Bukavu/Essen.. Im Osten Kongos tobt seit Jahren ein grausamer Bürgerkrieg, unter dem vor allem die Zivilbevölkerung leidet. Frauen werden vergewaltigt, Kinder zum Kämpfen gezwungen und Männer müssen in den Bergwerkern nach Coltan schürfen – einem Rohstoff, der auch in Handys und Laptops für deutsche Kunden steckt. Sozialarbeiterin Thérèse Mema kümmert sich um die leidende Bevölkerung.
Grüne, fruchtbare Hügel am Ufer des Kivu-Sees, „Riviera“ des Kongo wurde Bukavu genannt, als die Stadt während der Kolonialzeit noch eine bevorzugte Gegend für belgische Diplomaten war. Auch heute könnte Thérèse Memas afrikanische Heimat das Paradies auf Erden sein – doch seit Jahren gleicht die Region im Osten des riesigen Landes eher der Hölle.
Im Grenzgebiet zwischen Kongo, Ruanda und Burundi tobt seit Jahrzehnten ein Konflikt – mit wechselnden Kriegsherren, aber einem immer gleichen Opfer: der Zivilbevölkerung. Ihre Leiden zu lindern hat sich Mema, Sozialarbeiterin der katholischen Kirche, zusammen mit ihrem Team in den Pfarreien rund um Bukavu zur Aufgabe gemacht – und nicht nur das: Auf einer Reise durch Deutschland machte sie jüngst zudem deutlich, wie sehr auch Deutschland und alle anderen Industrienationen Teil des Konflikts in ihrer Heimat sind.
Rebellenführer auf der Flucht
Denn der dreht sich nicht nur um Leute wie Bosco Ntaganda, der den Kongo aktuell wieder in die Schlagzeilen bringt Der einstige Rebellenführer war 2009 mit seinen Söldnern in die kongolesische Armee eingetreten. Doch seit Präsident Joseph Kabila ihn Ende April auf die Fahndungsliste setzte, weil der Internationale Strafgerichtshof Ntaganda wegen des Einsatzes von Kindersoldaten sucht, hat sich dieser in die Grenz-Region abgesetzt, liefert sich dort Gefechte mit Regierungstruppen und terrorisiert die Zivilbevölkerung.
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Eine Zuspitzung des seit Jahren schwelenden Konflikts, die für Thérèse Mema nur noch mehr Arbeit bedeuten dürfte. Schon seit 2009 hat die Kirche rund um Bukavu begonnen, Traumazentren einzurichten, in denen Vergewaltigte therapiert werden. Rund 1150 Frauen sowie einige Männer seien seitdem dort betreut worden, berichtet Mema – Opfer im Alter zwischen elf Monaten und 70 Jahren. Rund ein Drittel von ihnen habe man in die Klinik begleitet, die aufgrund ihrer Spezialisierung auf Vergewaltigungs-Opfer mittlerweile traurige Berühmtheit erlangt hat.
Kongo ist reich an Bodenschätzen
Egal ob Rebellen oder Regierungstruppen, „die Dörfer sind den Soldaten wehrlos ausgeliefert“, sagt Mema. Die Kämpfer, deren Sold oft kaum zum Überleben reiche, überfielen die Dörfer, plünderten – und damit nicht genug. „Die Rebellen verschleppen die Bewohner und machen sie zu Sklaven. Die Frauen werden zur Hausarbeit gezwungen und vergewaltigt – und die Männer müssen in die Minen.“
Der arme, vom Krieg geschüttelte Kongo ist reich. Reich an Bodenschätzen wie Gold, aber auch an „seltenen Erden“, Elementen die für die moderne Elektronik-Branche so gut wie unverzichtbar sind. Rund um den Kivu-See liegt ein Hauptvorkommen für Coltan, ein Erz, ohne das kaum ein Handy oder Laptop funktionieren würde – und hier kommen aus Memas Sicht die Industriestaaten ins Spiel.
Zwangsarbeiter in den Minen
„Die Rebellen beuten die Coltan-Minen mit Zwangsarbeitern aus.“ So finanzierten sie ihren Kampf und beuteten gleichzeitig den Kongo aus, beklagt die engagierte Frau. Hightech-Firmen wie Apple, Nokia & Co. sollten lieber Verträge mit dem Kongo schließen und dem Land helfen, die Rohstoffe legal auszubeuten. Dafür plädiert auch die katholische Hilfsorganisation Missio, die Mema unterstützt und mit dem gleichen Ziel jüngst ihre „Aktion saubere Handys“ startete.
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Zumindest die Handy-Weltmarktführer Samsung und Nokia erklärten auf NRZ-Nachfrage in Sachen Coltan bzw. Tantal sensibilisiert zu sein. „Bei unseren Lieferanten achten wir streng darauf, dass das verbaute Tantal nicht aus dem Kongo stammt und halten diese kontinuierlich dazu an, dies zu überprüfen“, heißt es bei Samsung. Und Nokia verlangt nach eigenen Angaben „seit 2001 von allen Zulieferern die Bestätigung, dass die uns für unsere Produkte gelieferten Metalle nicht aus Konfliktgebieten stammen“. Zudem strebe man eine branchenweite Lösung für Herkunftsnachweise für Metalle an. Darauf setzt auch Missio: „Lippenbekenntnisse reichen nicht, wir wollen Garantien“, so Sprecher Jörg Nowak.
Und Thérèse Mema? Die kümmert sich längst wieder um ihre Klientinnen. Sie hört zu, tröstet, und bemüht sich, Ehepaare nach der Vergewaltigung der Frau wieder zusammenzuführen. Irgendwie muss das Leben schließlich weiter gehen.