Essen.. Grundschüler im Sammelwahn stören den Unterricht und vor allem den Schulfrieden: Panini-Aufkleber sind daher an manchen Schulen verboten.
Ob Müller, Özil oder Schweinsteiger: Irgendwer fehlt immer. Wollen Fußballfans ihr Panini-Sammelalbum komplett füllen, müssen sie tauschen. Pünktlich zum EM-Start hat das Feilschen auch auf deutschen Schulhöfen seinen Höhepunkt erreicht. Zum Ärger der Schulen, die Panini daher teilweise verbieten.
Lehrer berichten von Ablenkung im Unterricht, Rangeleien auf dem Schulhof und betrügerischen Geschäften. So soll eine Schülerin in Esslingen 50 Euro für drei fehlende Sticker an einen Klassenkameraden gezahlt haben. Im Tauschrausch geht offenbar der Bezug zum Geld verloren, sofern Kinder im Grundschul-Alter den überhaupt schon haben.
Verbote in Meschede, Düsseldorf und Gelsenkirchen
Immerhin: Ohne Tauschen kostet es nach Berechnungen des Mathematikers Paul Harper statistisch gesehen 522,90 Euro (747 Packungen mit fünf Stickern zum Preis von 70 Cent), ein Panini-Album zu komplettieren.
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Die Mescheder Mariengrundschule und die Gemeinschaftsgrundschule am Bingener Weg in Düsseldorf haben die Aufkleber verboten. Auch an der Glückaufschule Ückendorf in Gelsenkirchen gibt es ein Panini-Verbot. "So versuchen wir den Schulfrieden zu bewahren", erklärt Leiter Ulrich Sander. Andernfalls käme es häufig zu Streit. Etwa wenn Schüler nach einem Tausch Sticker zurück wollen – denn nicht alle Kinder verstehen schon, wie das Tauschengeschäft funktioniert. Zudem lenke das Spielen vom Unterricht ab. Während der Schulstunden sei das Tauschen zwar ohnehin verboten, aber die Bilder hätten die Kinder trotzdem dabei. "Was im hintersten Winkel des Pausenhofs passiert, können wir nicht immer kontrollieren," so Sander.
Essener Schule hatte schon Pokémon-Karten verboten
Deborah Halbach, Leiterin der Astrid-Lindgren-Schule in Essen, kann so ein Verbot nachvollziehen: "An unserer Schule gab es bisher noch keine großen Probleme mit Panini – aber wir kennen solche Phänomene auch von anderen Trends, zum Beispiel aus der Pokémon-Zeit." Das Tauschen von Pokémon-Karten sei an der Essener Lindgren-Grundschule verboten gewesen.
"Eigentlich können die Schüler in der Pause machen, was sie möchten", räumt die Schulleiterin ein. Aber das Tauschfieber habe auch vor dem Klassenzimmer nicht Halt gemacht: Die Karten seien aus den Taschen der Schüler auch ganz schnell mal auf den Tischen gelandet. Wenn die Unterrichtsablenkung durch Spielzeug sowie der Kauf- und Tauschdruck durch Klassenkameraden zu groß würden, helfe das Verbot.
Panini verschickt gratis Sammelalben an Schulen
Auch wenn sie Panini noch nicht verboten hat, möchte Deborah Halbach das Sammeln der Aufkleber nicht unterstützen. Einen gratis Sammelalbensatz, den der Panini-Verlag zielgruppengerecht an mehrere Tausend Schulen bundesweit verschickt hat, verteilt sie daher nicht. "Wir wollten keine Werbung machen. Denn die Aufkleber kosten Geld, und wer das nicht ausgeben kann, sollte nicht dazu gedrängt werden."
An der Don-Bosco-Schule in Duisburg-Walsum gebe es keine Probleme mit Panini, sagt Schulleiter Jürgen Altenbeck. Die Schüler sind im EM-Fieber und organisieren auch Wetten. Egal, ob Wetten oder Tauschen – bisher laufe alles sportlich und fair. Und ohne Einsatz von Geld. An der Don-Bosco-Schule sind Panini-Sammelalben verteilt worden. Ein Ausgrenzungsproblem von Kindern aus finanziell schlechter gestellten Familien sieht Jürgen Altenbeck bei seiner Schülerschaft standortbedingt nicht. Dass an der Don-Bosco-Schule einmal Schluss ist mit Tauschen, sei aber nicht ausgeschlossen: "Wenn es großen Streit gibt oder gestohlen wird, würde auch ich Panini verbieten", sagt Altenbeck.