Haus geflattert!
Darunter muss eine vom Bayerischen Tourismusverband gewesen sein.
Vilsmaier: Nein, die ist noch nicht gekommen.
Die steht noch aus.
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Vilsmaier: Nein, nein, wir kennen uns, da braucht man keinen Brief. Ich war verwundert, dass der Film die Menschen derart bewegt und dass das Thema „Heimat“, so gut ankommt - das war richtig klasse.
Was ist für Sie Heimat?
Vilsmaier: Sicher mehr als Weißbier und Schweinebraten. Ich bin in Bayern geboren, und ich lebe in Bayern. Immer wenn ich nach zwei, drei Monaten nach Hause komme, freue ich mich auf meine vertraute Umgebung und auf meine Freunde.
Pflegen Sie Freundschaften auch auf dem Oktoberfest?
Vilsmaier: Klar treffe ich mich da mit meinen Freunden, gleich beim Anstich am ersten Wies‘n-Tag. Ich muss aber zugeben, dass ich es in diesem Jahr etwas langsamer hab angehen lassen und die zweite Wies‘n-Woche verschwinde ich nach Mallorca.
Haben Sie eine Lederhose?
Vilsmaier: Nein, habe ich nicht. Für kurze Hosen hab ich zu dünne Beine, das steht mir nicht. Außerdem ist mir dieser „Trachten- Auftrieb“ ein bissl zu viel geworden. Das grenzt schon ein bisserl an Fasching! Und da ich ein echter Bayer bin, brauch ich mich nicht zu verkleiden.
Von Heimat zum Heimatfilm: Was hat Sie zu Ludwig Anzenzgrubers „Meineidbauern“ gebracht?
Vilsmaier: Herr Spiehs von der Lisa-Film in Wien war’s. Er ist der einzige Produzent aus der Generation von Horst Wendtland, der noch lebt. Mir hat das gefallen, weil die Geschichte eine zutiefst Menschliche ist. Den Stoff von Ludwig Anzengruber kann man alle 50 Jahre verfilmen, weil sich die Menschheit nicht ändert, Gier, Lügen, Erbstreitigkeiten und Vetternwirtschaft wird es immer geben.
Nun hat der Heimatfilm keinen guten Ruf...
Vilsmaier: Das liegt an den „Heimatfilmen“ der Fünfziger-Jahre. Die ersten Heimatfilme, die etwas mit der Realität zu tun hatten, waren „Herbstmilch“ und die Filme von Edgar Reitz. Aber damals, nach dem Krieg, als meine Oma noch lebte, wollte so etwas wie „Herbstmilch“ keiner sehen. Na ja, und heute? Schnulzen werden auch heute gedreht, aber, ich möchte es mal so sagen: Es gibt schöne Schnulzen und welche, die „nur“ Schnulzen sind.
Sie haben mit Ihrer Tochter gedreht. Sind Sie strenger zu ihr als sonst?
Vilsmaier: Als ich das Drehbuch gesehen habe, habe ich mir gedacht, das könnte eine Rolle für Josefina sein, habe aber nichts gesagt. Irgendwann kam Herr Spiehs zu mir und meinte, ich habe den „Bergkristall“ gesehen, und ich glaube, das ist eine Rolle für die Josefina.
Darauf haben wir mit ihr ein Casting gemacht, wie bei den anderen auch und Herr Spiehs wollte sie haben. Beim Drehen war es so, dass ich zu ihr gesagt habe: Wenn Du nicht funktionierst, lasse ich Dich am nächsten Tag vor die Tür setzen. Beim Drehen konnte sie mir nicht widersprechen, zuhause tut sie es sehr gern, und das ist auch gut so.